Im Libanon wurde gerade der Wunschkandidat der USA nach entsprechender „Überzeugungsarbeit“ der Botschafter und Sondergesandten der Kolonialmächte und Saudi Arabiens, im zweiten Wahlgang durch die Abgeordneten des Landes bestätigt. Zeit für einen Rückblick nicht nur auf den Libanon, sondern auch auf die Politik Saudi-Arabiens, das den Libanon viele Jahre als seinen „Hinterhof“ ansah.
Nachdem vollkommen überraschend für die meisten Beobachter, China die Versöhnung zwischen Saudi-Arabien und dem Iran organisierte, danach auch der Waffenstillstand zwischen dem saudischen Herrscher und dem Jemen zustande kam, fragten sich viele, was passierte. Hinzu kam die demonstrativ freundschaftliche Beziehung des die Staatsgeschäfte führenden Kronprinzen Mohammed bin Salam (MbS), dem vorher nachgesagt wurde, einen Regimekritiker in einem diplomatischen Gebäude in der Türkei zerstückelt zu haben, mit iranischen Regierungsmitgliedern.
Und nicht zu vergessen die de facto Nichtverlängerung des Petro-Dollar-Abkommens mit den USA. Und erst kürzlich hatte sich der Herrscher zurückhaltend im Libanon gezeigt, als es um die Wahl des neuen Präsidenten ging. Während er noch ein paar Monate vorher den libanesischen Premierminister sogar zeitweise unter Hausarrest gehalten hatte. War aus dem Saulus ein Paulus geworden? Vielleicht ist es Zeit, einen historischen Rückblick zu wagen, was Saudi-Arabien, welches von den deutschen Regierungen wiederholt als „Garant für Stabilität im Nahen Osten“ bezeichnet wurde, an Politik betrieben hatte.
Als in Saudi Arabien in der Nacht vom 4. auf den 5. November 2017 die „Nacht der langen Messer“ ausgerufen wurde, glaubte man zunächst an den Amoklauf eines Tyrannen, der an vielen Fronten verlor: Der absolutistische Herrscher des Landes eignete sich – unter dem sinnigen Vorwand der „Korruption“ – das Eigentum von einigen der reichsten Personen des Landes an und zudem wurden mindestens zwei seiner möglichen Gegner getötet. Der Syrien-Stellvertreterkrieg schien so gut wie beendet. Die Aggressionen gegen Katar verpufften. Der Krieg gegen eines der ärmsten Länder der Region, den Jemen, befand sich trotz Zerbombung der Infrastruktur, Sanktionen und Blockaden in einer Sackgasse. Die Aggression gegen den Iran isolierte das Land nicht stärker als die US-Sanktionen. Und nun erklärte Saudi Arabien dem Libanon praktisch den Krieg und „säuberte“ im Inneren möglichen Widerstand? Aber was völlig irrational erschien, war wohl damals sorgfältig geplant und abgesprochen mit den USA und Israel. Und Deutschland war über Waffenlieferungen und die NATO mit dabei.
„Krieg“ gegen den Libanon
Wer erinnert sich nicht an die Behauptung deutscher Politiker, Saudi Arabien wäre ein „Partner“, der als stabilisierender Faktor in der Region auch mit Waffenlieferungen unterstützt werden müsste? Nun, im November 2017 hörte man, dass der Premierminister des Libanon, ein Staatsangehöriger von Saudi-Arabien, „nach Hause“ befohlen wurde. Was kam, war ein Rätsel für alle Mitarbeiter und Berater des Premierministers: Er erklärte seinen Rücktritt und machte die Hisbollah als angebliche Marionette des Iran verantwortlich für eine Politik „die die arabische Welt zerstören will“. Der Präsident des Libanon verlangte dann abzuwarten, bevor er Premierminister Hariri aus seinem Amt entließ, wie innerhalb des Libanon gefordert wurde. Er sagte, dass Hariri ihm erst mal erklären sollte, wie er zu seiner Äußerung gekommen sei.
