Vorwort

 

Deutschland, Israel, Palästina

 

Staatsräson statt Menschenrechte und Völkerrecht

von Jochen Mitschka

 Stand 2019

Wenn der Preis, den man dafür bezahlt, Menschenrechte und das Völkerrecht zu verteidigen,
der Vorwurf des Antisemitismus ist, hat sich dieser Vorwurf in sein Gegenteil verwandelt.

Je größer ein Verbrechen, und je mehr Menschen schuldig wurden, desto unwahrscheinlicher seine
Aufklärung und unmöglicher das Zurrechenschaftziehen der Verantwortlichen.

 

Jochen Mitschka


 


 

 

Veröffentlicht unter Creative Commons Lizenz

Namensnennung - Nicht-kommerziell - Keine Bearbeitung

CC BY-NC-ND

Deutsche Erstausgabe Januar 2021


1. Auflage Paperback
Der Politikchronist – gemeinnütziger Verein für politische Bildung e.V.


Hinweise:

Hervorhebungen durch den Autor, wo nicht anders vermerkt. Alle Übersetzungen durch den Autor, so weit nicht anders vermerkt. Der Leser ist angehalten, die Originalquellen auf korrekte Übersetzung und Interpretation des Inhalts zu prüfen.

Der Autor übernimmt keine Gewährleistung, dass das Lesen des Buches nicht dazu führen kann, dass man den Leser als »Antisemit« diskreditiert, weil er es wagte das Buch zu lesen. Der Autor übernimmt aber die Garantie dafür, dass Leser, die bisher an die Aussagen der Bundestagsabgeordneten in der Aussprache des Bundestages am 17. Mai geglaubt hatten, in der u.a. die BDS-Bewegung als »antisemitisch« bezeichnet, und behauptet wurde, Israel verteidige sich nur, dass sie diesen Glauben verlieren werden.

Der Hinweis auf »Verbrechen« Israels stellt eine Meinungsäußerung dar. In diesem Buch wird teilweise von »kolonialem Projekt« gesprochen, was von den Abgeordneten als Antisemitismus bezeichnet wird. Da die Besatzung Palästinas jedoch auch in UNO-Resolutionen sinngemäß so genannt wird, sah ich keinen Grund, den Begriff in Anführungszeichen zu setzen.

Über das Buch

Dieses Buch ist »schwere Kost«. Sie ist eine alternative Chronik der Israel-Politik der Bundesrepublik Deutschland, mit Schwerpunktlegung auf die Jahre 2018 und 2019. Das Buch wurde notwendig, weil am 17. Mai 2019 die Bundestagsabgeordneten im deutschen Bundestag Reden hielten, welche eine Realität darstellen sollen, die es so nicht gab. Aus diesem Grund widerlegt das Buch nicht nur die Aussagen der meisten Abgeordneten, sondern soll ein zeitgeschichtliches Dokument sein, welches eine von der Politik unabhängige Geschichtssicht ermöglicht.

Um die Fülle der Informationen in einem einzigen Buch unterbringen zu können, mussten wir nicht nur eine enge Schrift wählen, sondern auch die Seitenränder stark beschränken. Wir bitten um Verständnis.

Dieses Buch wird in der gedruckten Form nur als Handbuch erscheinen, Käufer können gegen einen Kaufnachweis den Downloadlink zu einer digitalen Version anfordern, um die über 2000 Quellenangaben leichter zu überprüfen.

Fast ein Jahr lang haben sich zwei Korrektoren bei dem Versuch, das Buch zu korrigieren, die Zähne daran ausgebissen. Bis wir endlich den Entschluss fassten, das Buch so, mit seinen tatsächlichen oder scheinbaren Fehlern zu veröffentlichen. Scheinbaren Fehlern, weil bei der Übersetzung versucht wurde, möglichst eng an dem Tenor der Veröffentlichtungen zu bleiben, was oft nicht unbedingt dem deutschsprachigen Schönheitsideal entspricht. 

 

Vorwort

In diesem Buch wird darauf hingewiesen, dass die Bundeskanzlerin Angela Merkel vor dem israelischen Parlament im Jahre 2008 erklärt hatte: »Diese historische Verantwortung Deutschlands ist Teil der Staatsräson meines Landes.« [i] Im Duden wird Staatsräson definiert als: »Grundsatz, nach dem der Staat einen Anspruch darauf hat, seine Interessen unter Umständen auch unter Verletzung der Rechte des Einzelnen durchzusetzen, wenn dies im Sinne des Staatswohls für unbedingt notwendig erachtet wird«.

