Der IGH

 

Der IGH

Am 19. Juli 2024 veröffentlichte der Internationale Gerichtshof (IGH) in Den Haag eine beratende Stellungnahme zur Rolle Israels in Palästina[1]. Es ist das höchste Gericht der UN, welches bei Streitigkeiten über unterschiedlichen Interpretationen von UN-Gesetzen, Regeln und Resolutionen urteilt, und in seiner Funktion als beratendes Organ der UN eine finale Interpretation von UNO-Vorschriften, Verboten und Geboten abgibt. Es geht im vorliegenden Fall noch nicht um die Frage des Völkermordes in Gaza, sondern um die Besatzung Palästinas durch Israel allgemein. Was in westlichen Medien als „Kritik an Siedlungspolitik“ oder mit ähnlichen Überschriften berichtet wird, ist in Wahrheit eine grundsätzliche Abrechnung mit Israels Apartheid- und Besatzungspolitik als Ganzes. Und nachdem das Gericht schon zur allgemeinen Situation so deutliche und klare Worte findet, kann man erwarten, dass es im Fall des Völkermordes in Gaza ähnlich deutlich urteilen wird.

Ich will hier die wichtigsten Passagen übersetzt, natürlich ohne juristische Gewähr, wiedergeben, und damit dem Trend entgegenwirken, statt den Link und den Text zu verbreiten, nur seine medialen Interpretationen zu veröffentlichen, was insbesondere die so genannten Künstlichen Intelligenzen tun. Fragt man sie nach dem Link, geben sie Links zu Medien. Sie tun, was man ihnen befahl. Dem Leser soll die schwere Prüfung des Lesens und Verstehens abgenommen werden. Ich hoffe, man erkennt im letzten Satz die Satire, denn in der heutigen Welt ist Politik nicht mehr von Satire zu unterscheiden. Tatsächlich kann nur derjenige den ganzen Umfang der Verurteilung, welche in dem Dokument enthalten ist, verstehen, der sich den enormen Umfang der Vorwürfe anschaut. Das Gericht bestätigt alle Vorwürfe hinsichtlich Annexion und Apartheid, die jeder schon seit vielen Jahren sehen konnte, deren Existenz aber von deutschen Politikern bewusst mit der Verleumdung „Antisemitismus“ vom Tisch gewischt worden waren.

Besonders blamabel ist dieses beurteilende Gutachten für die deutschen Politiker, welche am 17. Mai 2019 im Bundestag Reden führten, welche vollkommen an der Realität vorbei gingen, und es ist eine Bestätigung der Politik der BDS-Bewegung (Boykott, Desinvestition, Sanktionen), deren Forderungen im Detail den Forderungen entsprechen, welche nun mit diesem Urteil durch den IGH formuliert wurden. Während 2019 die Bewegung von der deutschen Politik implizit als „antisemitisch“ verleumdet wurde.

Der Titel des Urteils lautet: Beratende Stellungnahme über „RECHTLICHE FOLGEN, DIE SICH AUS DER POLITIK UND PRAKTIKEN ISRAELS IM BESETZTEN PALÄSTINENSISCHEN GEBIET ERGEBEN, EINSCHLIESSLICH OST-JERUSALEM.“

Also los geht’s. Im Inhaltsverzeichnis (siehe Endnote[i]) werden die Absätze mit ihren Nummern angegeben. Wer keine Übersetzung zu einer Nummer findet, wird gebeten, diese Nummer im Originaldokument zu finden und selbst zu übersetzen.

Wie wir sehen werden, war das Gericht sehr gründlich und führte auf 80 Seiten alle Aspekte auf, welches ein so wichtiges Urteil berücksichtigen muss. Kommen wir nun zum eigentlichen Inhalt. Ich beschränke mich mit der Übersetzung auf den Teil V. bis VII., da die Antworten auf diese Fragen implizit die Verfahrensfragen im vorderen Teil mit beantworten. [Hervorhebungen durch mich, Quellen im Text des Urteils wurden zur besseren Lesbarkeit des Textes in Fußnoten verlegt.] Die aus den Feststellungen und Begründungen des Gerichtes resultierenden Verpflichtungen Israels, aller Nationen und der UNO, erschließen sich am Ende unter Punkt 285.

V. ISRAELS POLITIK UND PRAKTIKEN IN DEN BESETZTEN PALÄSTINENSISCHEN GEBIETEN

103. Der Gerichtshof wird nun die Vereinbarkeit der israelischen Politik und Praxis im besetzten palästinensischen Gebiet, wie in Frage (a) beschrieben, mit seinen Verpflichtungen nach internationalem Recht prüfen. Insbesondere wird die Analyse des Gerichtshofs nacheinander die Fragen der anhaltenden Besetzung, der Siedlungspolitik Israels, der Annexion des seit 1967 besetzten palästinensischen Gebiets und der Verabschiedung damit verbundener Gesetze und Maßnahmen untersuchen, die angeblich diskriminierend sind. Der Gerichtshof wird beurteilen, ob und, wenn ja, wie sich die israelische Politik und Praxis auf das Recht des palästinensischen Volkes auf Selbstbestimmung auswirkt, nachdem diese anderen Fragen geklärt und berücksichtigt wurden.

A. Die Frage der verlängerten Besetzung

104. Die Frage (a) betrifft zum Teil die rechtlichen Folgen, die sich aus Israels „anhaltender Besetzung“ des besetzten palästinensischen Gebiets ergeben. In diesem Zusammenhang stellt der Gerichtshof fest, dass Israels Besetzung mehr als 57 Jahre andauert. Um auf diesen Aspekt der Frage zu antworten, muss das Gericht die Beziehungen zwischen Israel, als die Besatzungsmacht, und der geschützten Bevölkerung in den besetzten Gebieten, welche durch das Besatzungsrecht regiert werden, betrachten.

105. Aufgrund seines Status als Besatzungsmacht erhält ein Staat eine Reihe von Befugnissen und Pflichten in Bezug auf das Gebiet, über das er tatsächliche Kontrolle ausübt. In diesem Zusammenhang trägt die Besatzungsmacht die Pflicht, das Gebiet zum Wohle der örtlichen Bevölkerung zu verwalten. Weder in der Vierten Genfer Konvention noch im Völkergewohnheitsrecht finden sich Hinweise darauf, dass Art und Umfang der Befugnisse und Pflichten der Besatzungsmacht von den Umständen abhängen, unter denen die Besetzung zustande kam. Vielmehr basieren Art und Umfang dieser Befugnisse und Pflichten immer auf derselben Annahme: dass die Besetzung eine vorübergehende Situation ist, die auf militärische Notwendigkeit reagiert, und dass sie nicht den Souveränitätsanspruch auf die Besatzungsmacht übertragen kann.

106. Dieser Annahme liegen mehreren Regeln des Besatzungsrechts zugrunde. So ist die Besatzungsmacht nach Artikel 64 der Vierten Genfer Konvention und der in Artikel 43 der Haager Landkriegsordnung verankerten Regel verpflichtet, die geltenden Gesetze des besetzten Gebiets grundsätzlich zu respektieren. Ebenso darf die Besatzungsmacht nach Artikel 50 Absatz 5 der Vierten Genfer Konvention die Anwendung einer Reihe von Vorzugsmaßnahmen, die vor der Besetzung getroffen wurden, nicht behindern; und nach Artikel 54 Absatz 1 darf sie den Status von Beamten oder Richtern im besetzten Gebiet nicht ändern. Darüber hinaus verleiht die in Artikel 55 der Haager Landkriegsordnung festgelegte Regel der Besatzungsmacht lediglich den Status des Verwalters und Nutzungsberechtigter von öffentlichen Gebäuden, Immobilien, Wäldern und landwirtschaftlichen Grundstücken im besetzten Gebiet. Diese Bestimmungen betonen, dass die Besetzung als vorübergehender Zustand zu verstehen ist, während dessen die Ausübung der Autorität der Besatzungsmacht über fremdes Gebiet zum Wohle der einheimischen Bevölkerung geduldet wird.