Die Architekten dieser Politik machten jedoch einen Kardinalfehler. Indem sie das ganze Land in Verantwortung nahmen für die angeblichen Taten einer Partei, der Hisbollah, stärkten sie diese. Es wandten sich nun noch mehr Menschen der Partei zu, weil sie sich als einzige Macht herausgestellt hatte, die in der Lage war, sich ausländischen Invasoren, zum Beispiel Israel, und internationalem Terrorismus, zum Beispiel ISIS in Syrien, zu widersetzen oder diese sogar zu besiegen.
Trotzdem erklärte der saudische Minister Thamer al-Sabhan dem Libanon indirekt den Krieg, indem er behauptete, dass angeblich der Libanon Saudi-Arabien den Krieg erklärt hätte.i
„‘Wir werden die Regierung des Libanon als eine Regierung behandeln, die Saudi-Arabien den Krieg erklärt hat, wegen der Aggression der Hisbollah‘, sagte er als Antwort auf die kürzlich gefällten Entscheidungen der libanesischen Regierung.“ii
Die betreffenden Entscheidungen der Regierung des Libanon waren maßgeblich Ergebnis der Gespräche der Regierung mit dem Iran und der in Syrien im Krieg gegen die Terroristen so erfolgreichen Hisbollah. Der Druck Saudi-Arabiens sollte einerseits erreichen, dass die Hisbollah aus der Regierung des Libanons ausgeschlossen wurde, und andererseits die Legitimation erzeugen, insbesondere in der arabischen Welt, für Militäraktionen Israels gegen die Hisbollah.
Gleichzeitig sollte schon damals, im Jahr 2017 vorbereitet werden, dass die terroristischen Kopfabschneider in Syrien „normalisiert“ wurden, um Anti-Terror-Einsatz gegen sie zu verhindern. Erste Schritte konnte man in US-Medien bereits erkennen, in denen Teile der Al-Kaida als gar nicht so schlimm dargestellt wurden. Ein Beispiel war der Artikel der RAND-Corporation, einer der berüchtigten „Denkfabriken“ beziehungsweise Lobbyorganisationen des US-Establishments: „Das moderate Gesicht von Al-Kaida“ iii. D.h., was man Anfang 2025 sah, war 2017 schon begonnen worden. Die Verwandlung von Terroristen in „Staatsmänner“. Der „Krieg gegen den Terror“, der nach 9/11 wegen der tatsächlichen oder angeblichen Terroranschläge von al-Kaida begangen wurden, hatten ausgedient. Millionen Opfer des Krieges waren irrelevant.
Die linksliberale israelische Zeitung Haaretz zitierte damals einen europäischen Diplomaten mit den Worten: „Die Saudis scheinen sich entschlossen zu haben, den Iran anzugreifen, indem sie mit dem Libanon beginnen“.iv Man sollte hinzufügen, dass nicht nur die Saudis, sondern auch die USA diesen Plan zu haben schienen, denn die US-Regierung hatte ein Kopfgeld auf zwei der Hisbollah-Kommandeure ausgesetzt, und der Kongress unterstützte neue Sanktionen.
Der Angriff der USA auf die Hisbollah, die maßgeblich dafür verantwortlich war, dass der Libanon weitgehend von Terroristen-Aktivitäten verschont blieb, begann synchronisiert. Die USA hatte die Hisbollah schon 20 Jahren vorher als Terror-Organisation gelistet. Nicht dagegen der UN-Sicherheitsrat und viele andere Länder. Im Oktober 2017 hatten die USA jedoch damit begonnen, in einem Briefing die Hisbollah als „besondere“ Bedrohung zu bezeichnen.v Angeblich würde die Organisation weltweit Terrorakte begehen und eine Bedrohung „für US-Interessen“ darstellen. Vor dem Anschlag vom 11. September, so Rasmussen „wusste wohl jeder, so denke ich, dass die Hisbollah für die größte Zahl von amerikanischen Todesopfern auf Grund von Terroranschlägen verantwortlich ist, mehr als jede andere ausländische Terrororganisation“.