Dieses Buch zeigt auf, dass die Abgeordneten des Deutschen Bundestages diesem Anspruch folgten. Sie haben die Interessen einer rechtsextremen israelischen Regierung über die Rechte der deutschen Bürger, aber insbesondere über die Menschenrechte und das Völkerrecht gestellt, und behaupten sinngemäß, es sei »im Sinne des Staatswohls unbedingt notwendig«.

Und die Abgeordneten haben auf verschiedenen Kommunikationskanälen klar gemacht, was man auch in diesem Buch lesen kann, dass sie kein Interesse daran haben, mit Kritikern ihrer Entscheidung, die nachfolgend erklärt und in ihrer Absurdität offen gelegt wird, zu diskutieren.

Nach der Diskriminierung der einzigen wirkungsvollen gewaltlosen Widerstandsbewegung gegen die rechtsextreme Besatzungs-Politik der israelischen Regierung durch die Abgeordneten des Deutschen Bundestages, erklärte der Premierminister Israels, Benjamin Netanjahu am 2. Juli 2019, zwischen Bombardieren von Zielen in Syrien und der Androhung der Bombardierung des belagerten und blockierten Gaza-Streifens, dass Israel ein kleines Land sei, und deshalb das Land sich ausweiten sollte, wenn es notwendig werde.

»Wir sind ein kleines Land. Je mehr wir uns verteidigen müssen, desto stärker müssen wir den Krieg auf das Gebiet des Gegners bringen, und unser Gebiet vergrößern, wenn das notwendig ist«. [ii]

Und am 11. Juli wurde bekannt, dass er in keiner Weise daran denkt, die von den deutschen Politikern immer wieder beschworene Zweistaatenlösung zuzulassen, erklärte er doch, keine einzige der illegalen Siedlungen auf besetztem palästinensischem Land aufzugeben. Mit anderen Worten erklärte er damit ganz offiziell die Annexion von großen Teilen Palästinas.

»Netanjahu erklärte auch noch einmal sein Versprechen, das er vor den Wahlen im April gemacht hatte, mit dem er sich dafür aussprach, die Westbank zu annektieren, sollte er wiedergewählt werden. 'Wir sind auf dem Weg, wir diskutieren es', behauptete der Premierminister und fügte hinzu: 'Wir werden zur nächsten Stufe voranschreiten, Stück für Stück israelische Souveränität in der Westbank einzuführen'.«[iii]

Mit anderen Worten: Die Führung Israels denkt nicht daran, ihre völkerrechtswidrige und gegen Menschenrechte verstoßende Politik zu beenden. Was angesichts der Unterstützung durch das politische Establishment wichtiger westlicher Staaten nicht verwundern darf.

Zu dieser Politik, der durch die Entscheidung der Bundestagsabgeordneten der Rücken gestärkt wurde, gehört die Drohung Netanjahus, dass die neuen F35-Kampfjets jeden Ort im Iran erreichen könnten [iv]. Ein klarer Verstoß gegen die UNO Charta, die Drohungen dieser Art ausdrücklich ausschließt, aber vor allen Dingen die Androhung einer Eskalation. Denn heute schon fliegen die israelischen Jets fast wöchentlich Angriffe gegen »iranische Ziele« allerdings noch in Syrien.

Und während die Abgeordneten den gewaltlosen Widerstand gegen die Verbrechen der israelischen Regierungen durch die Diskriminierung der BDS-Bewegung unterstützten, zerbombte die israelische Luftwaffe Wohnhäuser in Gaza und ließ wieder hunderte von Menschen ohne jede Hoffnung auf eine Zukunft.

»Nachdem die Luftwaffe Gaza in der letzten Runde der Kämpfe im Mai bombardierte, verloren Hunderte ihre Wohnungen ohne Hoffnung auf Ersatz. Bewohner von zwei zerstörten Wohngebäuden bieten ein neues Zeugnis für das Desaster, das über sie gekommen war. (…) Den Vereinten Nationen zufolge verloren während der letzten Kämpfe im Mai 327 Bewohner vom Gaza-Streifen, durch die Bombardierungen der israelischen Luftwaffe, ihre Wohnungen.« [v]

Die Menschen verloren nicht nur ihre Wohnungen und Hab und Gut, einige ihre Angehörige, sondern auch ihre Existenz, denn viele hatten Kleinunternehmen in ihren Wohnungen gegründet. Ganz abgesehen von dem Kriegstrauma, unter dem besonders die Kinder leiden.