107. Dieselbe Annahme erklärt auch die zeitliche Dimension der Befugnisse und Pflichten, die der Besatzungsmacht nach dem Besatzungsrecht zustehen. Der Gerichtshof stellt in diesem  Zusammenhang fest:

dass der dritte Absatz von Artikel 6 der Vierten Genfer Konvention eine zeitliche Grenze für die Verpflichtungen eines Staates in seiner Funktion als Besatzungsmacht setzt. Diese Beschränkung der Anwendung einiger Bestimmungen der Vierten Genfer Konvention zielte nicht darauf ab, Staaten in Situationen längerer Besetzung von ihren Verpflichtungen aus dieser Konvention zu entbinden. Stattdessen deuten die Vorarbeiten zur Vierten Genfer Konvention darauf hin, dass diese Beschränkung auf der Annahme beruhte, dass die lokalen Behörden im besetzten Gebiet innerhalb eines Jahres nach dem Ende der Militäroperationen ihre Regierungsfunktionen größtenteils wieder aufgenommen hätten. Auf dieser Grundlage wäre die fortgesetzte Ausübung dieser Funktionen durch die Besatzungsmacht nicht erforderlich[2]. Wenn die lokalen Behörden jedoch ihre Regierungsfunktionen nicht wieder aufgenommen haben, ist die Besatzungsmacht nicht von den Verpflichtungen entbunden, die sich aus ihrer fortgesetzten effektiven Kontrolle über das besetzte Gebiet ergeben. Ihre grundlegende Pflicht, das Gebiet zum Wohle der örtlichen Bevölkerung zu verwalten, und alle individuellen Verpflichtungen, die sich hieraus ergeben, bleiben bestehen. Eine andere Schlussfolgerung stünde im Widerspruch zu Ziel und Zweck der Vierten Genfer Konvention und würde der einer anhaltenden Besetzung unterworfenen Bevölkerung den Schutz nehmen, den sie nach dem humanitären Völkerrecht genießt. Dementsprechend ist der Gerichtshof der Auffassung, dass unter Umständen, unter denen die örtlichen Behörden des besetzten Gebiets ein Jahr nach Ende der Militäroperationen ihre Regierungsfunktionen nicht wieder aufgenommen haben, die Verpflichtungen der Besatzungsmacht aus der Vierten Genfer Konvention ungeachtet Artikel 6 Absatz 3 in Kraft bleiben. Der Gerichtshof stellt außerdem fest, dass die Anwendung der Verpflichtungen einer Besatzungsmacht nach den Haager Landkriegsordnungen zeitlich nicht begrenzt ist.

108. Darüber hinaus folgt aus Artikel 6 der Vierten Genfer Konvention nicht, dass die Besatzungsmacht im Falle einer längeren Besetzung im Laufe der Zeit zusätzliche Befugnisse erlangt. Die Tatsache der Besetzung kann nicht zu einer Übertragung des Eigentumsanspruchs führen, unabhängig von der Dauer der Besetzung. Daher entbindet der Zeitablauf die Besatzungsmacht nicht von ihren Verpflichtungen, einschließlich der Verpflichtung, auf die Ausübung souveräner Handlungen zu verzichten, noch erweitert er die begrenzten und aufgezählten Befugnisse, die das humanitäre Völkerrecht der Besatzungsmacht zuspricht.

109. Die Tatsache, dass eine Besetzung verlängert wird, ändert an sich nicht ihren Rechtsstatus nach dem humanitären Völkerrecht. Obwohl das Besatzungsrecht auf dem vorübergehenden Charakter der Besetzung beruht, setzt es keine zeitlichen Grenzen, die als solche den Rechtsstatus der Besetzung ändern würden. Stattdessen muss die Rechtmäßigkeit der Anwesenheit der Besatzungsmacht im besetzten Gebiet im Lichte anderer Regeln beurteilt werden. Insbesondere besteht eine Besetzung darin, dass ein Staat tatsächliche Kontrolle über ein fremdes Territorium ausübt (siehe Absätze 91-92 oben). Um zulässig zu sein, muss eine solche Ausübung tatsächlicher Kontrolle daher jederzeit mit den Regeln über das Verbot der Androhung oder Anwendung von Gewalt, einschließlich des Verbots von Gebietserwerb durch Androhung oder Anwendung von Gewalt, sowie mit dem Recht auf Selbstbestimmung vereinbar sein. Daher kann die Tatsache, dass eine Besetzung verlängert wird, Auswirkungen auf die Rechtfertigung der fortgesetzten Anwesenheit der Besatzungsmacht im besetzten Gebiet nach internationalem Recht haben. Der Gerichtshof wird diese Fragen weiter unten prüfen (siehe Absätze 157-179 und 230-243).

110. Vor diesem Hintergrund müssen die Politik und die Praktiken Israels sowie seine fortdauernde Präsenz im besetzten palästinensischen Gebiet untersucht werden. Der Gerichtshof wird sich nun diesen Politiken und Praktiken zuwenden und dabei mit der Siedlungspolitik Israels beginnen.

B. Die Siedlungspolitik

1. Übersicht

111. Die von der Generalversammlung gestellte Frage (a) befasst sich unter anderem mit den rechtlichen Folgen der israelischen Siedlungspolitik. Der Gerichtshof stellt fest, dass der englische Begriff „Settlement“, wie er in der Resolution der Generalversammlung und in anderen Texten verwendet wird, eine gewisse Mehrdeutigkeit aufweist. Dieser Begriff kann so verstanden werden, dass er sich auf die von Israel im besetzten palästinensischen Gebiet errichteten oder unterstützten israelischen Wohngemeinschaften bezieht; er kann aber auch so verstanden werden, dass er alle physischen und nicht-physischen Strukturen und Prozesse umfasst, die die Errichtung, Ausweitung und Erhaltung dieser Gemeinschaften ausmachen, ermöglichen und unterstützen. Im Französischen werden die beiden Konzepte durch die Verwendung der Begriffe „colonie“ bzw. „colonisation“ unterschieden. Die französische Fassung der Resolution verwendet den Begriff „colonisation“ und weist damit darauf hin, dass der Gerichtshof aufgefordert ist, die Siedlungspolitik Israels umfassend zu prüfen. Die Tatsache, dass Frage (b), die den Kontext für die Auslegung von Frage (a) bildet, Siedlungen als Politik oder Praxis beschreibt, bestätigt diese Auslegung.

112. Dem Gerichtshof ist bewusst, dass manchmal zwischen „Siedlungen“ und „Außenposten“ unterschieden wird, wobei letztere unter Verstoß gegen innerstaatliches israelisches Recht errichtet wurden. Nach Auffassung des Gerichtshofs ist diese Unterscheidung für die Feststellung, ob die betreffenden Gemeinden Teil der Siedlungspolitik Israels sind, unerheblich. Entscheidend ist, ob sie mit Unterstützung Israels errichtet oder unterhalten werden. In dieser Hinsicht stellt der Gerichtshof fest, dass Israel regelmäßig Schritte unternimmt, um Außenposten rückwirkend zu legalisieren und ihnen die für deren Aufrechterhaltung notwendige Infrastruktur bereitzustellen[3].

113. Der Gerichtshof erinnert daran, dass Israel während seiner gesamten Besetzung des besetzten palästinensischen Gebiets eine Siedlungspolitik verfolgt hat (siehe Absätze 59 und 68 oben). Er stellt ferner fest, dass die Frage der israelischen Siedlungen von verschiedenen Organen und Gremien der Vereinten Nationen umfassend geprüft wurde. Beispielsweise hat der Menschenrechtsrat mit seiner Resolution 19/17 eine unabhängige internationale Untersuchungskommission eingerichtet, um die Auswirkungen der israelischen Siedlungen auf die bürgerlichen, politischen, wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte des palästinensischen Volkes im gesamten besetzten palästinensischen Gebiet, einschließlich Ostjerusalem, zu untersuchen (im Folgenden „unabhängige internationale Untersuchungskommission“). Der Generalsekretär der Vereinten Nationen sowie der Hohe Kommissar der Vereinten Nationen für Menschenrechte veröffentlichen regelmäßig Berichte, in denen die Fakten zur Errichtung und Ausweitung der israelischen Siedlungen dokumentiert werden. Die Frage der israelischen Siedlungstätigkeit und ihrer Auswirkungen wird auch in den Berichten der unabhängigen internationalen Untersuchungskommission sowie in den Berichten der Sonderberichterstatter erörtert, darunter des Sonderberichterstatters über die Menschenrechtssituation in den seit 1967 besetzten palästinensischen Gebieten. Diese Berichte stützen sich auf eine Vielzahl von Quellen, darunter auch Berichte aus erster Hand, um eine detaillierte, sachliche Analyse der israelischen Siedlungspolitik vorzulegen.