Auf Nachfragen, welche Terroranschläge genau damit gemeint waren, zählte man drei Selbstmordanschläge im Jahr 1983 auf, zu einem Zeitpunkt, da die Hisbollah in der modernen Form noch gar nicht bestand. (Beirut: 241 Tote und Botschaft 17 Tote) sowie 1984 Angriffe auf Botschafts-Einrichtungen, bei denen zwei Amerikaner getötet wurden. Kaum jemand in den westlichen Medien wagte zu erwähnen, dass die USA selbst in der Person von Caspar Weinberger, 2001 Verteidigungsminister der USA, erklärt hatten, dass man nicht wisse, wer hinter den Bombenanschlägen steckte.vi Das hatte allerdings die US-Marine nicht davon abgehalten, von der U.S.S. New Jersey aus 288 Geschosse von der Größe eines Kleinwagens in das Innere des Libanon zu schießen. Fast alle Opfer waren logischerweise unbeteiligte Zivilisten. In der Folge waren immer wieder versucht worden, der syrischen Regierung oder der Hisbollah politische Morde in die Schuhe zu schieben. Aber wie eine ganze Reihe von Leaks Jahre später in der Newsweek und der Washington Postvii enthüllten, hatte es sich dabei um gemeinsame Operationen von CIA und Mossad gehandelt.
Krieg gegen den Jemen
Als Antwort auf den Luftkriegsterror Saudi-Arabiens gegen den Jemen, um eine Marionettenregierung einzusetzen, antwortete dieser mit Raketenangriffen gegen grenznahe Gebiete in Saudi-Arabien. So auch am 4. November 2017, als eine Rakete in der Nähe des Flughafens von Riad abgefangen wurde oder einschlug (wenn man Berichten einer großen Explosion in der Nähe des Flughafens folgte). Diese Reichweite war bis dahin nicht als möglich angesehen worden. Daraufhin hatte Saudi-Arabien behauptet, die Rakete stamme aus dem Iran und wäre von iranischen Spezialisten gestartet worden. Was mehr als unwahrscheinlich war. Wie ein US Wissenschaftler twitterte war die „Burkan-2 Rakete die von Houthis abgeschossen wurde, ist ein Scud-Derivat und unwahrscheinlich durch Iran oder Nordkorea hergestellt“viii.
„Die Burkan-2 scheint eine neuartige Sektion des Gefechtskopfes zu benutzen, die lokal hergestellt wird. Sowohl der Iran als auch Nordkorea haben Scud-Derivate ausgestellt, die federballähnlich geformte Gefechtsköpfe besitzen, aber keine davon stimmt mit der Version des Jemen überein. Die Reichweite der Burkan-Raketen scheint auch durch eine Reduzierung der Gefechtsköpfe erweitert worden zu sein.“ix
Krieg gegen mögliche Opposition
Dann kam es zu der eingangs erwähnten „Säuberungsaktion“ in Saudi-Arabien, durch die sich der Kronprinz offensichtlich von allen eventuellen Gegnern befreite, die seinem Traum, König zu werden, gefährlich werden könnten. Der Vorwand „Geldwäsche“ und „Korruption“ war insofern lächerlich, als das Land einer Familie „gehört“, die absolutistisch agiert und deren komplette Regierungsführung insofern nur aus Korruption bestand, da sie den Menschen keinerlei politische Rechte einräumt. Interessant war damals, dass zum Beispiel auch der größte Spender für Hillary Clintons Präsidentschaftskandidatur, Prinz Al-Waleed bin Talal, zu denen gehört, die im königlichen Gefängnis, dem Luxushotel Ritz, gefangen gehalten wurden. Er war auch der zweitgrößte Anteilseigner an Twitter, falls sich jemand wundert, warum die ganze Geschichte nicht wirklich groß in Twitter diskutiert wurde. Interessant war auch, dass Vermögen, welches mit Korruption zu tun hatte, (also im Prinzip das gesamte Vermögen der Inhaftierten) vom Staat konfisziert werden sollte. Wer war der Staat? Der König und der Kronprinz.