***

Am 17. Mai 2019 verabschiedete der Deutsche Bundestag mit der überwältigenden Mehrheit der Abgeordnetenstimmen eine Resolution, welche die Menschenrechtsbewegung BDS (Boykott, Desinvestment, Sanktionen) als antisemitisch diskriminierte[vi].

Ich verfolgte die Bundestagsaussprache und musste mit Entsetzen feststellen, dass die deutschen Bundestagsabgeordneten entweder uninformiert waren oder sich vollständig der Staatsräson unterworfen hatten, welche ernsthafte Kritik an der Politik Israels ausschloss.

Ich erkannte, dass wieder ein Geist herrschte, den ich in einem Artikel als »deutsche Mitläuferschuld« bezeichnet hatte.

»Als ich versuchte zu verstehen, was meine Eltern taten, als Hitler die Macht ergriffen hatte, fragte ich meine Mutter, ob sie denn nicht gewusst habe, was damals in den Konzentrationslagern geschah. Sie antwortete: 'Wir ahnten, dass etwas Schreckliches passierte. Immer wenn einer der dort angestellten Wächter zu uns in die Wirtschaft kam, wurde es still. Alle ahnten etwas, aber niemand stellte Fragen, niemand WOLLTE wissen, was in dem Konzentrationslager geschah'.« [vii]

Genau dieses Denken wird in der »Aussprache« des Deutschen Bundestages wieder sichtbar. Jede auch nur vorsichtige Kritik an der Politik der Regierungen Israels sucht man vergeblich. Sie wurde betreten vermieden. Niemand wollte darüber reden. Und genau hier erkannte ich, dass Deutschland eben NICHT die Lehren aus Auschwitz gezogen hatte.

Was wir nach über 70 Jahren glauben gelernt zu haben, scheint zu sein, dass wir uns der Loyalität einer rechtsextremen Regierung unterwerfen müssen, auch wenn diese ein System der Apartheid gesetzlich verankert, gegen Völkerrecht und Menschenrechte verstößt, und täglich Menschen ermordet und vertreibt. Vollkommen unbeeindruckt davon, was Weltgerichte, die UNO [viii] oder ein Gewissen, wenn man eines hat, sagen. Und der vorgeschobene Grund dafür ist, dass unsere Eltern oder Großeltern auch schon weggesehen hatten, als das Nazi-Regime einen grausam technisch perfektionierten Massenmord an einer Religionsgruppe beging, und damit mitschuldig wurden.  

Die Lehre, die wir hätten ziehen müssen, lautet aber:

Schau nicht weg, wenn jemanden Unrecht widerfährt, sondern stehe auf und sprich laut darüber, sonst wirst du mitschuldig!

Und das gilt ganz besonders, wenn es um ganze Ethnien oder Völker geht, wie im Fall Palästinas.

Bisher hatte ich keine BDS-Resolution unterzeichnet. Denn ich sah mich als Berichterstatter, nicht als Aktivist. Aber nachdem die Mehrheit der Abgeordneten des Deutschen Bundestages eindeutig die rechtsextreme Regierung Israels und deren Verbrechen unterstützen, werde ich zukünftig sehr wohl BDS-Resolutionen unterschreiben. Denn jetzt geht es darum der Welt zu zeigen, dass es auch Deutsche gibt, welche die richtigen Lehren aus dem Verbrechen von Auschwitz ziehen. Nämlich, dass man nicht wegsehen darf, wenn Unrecht geschieht, dass man aufstehen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit entgegentreten muss, egal wer sie begeht und wo sie begangen werden, statt aus Angst vor gesellschaftlichen Problemen oder Ausgrenzung still zu sein und der Staatsräson oder der Mehrheitsmeinung zu folgen.