114. Der Gerichtshof stellt weiter fest, dass Israels Siedlungspolitik zwischen 1967 und 2005 im Westjordanland, in Ostjerusalem und im Gazastreifen durchgeführt wurde. Seit der Räumung der israelischen Siedlungen aus dem Gazastreifen im Jahr 2005 (siehe Absatz 88 oben) hat Israels Siedlungspolitik im Westjordanland und in Ostjerusalem fortgesetzt; der Gerichtshof wird seine Analyse daher auf die laufende Siedlungspolitik Israels im Westjordanland und in Ostjerusalem beschränken. Gleichzeitig stellt der Gerichtshof fest, dass sich die Siedlungspolitik Israels im Gazastreifen bis 2005 nicht wesentlich von der Politik unterschied, die heute im Westjordanland und in Ostjerusalem fortgesetzt wird.

2. Transfer von Zivilbevölkerung

115. In seinem Gutachten zur Mauer kam der Gerichtshof zu dem Schluss, dass Israels Siedlungspolitik gegen den sechsten Absatz von Artikel 49 der Vierten Genfer Konvention verstößt, der besagt, dass „die Besatzungsmacht keine Teile ihrer eigenen Zivilbevölkerung in das von ihr besetzte Gebiet deportieren oder umsiedeln darf“[4]. Wie der Gerichtshof in diesem Gutachten feststellte, verbietet diese Bestimmung

„nicht nur Deportationen oder erzwungene Umsiedlungen von Bevölkerungen, wie sie während des Zweiten Weltkrieges durchgeführt wurden, sondern auch alle Maßnahmen einer Besatzungsmacht, die darauf abzielen, die Umsiedlung von Teilen der eigenen Bevölkerung in das besetzte Gebiet zu organisieren oder zu fördern“ (ebd.).

Weder der Wortlaut noch der Kontext dieser Bestimmung, noch Ziel und Zweck oder die Entstehungsgeschichte der Vierten Genfer Konvention legen tatsächlich nahe, dass diese Bestimmung lediglich die gewaltsame Verlegung von Teilen der Zivilbevölkerung der Besatzungsmacht in das besetzte Gebiet verbietet. Im vorliegenden Fall gibt es umfassende Beweise für die Politik Israels, Anreize für die Umsiedlung israelischer Einzelpersonen und Unternehmen ins Westjordanland sowie für die industrielle und landwirtschaftliche Entwicklung des Westjordanlands durch Siedler zu schaffen[5].

116. Wie oben erwähnt, legalisiert Israel regelmäßig Außenposten, die unter Verstoß gegen innerstaatliche israelische Gesetzgebung errichtet wurden (siehe Absatz 112). So gab Israel im Februar 2023 seine Entscheidung bekannt, zehn Außenposten in Gebiet C des Westjordanlands zu legalisieren („Israelische Siedlungen im besetzten palästinensischen Gebiet, einschließlich Ostjerusalem, und dem besetzten syrischen Golan:[6]). Der Gerichtshof ist der Auffassung, dass Israel durch diese Praktiken die Verlegung von Teilen seiner Zivilbevölkerung in Außenposten im Westjordanland fördert und damit gegen Artikel 49 Absatz 6 der Vierten Genfer Konvention verstößt.

117. Darüber hinaus geht der Siedlungsbau Israels mit einer speziell konzipierten zivilen Infrastruktur im Westjordanland und in Ostjerusalem einher, die die Siedlungen in das Territorium Israels integriert. Das Sekretariat der Konferenz der Vereinten Nationen für Handel und Entwicklung (UNCTAD) berichtet, dass Israel „Milliarden von Dollar in den Aufbau einer modernen Infrastruktur investiert hat, um die Ausweitung der Siedlungen zu fördern, darunter Straßen-, Wasser- und Abwassersysteme, Kommunikations- und Stromversorgungssysteme, Sicherheitssysteme sowie Bildungs- und Gesundheitseinrichtungen“[7].

Die Unabhängige Internationale Untersuchungskommission fügt hinzu, dass der kontinuierliche Ausbau der Siedlungen und der dazugehörigen Infrastruktur durch Israel aktiv zur Verfestigung der Besatzung beiträgt („Bericht der Unabhängigen Internationalen Untersuchungskommission über das besetzte palästinensische Gebiet, einschließlich Ostjerusalem, und Israel“[8]).

Wie der Hohe Kommissar der Vereinten Nationen für Menschenrechte festgestellt hat, ist die Bevölkerung der israelischen Siedlungen infolge des Aufbaus der israelischen Infrastruktur rasch gewachsen[9]. Darüber hinaus stellt Israel bestimmte Bedingungen für die Nutzung der Infrastruktur und des Verkehrsnetzes im Westjordanland (siehe Absätze 198-206 unten).

118. Der Gerichtshof stellt außerdem fest, dass das Verbot der Verlegung der Zivilbevölkerung der Besatzungsmacht, wie es in Artikel 49 Absatz 6 enthalten ist, nicht abhängig ist von der gewaltsamen Vertreibung der einheimischen Bevölkerung. Die Verlegung von Mitgliedern der Zivilbevölkerung der Besatzungsmacht in das besetzte Gebiet ist unabhängig davon verboten, ob sie zur Vertreibung der einheimischen Bevölkerung führt. Wie der Gerichtshof weiter unten prüfen wird, hat die Verlegung der israelischen Zivilbevölkerung ins Westjordanland und nach Ostjerusalem in jedem Fall zur Vertreibung der dort lebenden Palästinenser geführt (siehe Absätze 142-147).

119. Im Lichte des Vorstehenden ist der Gerichtshof der Auffassung, dass die Verlegung von Siedlern in das Westjordanland und nach Ostjerusalem durch Israel sowie die Aufrechterhaltung ihrer Anwesenheit dort gegen Artikel 49 Absatz 6 der Vierten Genfer Konvention verstoßen.

3. Beschlagnahme oder Enteignung von Grundstücken

120. Die Ausweitung der israelischen Siedlungen im Westjordanland und in Ostjerusalem basiert auf der Beschlagnahmung oder Requisition großer Landflächen. Nach Angaben der unabhängigen internationalen Untersuchungskommission wurden seit 1967 allein im Gebiet C über 2 Millionen Dunam (ca. 2.000 km²) enteignet, was mehr als einem Drittel des Westjordanlands entspricht[10]. Dazu gehören beträchtliche Landflächen, die als Privateigentum gelten würden, von Israel jedoch aufgrund einer selektiven Auslegung des zum Zeitpunkt der israelischen Besetzung geltenden Rechts zu Staatsland erklärt und damit für die öffentliche Nutzung bestimmt wurden[11]. Der Hohe Kommissar der Vereinten Nationen für Menschenrechte berichtet, dass fast das gesamte Staatsland zugunsten israelischer Siedlungen zugeteilt wurde[12].

121. In Ostjerusalem, wo Israel, wie der Gerichtshof weiter unten erläutern wird (siehe Absatz 138), sein  nationales Recht umfassend anwendet, wird die Konfiszierung palästinensischen Landes durch die Anwendung des  Gesetzes über das Eigentum abwesender Personen von 1950 ermöglicht. Dieses Gesetz erlaubt die Konfiszierung von  Eigentum, wenn sich der Eigentümer nach dem 27. November 1947 außerhalb des Gebiets befand. 

122. Gemäß Artikel 46 der Haager Landkriegsordnung muss Privateigentum respektiert werden und darf nicht konfisziert werden. Der Gerichtshof stellt fest, dass dieses Verbot der Konfiszierung von Privateigentum uneingeschränkt gilt: Es lässt keine Ausnahmen zu, weder aus militärischen Gründen noch aus anderen Gründen[13]. Darüber hinaus legt Artikel 52 der Haager Landkriegsordnung fest, dass von den Einwohnern keine Naturalien verlangt werden dürfen, außer für die Bedürfnisse der Besatzungsarmee. Öffentliches Immobilieneigentum wiederum wird von der Besatzungsmacht gemäß den Nutznießungsregeln nach Artikel 55 der Haager Landkriegsordnung verwaltet.  Nach Ansicht des Gerichtshofs bedeutet dies, dass die Besatzungsmacht die Pflicht hat, öffentliches Eigentum zum Nutzen der örtlichen Bevölkerung oder, ausnahmsweise, zur Befriedigung der Bedürfnisse der Besatzungsarmee zu verwalten. Im vorliegenden Fall jedoch kommt das für den Bau israelischer Siedlungen konfiszierte oder beschlagnahmte öffentliche Eigentum der Zivilbevölkerung der Siedler zugute und schadet der lokalen palästinensischen Bevölkerung. Der Gerichtshof kommt daher zu dem Schluss, dass diese Landpolitik nicht mit den Artikeln 46, 52 und 55 der Haager Landkriegsordnung vereinbar ist. 