Dass einer der Prinzen, Turki bin Mohammed bin Fahd, (ein Enkel des Königs Fahd) in den Iran floh und um Asyl bat, regte Beobachter zum Nachdenken an. Er lebt seitdem im Iran. Die Königs-Familie hat ungefähr siebentausend Mitglieder. Das ausgerechnet der jüngste Sohn des früheren Königs Fahd, Prinz Abdulaziz bin Abdulaziz al-Saud, am Tag der Verhaftungswelle bei einem Schusswechsel während der Verhaftung tödlich verletzt wurde, also ein möglicher Konkurrent auf den Thron, erinnerte an Intrigen der mittelalterlichen Höfe in Europa.
Aber deutsche Zeitungen waren voll des Lobes für MbS. Die Zeit sah die Massenverhaftungen als Zeichen, dass der Kronprinz das Land reformieren wollex. Die Zeit erklärte allen Ernstes, dass der Kronprinz, der mehr als jeder seiner Vorgänger Kriege vom Zaum gebrochen hat, das Land zu einer „pluralen, modernen Volkswirtschaft“ machen wollte, ohne ein Wort über absolutistische Diktatur, Unterstützung von Terrorismus oder Kriegen, mittelalterliche Rechtsprechung und Verfolgung von Dissidenten zu verlieren.
Auf der Seite MiddleEastEye schrieb David Hearst, dass die Verhaftungswelle noch größer war als bekannt gegeben, und dass darunter auch einer der einflussreichsten Verbündeten der Familie Bush warxi. Prinz Bandar bin Sultan, ein ehemaliger Botschafter Saudi-Arabiens und enger Freund der Bush-Familie der in vielen illegalen und legalen Waffengeschäften der USA und Saudi-Arabiens verwickelt sein sollte.
Natürlich waren westliche Staaten über die Korruption informiert, ohne sie wären viele Waffengeschäfte nie zustande gekommen. So kaufte bin Sultan z.B. einen ganzen Ort in Zentral-England von den Schmiergeldern für das al-Yamamah-Waffen-Geschäftxii. Sein Name taucht in Verbindung mit dem Nicaragua-Contra-Skandal ebenso wie bei der Bewaffnung der Dschihadisten in Syrien aufxiii. Hearst erklärt außerdem, dass es wohl auch zu Folterungen kam.
„Einige, nicht alle, der verhafteten Spitzen-Persönlichkeiten, waren einer äußerst brutalen Behandlung bei ihrer Verhaftung oder der anschließenden Befragung, unterzogen worden. Ihre Körper wiesen Wunden, typisch für klassische Foltermethoden, auf. Es gab keine Verletzungen der Gesichter so dass sie keinerlei Anzeichen ihrer Qualen zeigen, wenn sie demnächst in der Öffentlichkeit erscheinen.“xiv
Waren das alles Projekte von MbS?
Wer waren die Architekten dieser Entwicklung? Die Washington Post schrieb am 5. November über die Hintergründe:
„MBS wird durch eine deutliche Unterstützung von Präsident Trump und seinem inneren Kreis gestärkt, die ihn als einen gleichgesinnten Störer des Status-Quo betrachten, gleichzeitig ein wohlhabender Tycoon und populistischer Aufständischer. Es war vielleicht kein Zufall, dass Jared Kushner, Trumps Berater und Schwiegersohn, Riad einen persönlichen Besuch abstattete. Die beiden Prinzen, so erzählt man, wären mehrere Nächte fast bis vier Uhr am Morgen wach geblieben, um Meinungen auszutauschen und eine Strategie zu planen.“xv
Dazu passte der eindeutig wohlwollende und positive Kommentar Trumps zur Politik Saudi-Arabiens in der Folge der Ereignisse, wie am 6. November um 15:03 Uhr: „Ich habe großes Vertrauen in König Salman und den Kronprinzen von Saudi-Arabien, sie wissen genau, was sie tun…“.