Was in Deutschland passiert, hätte ich mir vor 30 Jahren nicht träumen lassen. Und wenn mich dieses Buch gegen den Mainstream nun zu einem angeblichen Antisemiten macht, dann ist der Begriff »Antisemitismus« ganz offensichtlich heute in sein Gegenteil verkehrt. Nämlich der Begriff wurde zu einer Auszeichnung für den Einsatz im Namen der Menschenrechte und des Völkerrechts. Und so hätten es die Abgeordneten des Deutschen Bundestages mit zu verantworten, dass der Begriff »Antisemitismus« von seinem ursprünglichen Sinn entfremdet wurde. Und die wahren Antisemiten und Rassisten reiben sich die Hände.

Die Alpträume meines Vaters und die Geschichte von Auschwitz haben mich jedenfalls gelehrt, dass ich nicht wegschaue, wenn grobes Unrecht geschieht und Menschen verfolgt, vertrieben, unterdrückt, ermordet werden. Egal wie stark der Strom des Mainstreams sein mag.

Dieses Buch wird nun die Kritik an den Äußerungen der Politiker zusammenfassen, Fakten beschreiben, welche diese Äußerungen wiederlegen. Das Buch wird die Reaktionen auf die Entscheidung und Auswirkungen für die Meinungsfreiheit in Deutschland und das Vorgehen der rechtsextremen Regierungen in Israel aufzeigen.

***

Mitwirkend an der Formulierung des Beschlusses der Abgeordneten im Deutschen Bundestag am 17. Mai 2019, war Berichten zu Folge die Nichtregierungsorganisation »Das Nahost Friedensforum« (NAFFO) [ix], welche offensichtlich eine Lobbyorganisation der rechtsextremen Regierung Israels ist. Denn in der Zeitung »Jüdische Allgemeine« outet sich die Organisation klar als Lobbyorganisation für die Politik Israels, was natürlich im Widerspruch zum Namen steht. [x] Mehr dazu im Epilog.

Die Folgen des Beschlusses der Abgeordneten, die BDS-Bewegung als antisemitisch zu diskriminieren, verstärkt wie erwartet Kräfte, welche die Apartheid in Israel und die Besatzungspolitik bis hin zur Annexion von großen Teilen Palästinas unterstützt. Der Beginn ist zweifellos die zum Himmel schreiende Missachtung des Völkerrechtes, wie sie vom neuen Antisemitismusbeauftragten Hessens praktiziert wird. Er hatte am 9. Juni seine Position missbraucht, um Waren zu bewerben, die in den illegal besetzten Teilen Palästinas produziert werden [xi]. Wie kann es sein, dass in Deutschland ein Beauftragter der Regierung ganz offiziell das Völkerrecht mit Füßen treten kann, ohne dafür sanktioniert zu werden.

Aber damit zieht er die logische Konsequenz aus der Entscheidung des deutschen Bundestages, nämlich Völkerrecht und Menschenrechte als nachrangig zur deutschen Staatsräson anzusehen. Dieses Buch ist auch notwendig, um das zu verstehen.

***

David Ranan, ein Antisemitismusforscher und früher auch von der Deutschen Welle gerne interviewter Autor, sagte über den Beschluss des Bundestages:

»Einer Gruppe halbgebildeter deutscher Parlamentarier und einigen hyperaktiven Philosemiten, die von der israelischen Botschaft in Berlin manipuliert wurden, ist es gelungen, einen Antrag im Bundestag zu stellen, der diese gewaltfreie palästinensische Bewegung als antisemitisch definiert. Lassen Sie mich ganz klar sein: Ob man BDS unterstützt oder nicht, BDS ist nicht antisemitisch. Diejenigen, die das behaupten, sind entweder ignorant oder sie sind Lügner. Treffen Sie Ihre Wahl.«[xii]

Ich denke, man kann die genannte Wahl erweitern. Dieses Buch ist notwendig, um Ihnen, aber auch den MdBs die Erkenntnis zu erleichtern, ob und worin die Abgeordneten des Deutschen Bundestages uninformiert oder ignorant sind, oder ob sie ganz einfach lügen, um unangenehmen Druck der israelischen und US-amerikanischen Lobbygruppen aus dem Weg zu gehen.

***

Wenn eine israelische Politikerin, die offen zum Völkermord an Palästinensern aufruft, Justizministerin wurde, sollte bei jedem Deutschen die Alarmglocken schrillen. Nur die Abgeordneten des Deutschen Bundestages haben es anscheinend nicht mitbekommen, weil sie nach wie vor auf den Narrativen der rechtsextremen Regierung Israels und der US-Regierung verharren.