123. Der Gerichtshof stellt fest, dass diese Schlussfolgerung mit der in seinem Gutachten zur Mauer getroffenen Schlussfolgerung übereinstimmt. In diesem Fall prüfte der Gerichtshof die rechtlichen Folgen der Praxis Israels, palästinensisches Land zu konfiszieren und zu beschlagnahmen, soweit diese mit dem Bau der Mauer durch Israel im besetzten palästinensischen Gebiet in Zusammenhang stand. Auf der Grundlage der ihm vorliegenden Informationen kam der Gerichtshof zu dem Schluss, dass der Bau der Mauer zur Zerstörung oder Beschlagnahme von Eigentum unter Bedingungen geführt hatte, die den Anforderungen der Artikel 46 und 52 der Haager Landkriegsordnung zuwiderliefen[14]. Wie der Gerichtshof in diesem Gutachten feststellte, war der gewundene Verlauf der Mauer so angelegt, dass er die große Mehrheit der israelischen Siedlungen im besetzten palästinensischen Gebiet in seine Grenzen einschloss[15]. Da der Bau der Mauer integraler Bestandteil der israelischen Siedlungspolitik ist, ist der Gerichtshof der Auffassung, dass die Schlussfolgerung, zu der er in seinem Gutachten zur Mauer in Bezug auf die Beschlagnahme oder Inbesitznahme von Land zum Zwecke des Mauerbaus gelangte, auch auf die Inbesitznahme von Land für alle Zwecke anwendbar ist, die die weitere Verfolgung der israelischen Siedlungspolitik unterstützen. Dazu gehören Land, das für den Bau israelischer Siedlungen genutzt wird, sowie „Nahtzonen“ (Gebiete zwischen der Mauer und der Grünen Linie von 1949), besondere Sicherheitsbereiche in der Nähe von Siedlungen und geschlossene militärische Schießzonen.

4. Ausbeutung natürlicher Ressourcen

124. Der Gerichtshof erinnert daran, dass die Besatzungsmacht nach dem in Artikel 55 der Haager Landkriegsordnung enthaltenen Grundsatz des Völkergewohnheitsrechts nur als Verwalter und Nutznießer der natürlichen Ressourcen im besetzten Gebiet, einschließlich, aber nicht beschränkt auf Wälder und landwirtschaftliche Grundstücke, angesehen wird und das „Kapital“ dieser Ressourcen „schützen“ muss. Daher darf die Nutzung der natürlichen Ressourcen durch die Besatzungsmacht nicht über das für die Zwecke der Besetzung erforderliche Maß hinausgehen. In diesem Zusammenhang stellt der Gerichtshof fest, dass die Besatzungsmacht weiterhin verpflichtet ist, sicherzustellen, dass die örtliche Bevölkerung ausreichend mit Nahrungsmitteln, einschließlich Wasser, versorgt ist[16]. Darüber hinaus muss die Nutzung der natürlichen Ressourcen im besetzten Gebiet nachhaltig sein und Umweltschäden vermeiden. Dies spiegelt sich in Grundsatz 23 der Rio-Erklärung über Umwelt und Entwicklung von 1992, die vorsieht, dass „die Umwelt und die natürlichen Ressourcen von Menschen unter … Besatzung geschützt werden sollen“[17].

125. Im Fall „Bewaffnete Aktivitäten auf dem Territorium des Kongo“ (Demokratische Republik Kongo gegen Uganda) wies der Gerichtshof auf die Bedeutung des Grundsatzes der dauerhaften Souveränität über die natürlichen Ressourcen gemäß dem Völkergewohnheitsrecht hin[18]. Der Gerichtshof stellte in diesem Fall fest, dass zwar mehrere Offiziere und Soldaten der ugandischen Volksverteidigungskräfte an der Plünderung und Ausbeutung der natürlichen Ressourcen der Demokratischen Republik Kongo beteiligt waren, es jedoch keine glaubwürdigen Beweise dafür gab, dass Uganda als Besatzungsmacht eine Regierungspolitik verfolgte, die auf die Ausbeutung der natürlichen Ressourcen der Demokratischen Republik Kongo gerichtet war[19]. Der Gerichtshof war der Ansicht, dass unter diesen Umständen der Grundsatz der dauerhaften Souveränität über die natürlichen Ressourcen nicht anwendbar sei[20]. Wenn jedoch eine Besatzungsmacht eine Politik der Ausbeutung der natürlichen Ressourcen im besetzten Gebiet verfolgt, die dem Besatzungsrecht zuwiderläuft, könnte diese Politik dem Grundsatz der dauerhaften Souveränität über die natürlichen Ressourcen zuwiderlaufen.

126. Der Gerichtshof stellt fest, dass Gebiet C reich an natürlichen Ressourcen ist[21]. Es gibt Beweise dafür, dass Israel diese natürlichen Ressourcen, darunter Wasser, Mineralien und andere natürliche Ressourcen, zum Nutzen seiner eigenen Bevölkerung ausbeutet, zum Nachteil oder sogar zum Ausschluss der lokalen palästinensischen Bevölkerung.

127. Nach den dem Gerichtshof vorliegenden Informationen stellte Israel nach Beginn der Besetzung im Jahr 1967 die Wasserressourcen im besetzten palästinensischen Gebiet unter seine militärische Kontrolle; anschließend, im Jahr 1982, übertrug Israel die Autorität über die Wasserressourcen im Westjordanland und Ostjerusalem an Mekorot, das israelische nationale Wasserversorgungsunternehmen[22].

128. Berichte der Vereinten Nationen bestätigen, dass Israel der Wasserversorgung der Siedlungen Vorrang einräumt, zum Nachteil der palästinensischen Gemeinden, die unter langen und häufigen Wasserausfällen leiden[23]. Israel hat den Palästinensern Beschränkungen für den Bau und die Instandhaltung von Wasseranlagen ohne militärische Genehmigung auferlegt und verhindert, dass Palästinenser auf den Jordan zugreifen und Wasser entnehmen können[24]. In der Praxis haben die Palästinenser also kaum Möglichkeiten, sich in großen Teilen des Westjordanlands Zugang zu Wasser zu verschaffen; stattdessen müssen sie Wasser in erhebliche Mengen aus Israel zu einem hohen Preis beziehen[25].

129. Aufgrund der israelischen Kontrolle und Verwaltung der Wasserressourcen im Westjordanland liegen sowohl die Menge als auch die Qualität des Wassers, zu dem die Palästinenser Zugang haben, weit unter den von der Weltgesundheitsorganisation empfohlenen Werten[26]. Der Ausschuss für wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte hat mit Besorgnis die Auswirkungen der israelischen Siedlungspolitik auf den Zugang der Palästinenser zu Wasser zur Kenntnis genommen[27].

130. Der unabhängigen internationalen Untersuchungskommission und der UNCTAD zufolge haben Israels Wasser- und Landpolitik zu einer Verringerung der landwirtschaftlichen Nutzfläche von 2,4 Millionen Dunam (ungefähr 2.400 Quadratkilometer) im Jahr 1980 auf rund 1 Million Dunam (ungefähr 1.000 Quadratkilometer) im Jahr 2010 geführt, während der Anteil der Landwirtschaft am Bruttoinlandsprodukt des besetzten palästinensischen Gebiets von 35 Prozent im Jahr 1972 auf 12 Prozent im Jahr 1995 und auf weniger als 4 Prozent im Jahr 2020 zurückging. Darüber hinaus hat die Ausweitung der Siedlungen und Industriegebiete zur Verschmutzung von Süß- und Grundwasser beigetragen. Die schwindenden Wasservorräte und die damit verbundene Umweltzerstörung haben den palästinensischen Agrarsektor schwer geschwächt und die Beschäftigungsmöglichkeiten verringert[28].

131. Die unabhängige internationale Untersuchungskommission stellte fest, dass 86 Prozent des an Mineralien reichen Jordantals und des Toten Meeres praktisch unter der Gerichtsbarkeit der Regionalräte der israelischen Siedlungen stünden und dass die Siedlungen auf Kosten der Palästinenser Mineralien abbauen und fruchtbares Ackerland bewirtschaften[29]. Der unabhängigen internationalen Untersuchungskommission zufolge hat Israel Bergbaukonzessionen für von Israel betriebene Steinbrüche in Gebiet C erteilt. Der größte Teil der geförderten Rohstoffe wird nach Israel transferiert[30]. Demgegenüber wird berichtet, dass Israel seit 1994 keine Steinbruchgenehmigungen mehr an palästinensische Unternehmen in Gebiet C erteilt hat[31].