Aber auch der Premierminister von Israel, Benjamin Netanjahu, setzte sich diplomatisch für die Position Saudi-Arabiens ein. Der Korrespondent von Channel 10 News, Barak Ravid (@BarakRavid) ein Vertreter des „zionistischen Journalismus“, führte in einer Serie von Tweets verschiedene Maßnahmen auf. Alles zeigte auf, dass es eine perfekte Zusammenarbeit zwischen MbS, der Trump-Regierung und Netanjahu gab.
Am 10. November veröffentlichte Counterpunch.org einen Beitrag von Franklin Lamb, der darauf hinwies, dass sich Israel in der Zwischenzeit versuchte, durch Hilfe für die Zivil-Bevölkerung in grenznahen Teilen des Landes, eine Basis zu schaffen, um effektiver gegen die Hisbollah vorgehen zu können, während Israels Armee regelmäßig auf syrischem Territorium Aktionen durchführt. Der Autor war sich aber nicht sicher, ob dies zu einer signifikanten Verbesserung der Ausgangslage für Israel führen werde, wenn sich der kalte Krieg gegen die Hisbollah wieder zu einem heißen Präventivkrieg eskalierte.xvi
In einer Rede des damaligen Generalsekretärs der Hisbollah, Hassan Nasrallah, beschuldigte dieser Saudi-Arabien, Israel Milliarden Dollar angeboten zu haben, um den Libanon zu bombardieren.xvii Interessanter war aber ein Bericht der AFP, der feststellte, dass es keine Beweise gäbe, dass Hariri in Saudi-Arabien festgehalten worden sei, wie Frankreich und Deutschland behauptet hatten. Jedoch beschrieb Robert Fisk vom Independent detailliert, wie Hariri in Saudi-Arabien empfangen worden war:
„Als das Flugzeug von Hariri in Riad am Abend des 3. November gelandet war, sah er als erstes eine Gruppe saudischer Polizisten, die das Flugzeug umstellten. Als sie von Bord gingen, wurden seine und die Mobiltelefone seiner Leibwachen konfisziert.“xviii
Al-Jazeera berichtete, dass die USA sich weigerten, einen Kommentar zum Status von Libanons Premierminister Hariri zu gebenxix. Das Büro Hariris, ebenso wie der Präsident des Libanon, fordern die Rückkehr von Hariri in den Libanon, bevor sein Rücktritt angenommen werden könnte. Der Independent berichtete, dass man im Libanon davon ausging, dass er festgehalten wurdexx. Al-Sura kommentierte ein Foto, indem erklärt wurde, dass in der Residenz des Premierministers gemeinsam mit seiner Familie ein Treffen organisiert worden war, bei dem seine freie Rückkehr gefordert wurde.xxi Russlands Botschafter im Libanon, Alexander Zasypkin, drohte, den Fall Hariris vor den UN-Sicherheitsrat zu bringen, sollte die Ungewissheit über sein Schicksal fortbestehen.
Kuweit, Bahrein und Saudi-Arabien riefen derweil ihre Staatsangehörigen auf, den Libanon zu verlassenxxii.
Dass Hariri, der offensichtlich die Erwartungen als Marionette im Libanon nicht zur Zufriedenheit von MbS erfüllt hatte, nicht das Schicksal von Kashoggi, der im nächsten Jahr in einem Konsulat Saudi-Arabiens zerstückelt worden war, dürfte auf den internationalen Druck zurück zu führen sein. Hariri kehrte schließlich in den Libanon zurück und von Rücktritt von seinem Amt war nicht mehr die Rede.xxiii
Fazit
Wenn man diese Turbulenzen der Jahre von 2015 bis 2023 sieht, und wie ruhig es nun um Saudi-Arabien wurde, könnte die Idee tatsächlich aufkommen, dass MbS Saudi-Arabien tatsächlich versucht, sein Land zu reformieren und in eine ruhigere Phase der Moderne zu führen. Wenn da nicht die Tatsache wäre, dass die Todesstrafen mit 330 Fällen im Jahr 2024 wieder auf einem neuen Rekordhoch sindxxiv. Ohne dass sich aber die wertebasierten westlichen Länder dadurch beirren lassen würden, um die Gunst saudi-arabischer Investitionen und Öllieferungen zu buhlen.