»In der Tat schaffte es [Ayalet] Shaked, ein Mitglied der weit rechts stehenden Partei HaBayit HaYehudi ('Jüdische Heimat'), letztes Jahr in die Schlagzeilen, nachdem sie auf Facebook das gesamte palästinensische Volk als 'den Feind' titulierte und im Grunde für ihre Auslöschung argumentierte, 'denn die feindlichen Soldaten verstecken sich unter der Bevölkerung und nur durch deren Unterstützung können sie kämpfen'.« [xiii]

Auf der Seite von Global Voices wurde der komplette Facebook-Eintrag, der natürlich nicht als Hassposting von Facebook gelöscht wurde, sondern vom Betreiber der Seite entfernt worden war, in der deutschen Übersetzung aufgeführt. Wer sich erschrecken will, welcher Geist in der israelischen Regierung herrscht, und insbesondere in der Person, die den Außenminister Maas als Freund bezeichnete, der sollte den Text lesen. Hier nur die Einleitung:

»Das palästinensische Volk hat uns den Krieg erklärt und wir müssen mit Krieg antworten. Keine Operation, nicht langsam, nicht beschwichtigend, keine kontrollierte Eskalation, keine Zerstörung von terroristischer Infrastruktur, keine gezielten Ermordungen. Genug indirekte Anspielungen. Das ist ein Krieg. Worte haben Bedeutung. Das ist ein Krieg. Dies ist kein Krieg gegen den Terror oder ein Krieg gegen Extremismus, dies ist nicht einmal ein Krieg gegen die palästinensischen Behörden. Auch Behörden sind ein Mittel zur Verweigerung der Realität. Dies ist ein Krieg zwischen zwei Völkern. Wer ist der Feind? Das palästinensische Volk.« [xiv]

Der Beitrag wurde einen Tag vor der Entführung eines palästinensischen Jugendlichen, der dann bei lebendigem Leibe verbrannt wurde, veröffentlicht. Kurz nach diesem Posting startete außerdem Israel einen Angriff auf den Gazastreifen, der die Region verwüstete. Die angreifenden israelischen Soldaten töteten über 2.000 Palästinenser, davon mehr als 500 im Kindesalter. Über 10.000 Menschen wurden verwundet, viele davon schwer mit dauerhaften Schäden. Über 500.000 Menschen wurden obdachlos, das sind über 30% der Gesamtbevölkerung. Mehr darüber in den folgenden Kapiteln. Dass die nächste Bombardierung des Gaza-Streifens nicht mehr weit entfernt ist, kann man in der Jerusalem Post lesen, aber unsere Abgeordnete werden wieder überrascht und betroffen sein.

»Es besteht wenig Zweifel daran, dass der nächste Krieg zwischen Israel und dem Gaza-Streifen nicht weit entfernt ist, und er wird tödlicher und noch zerstörerischer als jeder vorherige Krieg. Im letzten Krieg zwischen den beiden, der Operation Protective Edge im Jahr 2014, verlor Israel 68 Soldaten und sechs Zivilisten. Ungefähr 2500 Palästinenser wurden vermutlich getötet, davon die Hälfte reine Zivilisten, und die andere Hälfte Kombattanten.« [xv]

Was in der Jerusalem Post »Krieg« genannt wird, ist nur eine weitere Etappe im schleichenden Genozid an den Palästinensern. Der legitime und weitgehend gewaltfreie Widerstand gegen eine völkerrechtswidrige Besatzung wird durch Zerstörung der Wohnungen der Zivilbevölkerung und Abschlachten von Tausenden beantwortet. Und die BDS-Entscheidung der deutschen Abgeordneten ist ein Nagel im Sarg der Palästinenser. Und das nicht nur im sprichwörtlichen Sinn.

»Israel hatte behauptet, dass Taqatqa an einem Schlaganfall gestorben sei. In der Zwischenzeit hat die 'Palestine Prisoners' Society' erklärt, dass die Ergebnisse einer Autopsie extreme Folter und Misshandlungen, die zum Tode von Taqatqa geführt haben, enthüllt hätten.« [xvi]  

In Israel wird längst offen darüber diskutiert, ob das Land in den Faschismus abrutscht, eine Diskussion, die in Deutschland undenkbar ist. Aber gerade deshalb sollten deutsche Bundestagsabgeordnete wissen, dass es diese Diskussion gibt. Weshalb dieses Buch mit einem Kapitel beginnt, welches die Diskussion in Israel wiederspiegelt.