132. Der Gerichtshof stellt fest, dass der Sicherheitsrat die Bedeutung der Gewährleistung des Schutzes der Wasserressourcen in den besetzten Gebieten betont hat[32]. Die Generalversammlung hat wiederholt gefordert, dass Israel „die Ausbeutung, Beschädigung, Verursachung von Verlust oder Erschöpfung und Gefährdung der natürlichen Ressourcen im besetzten palästinensischen Gebiet, einschließlich Ostjerusalem, einstellt“[33].

133. Auf der Grundlage der ihm vorliegenden Beweise ist der Gerichtshof der Auffassung, dass Israels Nutzung der natürlichen Ressourcen im besetzten palästinensischen Gebiet nicht mit seinen Verpflichtungen nach internationalem Recht vereinbar ist. Indem Israel einen großen Teil der natürlichen Ressourcen an seine eigene Bevölkerung, einschließlich der Siedler, umleitet, verstößt es gegen seine Verpflichtung, als Verwalter und Nutzungsrechteinhaber zu handeln. In diesem Zusammenhang erinnert der Gerichtshof daran, dass die Verlegung seiner eigenen Bevölkerung in das besetzte palästinensische Gebiet durch Israel gegen das Völkerrecht verstößt (siehe Absatz 119 oben). Daher kann nach Auffassung des Gerichtshofs die Nutzung der natürlichen Ressourcen im besetzten Gebiet nicht mit Bezug auf die Bedürfnisse dieser Bevölkerung gerechtfertigt werden. Der Gerichtshof ist ferner der Auffassung, dass Israel, indem es den Zugang der palästinensischen Bevölkerung zu Wasser, das im besetzten palästinensischen Gebiet verfügbar ist, stark einschränkt, nicht im Einklang mit den internationalen Verpflichtungen des Staates steht, mit seiner Verpflichtung, die Verfügbarkeit von Wasser in ausreichender Menge und Qualität sicherzustellen[34]. Der Gerichtshof stellt fest, dass das Oslo-II-Abkommen zwar Wasser und Abwasser im besetzten palästinensischen Gebiet regelt[35], dieses Abkommen jedoch nicht so verstanden werden kann, dass es Israels Verpflichtung nach dem humanitären Völkerrecht schmälert, Wasser in ausreichender Menge und Qualität bereitzustellen (siehe Absatz 102 oben). In Anbetracht des Vorstehenden kommt der Gerichtshof auch zu dem Schluss, dass Israels Politik der Ausbeutung der natürlichen Ressourcen im besetzten palästinensischen Gebiet nicht mit seiner Verpflichtung vereinbar ist, das Recht des palästinensischen Volkes auf dauerhafte Souveränität über die natürlichen Ressourcen zu respektieren.

5. Ausweitung des israelischen Rechts

134. Nach Artikel 43 der Haager Landkriegsordnung muss die Besatzungsmacht grundsätzlich das im besetzten Gebiet geltende Recht respektieren, sofern sie nicht absolut daran gehindert wird. Diese Regel wird ergänzt durch den zweiten Absatz von Artikel 64 der Vierten Genfer Konvention, der der Besatzungsmacht ausnahmsweise erlaubt, 

„die Bevölkerung des besetzten Gebiets den Bestimmungen zu unterwerfen, die für die Besatzungsmacht unerlässlich sind, um ihren Verpflichtungen aus dem [Vierten Genfer Abkommen] nachzukommen. Konvention, um die geordnete Regierung des Gebiets aufrechtzuerhalten und die Sicherheit der Besatzungsmacht, der Mitglieder und des Eigentums der Besatzungstruppen oder der Verwaltung sowie der von ihnen genutzten Einrichtungen und Kommunikationswege zu gewährleisten“. 

Das Besatzungsrecht entzieht den zivilen Institutionen der örtlichen Bevölkerung im besetzten Gebiet also grundsätzlich nicht die ihnen zustehenden Regulierungsbefugnisse. Vielmehr verleiht es der Besatzungsmacht ausnahmsweise und aus bestimmten, aufgezählten Gründen eine Reihe von Regulierungsbefugnissen.

135. Im vorliegenden Fall hat Israel seinen Rechtsraum im Westjordanland ausgeweitet. Die unabhängige internationale Untersuchungskommission erklärt:

„Seit Beginn der Besatzung hat Israel seinen Rechtsraum auf die Westbank ausgeweitet, was zu weitreichenden Änderungen des anwendbaren Rechts und in der Praxis zu zwei nebeneinander anwendbaren Rechtssystemen geführt hat: Militärrecht und israelisches nationales Recht, das extraterritorial ausgeweitet wurde, sodass es nur für israelische Siedler gilt. Dies wurde durch militärische Befehle, Gesetze und Entscheidungen des Obersten Gerichtshofs erreicht und umfasst das Strafrecht, das nationale Krankenversicherungsrecht, Steuergesetze und Wahlgesetze. Es gibt auch getrennte Rechtssysteme zur Durchsetzung der Verkehrsgesetze und eine institutionelle und gesetzgeberische Trennung im Planungs- und Bauwesen.“[36]

136. Israel hat sein Militärrecht weitgehend an die Stelle des lokalen Rechts gesetzt, das zu Beginn der Besetzung im Jahr 1967 in den besetzten palästinensischen Gebieten galt. Verstöße gegen das israelische Militärrecht werden von israelischen Militärgerichten und nicht von lokalen Zivil- oder Strafgerichten verhandelt. Darüber hinaus wenden die zuständigen israelischen Militärbehörden auf Siedler in der Praxis das für Zivilisten in Israel sowie für nichtisraelische Juden im Westjordanland geltende Recht an. Infolgedessen genießen Siedler im Westjordanland die Rechte und Privilegien der israelischen Staatsbürgerschaft sowie den Schutz der israelischen Gesetze und Sozialleistungen. Darüber hinaus unterliegen Siedler nicht israelischen Militärgerichten, sondern werden vor israelischen Zivilgerichten angeklagt. Palästinenser im Westjordanland unterliegen somit dem Militärrecht und den Militärgerichten, während Siedler vom Strafrecht und dem Strafjustizsystem profitieren, das für Zivilisten in Israel gilt.

137. Darüber hinaus haben regionale und lokale Siedlerräte de facto die Gerichtsbarkeit über die Siedlungen im Westjordanland übernommen[37]. Seit Ende 2022 hat Israel die Entscheidungsgewalt über zivile Angelegenheiten in Gebiet C vom Militär auf einen zivilen Minister im Verteidigungsministerium übertragen (siehe Absatz 156 unten).

138. In Ostjerusalem gilt seit Beginn der Besatzung im Jahr 1967 das israelische Recht. Mit seiner Regierungs- und Rechtsverfahrensverordnung (Nr. 11), 5727-1967, vom 28. Juni 1967 erklärte Israel, dass sein nationales Recht, seine Gerichtsbarkeit und Verwaltung auf Ostjerusalem anwendbar seien, dessen geografische Grenzen erweitert wurden. 1980 verabschiedete Israel ein Grundgesetz, das das „vollständige und vereinigte Jerusalem“ zur Hauptstadt Israels und zum Sitz seiner Regierung erklärte[38]. Dasselbe Gesetz untersagte die Übertragung jeglicher Macht in Bezug auf Jerusalem an „eine ausländische politische oder Regierungsmacht oder eine andere ähnliche ausländische Autorität, sei es dauerhaft oder für einen bestimmten Zeitraum“. Der Gerichtshof wird Israels Politik in Ostjerusalem sowie ihre Vereinbarkeit mit dem Völkerrecht weiter unten erörtern (siehe Absätze 163-165). Hier genügt die Feststellung, dass Israel Ostjerusalem aus der Perspektive des nationalen Rechts als sein eigenes Staatsgebiet betrachtet, auf dem das israelische Recht in vollem Umfang und unter Ausschluss jedes anderen nationalen Rechtssystems Anwendung findet.

