Wovor haben Herrscher die meiste Angst? Natürlich davor, dass die Untertanen sich zusammenrotten und mit Mistgabeln die Rathäuser stürmen. Deshalb ist ihr wichtigstes Werkzeug „teile und herrsche“ um das zu verhindern. Und nun?
Ich will heute eine persönliche Erfahrung schildern, welche vielleicht den einen oder anderen als Anregung dienen kann, sein eigenes Verhalten zu überprüfen. Da wir hier unter uns sind, will ich mal aus dem Nähkästchen plaudern, wie ich „teile und herrsche“ an zwei Beispielen ausgeschaltet habe.
Toleranz
Historiker und Politikwissenschaftler beschäftigen sich bevorzugt mit alten Geschichten, welche möglichst die aktuelle Politik nicht stören. So können sie ihr Haus abbezahlen und die Kinder zum Studium ins Ausland schicken, damit sie sich ihr Karrierenetzwerk aufbauen können. Deshalb hatte mich die Geschichte von Tim Anderson beeindruckt. Er hat es gewagt, AKTUELLE POLITIK zu kritisieren, und einen hohen Preis dafür bezahlt. Während der Arbeit an den gemeinsamen Büchern über die „Menschenrechtsindustrie“ und den „Schmutzigen Krieg gegen Syrien“, haben wir uns angefreundet. Sein Beispiel hat mich inspiriert. Dann kam Corona. Und plötzlich stellte sich heraus, dass wir entgegen gesetzte Positionen vertraten. Natürlich kühlten dadurch die Kontakte ab, aber wir einigten uns darauf, das Thema einfach nicht anzusprechen, und die Meinung des Anderen wie sie war, zu akzeptieren. Und so konnten wir in anderen Themen weiter kooperieren.
Genau anders herum lief es mit meinen Kontakten zu Prof. Homburg, den „Corona-Querdenker“. Während wir bei Corona auf komplett der gleichen Wellenlänge waren, unterschieden sich unsere Ansichten hinsichtlich Israel ebenso wie Milei und seinen Radikalliberalismus. Aber auch hier gelang es mir, und ich denke auch Prof. Homburg, die jeweils andere Meinung einfach zu akzeptieren, und trotzdem bei dem Thema, in dem man übereinstimmte, weiter zu kooperieren.
Neuer linker Mainstream
Was ich hier beschreibe ist der krasse Gegensatz von dem, was ich leider während meiner Kontakte zu so genannten „Linken“ erleben musste. Obwohl ich mich selbst eindeutig als „links“ im alten sozialdemokratischen Sinn, und vielleicht noch linker, einordne, habe ich nie Schmerzen empfunden, mit „Räächten“ zu reden. Was aber als Kontaktschuld dargestellt wurde, und zur Verurteilung durch die neue Generation von Scheinlinken führte. Aber es ist keineswegs „prinzipienlos“, über Themen von gemeinsamem Interesse mit Menschen zu reden, welche politisch eine ganz andere Sicht auf das Leben haben. Im Gegenteil. Daraus können sich sogar spannende Lösungen ergeben, und zwar nicht nur hinsichtlich des einen Themas, in dem man auf der gleichen Linie schwimmt. China hat bewiesen, dass die Übernahme von „kapitalistischen“ Prinzipien, die einst als Grundübel des Kommunismus angesehen wurde, dazu dienen kann, Wohlstand und Zufriedenheit für die Massen zu generieren, ohne die eigentlichen Grundwerte, nämlich das Beste für die Menschen zu erreichen, zu verraten.
Fazit
Was heißt das? Nicht sofort abschalten, wenn man merkt, dass jemand, mit dem man in einem Thema die Meinung teil, in einem anderen eine komplett konträre vertritt. Nur so können wir „teile und herrsche“ unwirksam machen. Verweigert euch „teile und herrsche“.
Alte gegen Junge ist Schwachsinn, denn jeder war mal jung und jeder wird mal alt. Rechts gegen links macht keinen Sinn, wenn man gemeinsam ein Grundübel beseitigen könnte, z.B. Kriegsgefahr oder die Beseitigung von Meinungspluralität. „Schon immer hier lebende“ gegen „zugezogene“ macht ebenfalls keinen Sinn, weil die Problem nicht von der Länge des Aufenthaltes in Deutschland ausgeht, sondern vom Verhalten in der Gesellschaft, das gelöst werden muss. Muslime gegen Christen macht auch keinen Sinn, denn das Problem ist nicht die Religion, sondern wie die Religion von Menschen für sehr weltliche Ziele eingesetzt wird, was das eigentliche Grundübel ist. Beamte gegen Arbeiter ist auch so ein Unding, das von Herrschern geschaffen wurde, um sich ein Heer von Loyalisten aufzubauen, und das Problem ist nicht das Beamtentum an sich, sondern die Privilege der Beamten und die Angst diese zu verlieren, also etwas, das die „Herrschenden“ bestimmen.
Denkt selbst darüber nach, wie die Politik von „teile und herrsche“ durch Medien missbraucht wird, um Auflagen und Klickzahlen zu erreichen, und von der Politik, um Dissens zu atomisieren. Solange wir uns so teilen lassen, haben jene, welche unser Leben bestimmen, keine Probleme, zu tun was sie wollen, ohne Rücksicht auf den Willen der Massen zu nehmen.
Erstveröffentlichung: https://tkp.at/2025/11/28/teile-und-herrsche-austricksen/