Danksagung

Ich danke besonders Andrea Drescher für wichtige Beiträge zu diesem Buch, die entsprechend markiert sind. Ihre jüdische Geschichte und die Gespräche mit ihr haben mich bestärkt, dieses Buch zu schreiben. Christoph Kaiser und anderen ehrenamtlichen Helfern des Vereins für ihre Mitarbeit bei der Korrektur.



[i] Bundesregierung: »Rede von Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel«, Bulletin 26-1, 18. März 2008, https://www.bundesregierung.de/breg-de/service/bulletin/rede-von-bundeskanzlerin-dr-angela-merkel-796170

[ii] Sami Moubayed: »Netanyahu: We are a small country and we need to expand our territory«, MBS News, 2. Juli 2019, https://www.mbs.news/2019/07/netanyahu-we-are-small-country-and-we_2.html?m=1

[iii] Shehab: »Netanyahu vows never to dismantle illegal Israel settlements«, Shehab, 11. Juli 2019, http://shehaben.com/2019/07/11/netanyahu-vows-never-to-dismantle-illegal-israel-settlements/

[iv] AP: » Netanjahu: Israels Kampfjets können den Iran erreichen«, Die Zeit, 9. Juli 2019, https://www.zeit.de/news/2019-07/09/netanjahu-israels-kampfjets-koennen-den-iran-erreichen

[v] Gideon Levy: » 'I Don’t Feel Like a Human Being': The Gazans Who Lost Everything in an Israeli Bombing«, Haaretz, 12. Juli 2019, https://www.haaretz.com/israel-news/.premium.MAGAZINE-i-don-t-feel-like-a-human-being-gazans-who-lost-everything-in-israeli-bombings-1.7493740

[vi] Deutscher Bundestag: »Bundestag verurteilt Boykottaufrufe gegen Israel«, Bundestag, https://www.bundestag.de/dokumente/textarchiv/2019/kw20-de-bds-642892

[vii] Jochen Mitschka: »Mitläuferschuld, Warum Deutschland die Gespenster der Vergangenheit und seine Mitläuferschuld nicht los wird«, Rubikon, 4. August 2017, https://www.rubikon.news/artikel/die-mitlauferschuld

[viii] Für alle genannten Behauptungen werden in diesem Buch Fakten genannt.

[ix] Deutscher Bundestag: »Das Nahost Friedensforum (NAFFO)«, Wissenschaftliche Dienste – Sachstand, 23. Januar 2019, https://www.bundestag.de/resource/blob/597852/8570e59c5b253fcd6b04e9bd5e912ca7/WD-1-044-18-pdf-data.pdf?fbclid=IwAR0xvV6mumWm5WHUFgegW16mxtT7GrtQL1p1oQihjjwDDIdFrfeENfUffpA

[x] Detlef David Kauschke: »Israel ist der natürliche Partner«, Jüdische Allgemeine, 11. Juili 2019, https://www.juedische-allgemeine.de/israel/israel-ist-der-natuerliche-partner/

[xi] Jüdische Stimme für gerechten Frieden in Nahost: Facebook, 21. Juni 2019, https://www.facebook.com/12juedischestimme/posts/2382947195100832

[xii] David Ranan: »BDS / Schuster / Schäfer / Grütters«, davidranan.blogspot.com,  https://davidranan.blogspot.com/2019/06/bds-schuster-schafer-grutters.html

[xiii] Global Voices: »israelische Politikerin, die auf Facebook zum Völkermord an Palästinensern aufrief, ist nun Justizministerin«, Global Voices, 15. Mai 2015, https://de.globalvoices.org/2015/05/15/israelische-politikerin-die-auf-facebook-zum-volkermord-an-palastinensern-aufgerufen-hat-ist-nun-justizministerin/

[xiv] Ebd.

[xv] Anna Ahronheim: » Security and Defense: Five years later, another Gaza war on the horizon«, Jerusalem Post, 11. Juli 2019, https://www.jpost.com/Arab-Israeli-Conflict/Security-and-Defense-Five-years-later-another-Gaza-war-on-the-horizon-595382

[xvi] Ramona Wadi: »Palestinian prisoners need our attention before they die«, MEMO, 18. Juli 2019, https://www.middleeastmonitor.com/20190718-palestinian-prisoners-need-our-attention-before-they-die/