139. Im vorliegenden Fall ist der Gerichtshof nicht davon überzeugt, dass die Ausweitung des israelischen Rechts auf das Westjordanland und Ostjerusalem mit einem der in Artikel 64 Absatz 2 der Vierten Genfer Konvention genannten Gründe gerechtfertigt ist. In diesem Zusammenhang erinnert der Gerichtshof daran, dass die Verlegung der israelischen Zivilbevölkerung in das Westjordanland und Ostjerusalem gegen die Vierte Genfer Konvention verstößt (siehe Absatz 119 oben); daher kann sie nicht als Grund für eine Regulierung in diesen Gebieten herangezogen werden. Darüber hinaus ist die umfassende Anwendung des israelischen Rechts in Ostjerusalem und seine Anwendung in Bezug auf die Siedler im gesamten Westjordanland für keinen der im zweiten Absatz von Artikel 64 der Vierten Genfer Konvention aufgezählten Zwecke als „essentiell“ [wesentlich anwendbar] anzusehen.

140. Die zwischen Israel und der PLO in den Osloer Abkommen getroffenen Vereinbarungen weisen in dieselbe Richtung. Insbesondere stellt der Gerichtshof fest, dass gemäß Artikel X Absatz 4 des Oslo-II-Abkommens „Israel weiterhin die Verantwortung für die äußere Sicherheit sowie die Verantwortung für die allgemeine Sicherheit der Israelis zum Schutz ihrer inneren Sicherheit und der öffentlichen Ordnung trägt“. Darüber hinaus heißt es gemäß Artikel XIII Absatz 2 (a) dieses Abkommens: „Israel trägt die vorrangige Verantwortung für die Sicherheit zum Schutz der Israelis und zur Bekämpfung der Bedrohung durch den Terrorismus“. Artikel XVII Absatz 4 (b) desselben Abkommens legt fest, dass in Bezug auf Gebiete, die nicht der territorialen Gerichtsbarkeit des durch dieses Abkommen eingerichteten Palästinensischen Rates unterliegen, „die israelische Militärregierung die erforderlichen legislativen, richterlichen und exekutiven Befugnisse und Verantwortlichkeiten im Einklang mit dem Völkerrecht behält“. Nichts in diesen Bestimmungen deutet darauf hin, dass sie die aufgezählten Befugnisse erweitern, die Israel nach dem Besatzungsrecht übertragen wurden. Im Gegenteil: Indem sie festlegen, dass Israel „weiterhin“ Pflichten erfüllen und einige Befugnisse „behalten“ soll, zielen diese Bestimmungen eindeutig darauf ab, einige der Befugnisse, die Israel unter dem Besatzungsrecht zugestanden wurden, zu erhalten, statt sie auszuweiten. Dies wird durch die Tatsache bestätigt, dass diese Bestimmungen Israels Befugnisse aus Gründen der Sicherheit und öffentlichen Ordnung anerkennen, also aus Gründen, die bereits unter dem Besatzungsrecht als zulässige Grundlage für Regelungen durch die Besatzungsmacht anerkannt sind.

Schließlich heißt es in Artikel XVII Absatz 4 (b) des Oslo-II-Abkommens ausdrücklich, dass Israel nur die „notwendigen“ und jedenfalls „im Einklang mit dem Völkerrecht“, einschließlich des Besatzungsrechts, bestehenden Befugnisse behält. Daraus folgt, dass sich Israel nicht auf die Oslo-Abkommen berufen kann, um seine Gerichtsbarkeit im besetzten palästinensischen Gebiet in einer Weise auszuüben, die im Widerspruch zu seinen Verpflichtungen nach dem Besatzungsrecht steht (siehe auch Absatz 102).

141. Aus diesen Gründen ist der Gerichtshof der Auffassung, dass Israel seine Regulierungsbefugnis als Besatzungsmacht in einer Weise ausgeübt hat, die im Widerspruch zu den Bestimmungen des Artikels 43 der Haager Landkriegsordnung und des Artikels 64 der Vierten Genfer Konvention steht.

6. Zwangsvertreibung der palästinensischen Bevölkerung

142. Der Gerichtshof wendet sich nun den Auswirkungen der israelischen Siedlungspolitik auf den Wegzug der palästinensischen Bevölkerung zu. In diesem Zusammenhang erinnert der Gerichtshof an seine Feststellung in der Wall Advisory Opinion, dass die israelische Siedlungspolitik zum Wegzug der palästinensischen Bevölkerung aus Gebieten des Westjordanlandes und Ostjerusalems beigetragen habe[39].

143. Der Gerichtshof stellt fest, dass die großflächige Enteignung von Land und der Entzug des Zugangs zu natürlichen Ressourcen die lokale Bevölkerung ihrer grundlegenden Lebensgrundlage beraubt und sie so zur Flucht veranlasst. Darüber hinaus hat eine Reihe von Maßnahmen der israelischen Streitkräfte den Druck auf die palästinensische Bevölkerung verstärkt, Teile des besetzten palästinensischen Gebiets gegen ihren Willen zu verlassen (siehe Absätze 180-229 unten). Berichte des Generalsekretärs der Vereinten Nationen, des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Menschenrechte und anderer Gremien der Vereinten Nationen dokumentieren, dass Israel jedes Jahr Hunderte von Palästinensern aus dem besetzten palästinensischen Gebiet vertreibt oder deportiert, meist als Folge der Zerstörung ihres Eigentums oder als Folge von Zonen- und Planungspolitiken und den damit verbundenen Umsiedlungsplänen. So hat beispielsweise der Generalsekretär der Vereinten Nationen berichtete, dass zwischen Juni 2022 und Mai 2023 mehr als tausend Palästinenser vertrieben wurden, nachdem die israelischen Behörden ihr Eigentum abgerissen, konfisziert oder versiegelt hatten[40]. Außerdem wurden zwischen April 2021 und März 2022 durch Abrisse über 700 Palästinenser vertrieben[41]. Darüber hinaus lehnte der Oberste Gerichtshof Israels im Mai 2022 Petitionen gegen Räumungsbefehle ab, die gegen etwa 1.150 palästinensische Bewohner eines von Israel als Schießzone ausgewiesenen Gebiets erlassen wurden[42]. Solche Praktiken setzen in Zukunft mehr Palästinenser der Gefahr einer Zwangsräumung aus. 

144. Der Gerichtshof weist darauf hin, dass gemäß Artikel 49 Absatz 1 der Vierten Genfer Konvention „einzelne oder Massenverbringungen sowie Deportationen geschützter Personen aus besetzten Gebieten in das Gebiet der Besatzungsmacht oder in das Gebiet eines anderen Landes, ob besetzt oder nicht, verboten sind, ungeachtet der Gründe“. Der Wortlaut dieser Bestimmung unterscheidet zwischen „Verbringungen“ einerseits und „Deportationen ... aus besetzten Gebieten in das Gebiet der Besatzungsmacht oder in das Gebiet eines anderen Landes“ andererseits. Nach der üblichen Bedeutung dieser Begriffe sind alle zwangsweisen Verbringungen geschützter Personen verboten, auch Verbringungen innerhalb der besetzten Gebiete. Diese Auslegung wird zum einen durch den Kontext der Bestimmung bestätigt, insbesondere durch Artikel 49 Absatz 2. Dieser Absatz stellt eine begrenzte Ausnahme von der im ersten Absatz festgelegten Regel dar. Gemäß dieser Ausnahme, auf die der Gerichtshof weiter unten zurückkommen wird (siehe Absatz 146), kann die Evakuierung eines bestimmten Gebiets gestattet werden, sie darf jedoch „nicht die Verlegung geschützter Personen außerhalb der Grenzen des besetzten Gebiets beinhalten, es sei denn, eine solche Verlegung lässt sich aus materiellen Gründen nicht vermeiden“. Darüber hinaus darf eine Evakuierung nur in zwei Ausnahmefällen angeordnet werden – wenn die Sicherheit der Bevölkerung oder zwingende militärische Gründe dies erfordern. Das Vorhandensein des zweiten Absatzes, der die Bedingungen festlegt, unter denen die Binnenverlegung der örtlichen Bevölkerung ausnahmsweise gestattet wird, weist darauf hin, dass eine solche Binnenverlegung in der Regel unter das Verbot fällt. Wäre dies nicht der Fall und Binnenverlegung unter allen Umständen zulässig, wäre die im zweiten Absatz von Artikel 49 verankerte Ausnahme hinfällig. Diese Lesart wird durch den Zweck des Verbots bestätigt – die familiären und sozialen Bindungen geschützter Personen zu bewahren. Solche Bindungen sind unabhängig vom Ziel der Verlegung gefährdet.