Der Waffenstillstand mit dem Jemen könnte auch kurz vor dem Zusammenbruch stehenxxv. Darauf hin deuten mehrere Gründe: 1. Die Kriegserklärung des Jemen gegen Israel, womit der Jemen ein Ende des Völkermordes in Gaza erreichen will, was Saudi-Arabien, als quasi zwangsverpflichteter Verbündeter nicht akzeptieren darf. 2. Eine neue Regierung im Iran, welche sich nicht nur wegen der strategischen Niederlage in Syrien, durch den Sturz von Präsident Assad, auf innenpolitische Themen konzentriert und auf Abschreckung, statt diplomatische Unterstützung des so genannten „Widerstandes“ im Nahen Osten, was aber von den Gegnern des Irans als Schwäche interpretiert wird.
Während Syrien, zuletzt unter dem jetzt im Exil befindlichen Präsidenen, Baschar al-Assad fast 50 Jahre lang tausende von Luftangriffen und Attentate Israels ohne zurückzuschlagen hinnahm, das Land sich aus dem Libanon zurück gezogen hatte, und keine Bedrohung für einen Nachbarstaat darstellte, aber durch einen RegimeChange-Krieg gestürzt wurde, ist der Diktator Saudi-Arabiens weiter unangefochten an der Macht. Obwohl, oder weil er jede Menge Kriege und Aggressionen durchgeführt hatte. Die große Frage bleibt, was passiert, wenn er sich tatsächlich weiter Russland annähert, eine aktive Rolle in BRICS+ übernehmen sollte, und den Dollar weiter in seinen Ölgeschäften zurückschraubt. Es lohnt sich, das zu beobachten.
Erstveröffentlichung: https://tkp.at/2025/01/18/wandelt-sich-saudi-arabien-zum-paulus/
Referenzen
i https://english.alarabiya.net/News/gulf/2017/11/07/Saudi-Arabia-We-will-treat-Lebanese-government-as-a-declaration-of-war
ii Ebd.
iv https://www.haaretz.com/middle-east-news/2017-11-09/ty-article/why-saudi-arabia-opened-another-proxy-war-against-iran-in-lebanon/0000017f-e6b3-d62c-a1ff-fefb7d560000
v Über Web Archiv: https://web.archive.org/web/20171127235959/https://www.state.gov/r/pa/prs/ps/2017/10/274726.htm
ix Ebd.
xiii https://www.zerohedge.com/news/2017-11-10/saudi-deep-state-prince-bandar-bin-sultan-among-those-arrested-purge-report
xiv Ebd.
xv https://www.zerohedge.com/news/2017-11-10/saudi-deep-state-prince-bandar-bin-sultan-among-those-arrested-purge-report
xvi https://www.counterpunch.org/2017/11/10/is-israel-winning-the-war-between-the-wars-with-hezbollahiran/print/
xviii https://www.independent.co.uk/voices/lebanon-prime-minister-saad-hariri-resignation-not-all-seems-quits-resigns-surprise-saudi-arabia-mohamed-bin-salman-a8045636.html
xix https://www.aljazeera.com/news/2017/11/10/us-declines-comment-on-hariris-status-in-saudi-arabia/
xx https://www.independent.co.uk/news/world/middle-east/saad-al-hariri-saudi-arabia-lebanese-pm-held-hostage-future-movement-accusation-iran-crisis-a8047411.html
xxiii https://www.derstandard.de/story/2000067611375/europaeer-und-usa-wissen-nichts-von-hariri-hausarrest-in-saudi?form=MG0AV3
xxiv https://www.klamm.de/news/saudi-arabien-todesstrafe-trotz-mbs-versprechen-wieder-auf-rekordhoch-65N20241224175226.html?form=MG0AV3
xxv https://taz.de/Vor-der-Waffenruhe-in-Nahost/!6062704/