145. Der Zweck des Verbots zeigt nach Auffassung des Gerichtshofs auch, dass die Bestimmung eine besetzte Bevölkerung vor jeder unfreiwilligen Umsiedlung schützt. Die Vorarbeiten zur Vierten Genfer Konvention bestätigen, dass der Begriff „gewaltsam“ Umsiedlungen, die mit Zustimmung der geschützten Personen durchgeführt werden könnten, vom Anwendungsbereich des Verbots ausschließen sollte[43]. Folglich kann eine Überstellung „zwangsweise“ sein – und damit gemäß Artikel 49 Absatz 1 verboten –, nicht nur wenn sie durch den Einsatz physischer Gewalt erreicht wird, sondern auch wenn die betroffenen Personen keine andere Wahl haben, als das Land zu verlassen[44]. Das Fehlen physischer Gewalt schließt daher nicht aus, dass die fragliche Überstellung zwangsweise erfolgt.

146. Wie der Gerichtshof oben anmerkte, ist die Evakuierung eines Gebiets außerdem ausnahmsweise zulässig, wenn gemäß Artikel 49 Absatz 2 „die Sicherheit der Bevölkerung oder zwingende militärische Gründe dies erfordern“. Doch selbst in solchen Fällen sieht dieser Absatz vor, dass die evakuierten Personen „in ihre Heimat zurückgebracht werden, sobald die Feindseligkeiten in dem betreffenden Gebiet beendet sind“. Dies deutet darauf hin, dass Evakuierungen als vorübergehende Maßnahme konzipiert sind, die rückgängig gemacht werden soll, sobald die zwingenden militärischen Gründe nicht mehr bestehen. Im Gegensatz dazu verstoßen Evakuierungen dauerhafter oder unbefristeter Art gegen das Verbot der Zwangsumsiedlung. Sie fallen daher nicht unter die Ausnahmeregelung des Artikels 49 Absatz 2.

147. Der Gerichtshof ist der Auffassung, dass Israels Politik und Praxis, die er weiter unten ausführlicher erörtert (siehe Absätze 180-229), einschließlich seiner Zwangsräumungen, umfangreichen Hauszerstörungen und Beschränkungen des Aufenthalts und der Bewegungsfreiheit, den in Gebiet C lebenden palästinensischen Bevölkerungsmitgliedern oft keine andere Wahl lässt, als ihr Wohngebiet zu verlassen. Die Art der Handlungen Israels, einschließlich der Tatsache, dass Israel nach der Zerstörung palästinensischen Eigentums häufig Land konfisziert, um es israelischen Siedlungen zuzuweisen, weist darauf hin, dass seine Maßnahmen nicht vorübergehender Natur sind und daher nicht als zulässige Evakuierungen betrachtet werden können. Nach Auffassung des Gerichtshofs verstoßen Israels Politik und Praxis gegen das Verbot der Zwangsumsiedlung der geschützten Bevölkerung gemäß Artikel 49 Absatz 1 der Vierten Genfer Konvention.

7. Gewalt gegen Palästinenser

148. Der Gerichtshof stellt fest, dass die Siedlungspolitik Israels zu Gewalt durch Siedler und Sicherheitskräfte gegen Palästinenser geführt hat.

149. In diesem Zusammenhang erinnert der Gerichtshof daran, dass das Recht auf Leben der geschützten Personen in den besetzten Gebieten durch die in Artikel 46 der Haager Landkriegsordnung verankerte Regel garantiert wird. Diese Regel wird durch den ersten Absatz von Artikel 27 der Vierten Genfer Konvention ergänzt, der vorsieht, dass geschützte Personen mit Menschlichkeit behandelt und vor allen Drohungen und Gewalttaten geschützt werden. Darüber hinaus werden das Recht auf Leben und das Recht auf Schutz vor Gewalt durch Artikel 6 Absatz 1 und Artikel 7 des IPBPR garantiert.

150. Verschiedenen Berichten der Vereinten Nationen zufolge setzen Siedler die Palästinenser in den besetzten palästinensischen Gebieten häufig massiver Gewalt aus, ohne dass es den israelischen Behörden gelingt, diese Gewalt zu verhindern oder zu bestrafen[45].

151. Der Generalsekretär der Vereinten Nationen hat regelmäßig eine Zunahme der Häufigkeit und Schwere von Angriffen von Siedlern auf Palästinenser dokumentiert[46]. Israels Versäumnis, auf diese Gewalt zu reagieren wurde ebenfalls berichtet. Die unabhängige internationale Untersuchungskommission stellt fest, dass Israel zwar seine Pflicht zu bestätigen scheint, derartige Angriffe zu verhindern und zu bestrafen, es jedoch häufig versäumt, bei Siedlergewalt gegen Palästinenser einzugreifen[47]. Andere Berichte der Vereinten Nationen dokumentieren Vorfälle, bei denen bewaffnete Siedler Angriffe innerhalb palästinensischer Gemeinden verübten, manchmal in der Nähe der israelischen Sicherheitskräfte, die nicht eingreifen oder die Siedler bei ihren Angriffen sogar unterstützen[48]. Darüber hinaus wird berichtet, dass Israelis, die Palästinensern im Westjordanland Schaden zufügen, deutlich seltener angeklagt werden, als wenn ihr Opfer Nicht-Palästinenser ist[49]. Laut dem Menschenrechtsausschuss fördert der fehlende Zugang der Opfer zur Justiz und zu wirksamen Rechtsbehelfen ein „allgemeines Klima der Straflosigkeit“ im Falle von Siedlergewalt gegen Palästinenser[50].

152. Dem Gerichtshof vorliegende Beweise deuten darauf hin, dass israelische Sicherheitskräfte nach Angriffen von Siedlern oder im Rahmen palästinensischer Demonstrationen gegen den Siedlungsausbau mit unnötiger oder unverhältnismäßiger Gewalt gegen Palästinenser vorgehen. Die unabhängige internationale Untersuchungskommission hat mehrere Vorfälle gemeldet, bei denen israelische Sicherheitskräfte scharfe Munition eingesetzt haben, um Demonstrationen von Palästinensern niederzuschlagen, was zu Hunderten von Toten und Verletzten führte[51]. Laut einem Bericht des Generalsekretärs der Vereinten Nationen aus dem Jahr 2023 wurden Muster identifiziert…

„von israelischen Sicherheitskräften, die bei ihren Strafverfolgungsoperationen im Westjordanland militärische Taktiken anwenden … Die israelischen Sicherheitskräfte scheinen es versäumt zu haben, Schritte zu unternehmen, um Konfrontationssituationen zu deeskalieren oder sicherzustellen, dass potenziell tödliche Gewalt nur als letztes Mittel eingesetzt wird, wenn dies unbedingt erforderlich ist, um Leben zu schützen oder schwere Verletzungen durch eine unmittelbare Bedrohung zu verhindern.“[52]

Demselben Bericht zufolge wurden im Jahr 2022 im Westjordanland und in Ostjerusalem mehr Palästinenser getötet als in jedem anderen Jahr seit 2005 (ebd., Abs. 13).

153. Darüber hinaus wird berichtet, dass palästinensische Frauen und Mädchen geschlechtsbezogener Gewalt in Form von exzessivem Gewalteinsatz und Missbrauch, einschließlich physischem, psychischem und verbalem Missbrauch und sexueller Belästigung, durch israelische Sicherheitskräfte und Siedler ausgesetzt sind[53].

154. Der Gerichtshof ist der Auffassung, dass die Gewalt der Siedler gegen Palästinenser, Israels Versäumnis, sie wirksam zu verhindern oder zu bestrafen, und Israels exzessive Gewaltanwendung gegen Palästinenser zur Schaffung und Aufrechterhaltung eines Umfeldes des Zwangs gegen Palästinenser beitragen. Im vorliegenden Fall ist der Gerichtshof auf der Grundlage der ihm vorliegenden Beweise der Ansicht, dass Israels systematisches Versäumnis, Angriffe der Siedler auf das Leben oder die körperliche Unversehrtheit von Palästinensern zu verhindern oder zu bestrafen, sowie Israels exzessive Gewaltanwendung gegen Palästinenser mit den in Absatz 149 oben genannten Verpflichtungen unvereinbar ist.

8. Schlussfolgerung zur israelischen Siedlungspolitik

155. Im Lichte des Vorstehenden bekräftigt der Gerichtshof, dass die israelischen Siedlungen im Westjordanland und in Ostjerusalem sowie das mit ihnen verbundene Regime unter Verletzung des Völkerrechts errichtet wurden und aufrechterhalten werden[54].

156. Der Gerichtshof nimmt mit großer Sorge Berichte zur Kenntnis, denen zufolge die Siedlungspolitik Israels seit dem Gutachten des Gerichtshofs zur Mauer ausgeweitet wurde. Insbesondere genehmigte das israelische Parlament im Dezember 2022 die Einrichtung eines zusätzlichen Ministers im Verteidigungsministerium, der mit Regierungsbefugnissen im Westjordanland ausgestattet ist, darunter Landzuweisungen, Planung und Koordinierung von Abrissarbeiten, was den Genehmigungsprozess für neue Siedlungen beschleunigen würde. Außerdem wurde die Größe der bestehenden israelischen Siedlungen vom 1. November 2022 bis zum 31. Oktober 2023 erheblich erweitert. Der Bau von etwa 24.300 Wohneinheiten in bestehenden israelischen Siedlungen im Westjordanland wurde vorangetrieben oder genehmigt, darunter etwa 9.670 in Ostjerusalem[55].

C. Die Frage der Annexion des besetzten palästinensischen Gebiets

157. Der Gerichtshof stellt fest, dass sich die von der Generalversammlung gestellte Frage teilweise auf die rechtlichen Konsequenzen bezieht, die sich aus der angeblichen Annexion des besetzten palästinensischen Gebiets durch Israel ergeben. Um diesen Aspekt der Frage zu beantworten, muss der Gerichtshof zunächst den Begriff „Annexion“ analysieren. Zweitens wird der Gerichtshof Israels Politik und Praktiken untersuchen, um festzustellen, ob sie einer Annexion gleichkommen. Schließlich wird der Gerichtshof die Rechtmäßigkeit der Politik und Praktiken Israels erörtern (siehe Absatz 74 oben). 

1. Der Begriff der Annexion

158. Unter dem Begriff „Annexion“ versteht der Gerichtshof im vorliegenden Zusammenhang die gewaltsame Übernahme des von der Besatzungsmacht besetzten Gebiets, d. h. dessen Integration in das Hoheitsgebiet der Besatzungsmacht. Annexion setzt also die Absicht der Besatzungsmacht voraus, eine dauerhafte Kontrolle über das besetzte Gebiet auszuüben. 

159. Der Gerichtshof erinnert in diesem Zusammenhang daran, dass die Kontrolle der Besatzungsmacht über das besetzte Gebiet nach dem Besatzungsrecht vorübergehender Natur sein muss. Das Gesetz basiert daher auf dem Grundsatz, dass die Besatzungsmacht den Status quo ante im besetzten Gebiet aufrechterhält. Dies zeigt sich inter alia [unter anderem] an der begrenzten Machtbefugnis der Besatzungsmacht, von denen einige oben erörtert wurden (siehe Absätze 104-110 und 134). Unabhängig von den Umständen, unter denen die Besetzung zustande kam, kann die Tatsache der Besetzung allein der Besatzungsmacht keinen Souveränitätsanspruch verleihen. Folglich kann ein Verhalten der Besatzungsmacht, das die Absicht erkennen lässt, eine dauerhafte Kontrolle über das besetzte Gebiet auszuüben, auf einen Akt der Annexion hindeuten.

160. Die Behauptung der Besatzungsmacht, die Kontrolle über das besetzte Gebiet dauerhaft zu behalten, kann sich auf verschiedene Weise manifestieren. In diesem Zusammenhang stellt der Gerichtshof fest, dass gelegentlich, auch von einigen Teilnehmern dieses Verfahrens, zwischen einer Annexion „de jure“ und einer Annexion „de facto“ unterschieden wird. Dieser Unterscheidung zufolge besteht die Annexion „de jure “ in der förmlichen Erklärung der Souveränität über das besetzte Gebiet durch die Besatzungsmacht, während die Annexion „de facto“ Handlungen ohne förmliche Erklärung umfasst, die vor Ort „vollendete Tatsachen“ schaffen und die dauerhafte Kontrolle der Besatzungsmacht über das besetzte Gebiet festigen. Obwohl sich die Annexionsmethoden unterscheiden, verfolgen beide Arten der Annexion dasselbe Ziel – die Behauptung einer dauerhaften Kontrolle über das besetzte Gebiet.

161. Vor diesem Hintergrund muss der Gerichtshof prüfen, ob Israel durch sein Verhalten eine dauerhafte Kontrolle über das besetzte palästinensische Gebiet etabliert, und zwar in einer Weise, die einer Annexion gleichkäme.

2. Handlungen Israels, die einer Annexion gleichkommen

162. Die große Mehrheit der Teilnehmer argumentierte, dass die Politik und Praxis Israels einer Annexion zumindest eines Teils des besetzten palästinensischen Gebiets gleichkäme. In diesem Zusammenhang verwiesen die meisten Teilnehmer auf den fortgesetzten Bau der Mauer im Westjordanland, die Errichtung von Siedlungen und Außenposten sowie den Bau der entsprechenden Infrastruktur. Einige Teilnehmer argumentierten auch, dass Aussagen israelischer Beamter über mehrere Jahrzehnte hinweg zeigten, dass Israel beabsichtigt, dauerhaft Souveränität über weite Teile des besetzten palästinensischen Gebiets auszuüben, und dass es seine Besetzung nicht als vorübergehend betrachtet.

163. Der Gerichtshof prüft zunächst Israels Politik und Praxis in Bezug auf Ostjerusalem. Wie der Gerichtshof oben anmerkte, wendet Israel in Ostjerusalem seit der Besetzung im Jahr 1967 sein nationales Recht an. 1980 erließ Israel eine nationale Gesetzgebung in Form eines Grundgesetzes, das Ostjerusalem zu einem Teil seiner Hauptstadt erklärte (siehe Absatz 138). Ein weiteres Grundgesetz mit dem Titel „Israel – der Nationalstaat des jüdischen Volkes“, das 2018 in Kraft trat, bekräftigt, dass „das vollständige und vereinigte Jerusalem die Hauptstadt Israels ist“. Israel hat behauptet, Ostjerusalem sei Teil seines Territoriums, wie die Mitteilung der israelischen Regierung an den Generalsekretär der Vereinten Nationen beweist, wonach „Jerusalem in keinem Teil ‚besetztes Gebiet‘ ist; es ist die souveräne Hauptstadt des Staates Israel“[56]. Das Gesetz über das Eigentum abwesender Personen von 1950 (siehe Abs. 121 oben) hat die Beschlagnahmung von „Eigentum abwesender Personen“ und dessen Verwendung für die Ausweitung israelischer Siedlungen innerhalb und um die historischen Grenzen der Stadt erleichtert. Die unabhängige internationale Untersuchungskommission berichtet, dass „über ein Drittel Ostjerusalems für den Bau israelischer Siedlungen enteignet wurde und nur 13 Prozent des annektierten Gebiets derzeit für palästinensische Bauvorhaben ausgewiesen sind“[57]. Darin heißt es weiter, dass etwa 230.000 Menschen in 14 Siedlungen in Ostjerusalem leben[58].

164. Israel hat Maßnahmen ergriffen, um die Infrastruktur Ostjerusalems mit der Westjerusalems zu verbinden, insbesondere durch den Bau eines einheitlichen öffentlichen Verkehrsnetzes. Gleichzeitig dienen andere Maßnahmen dazu, Ostjerusalem vom Westjordanland zu trennen. Zu den wichtigsten dieser Maßnahmen zählt der Bau der Mauer, deren rechtliche Folgen der Gerichtshof bereits geprüft hat[59]. Der Generalsekretär der Vereinten Nationen, die Unabhängige Internationale Untersuchungsmission und der Hohe Kommissar der Vereinten Nationen für Menschenrechte sind sich einig, dass die Mauer und das damit verbundene Siedlungsregime, wie sie in Ost-Jerusalem umgesetzt werden, die Trennung Ost-Jerusalems vom Westjordanland zur Folge haben[60]. 

165. Der Gerichtshof ist der Auffassung, dass die Maßnahmen Israels in Ostjerusalem ein unwirtliches Umfeld für die palästinensische Bevölkerung schaffen. Da Israel Ostjerusalem als sein eigenes Territorium behandelt, betrachtet es die dort lebenden Palästinenser als Ausländer und verlangt von ihnen, dass sie über eine gültige Aufenthaltserlaubnis verfügen (siehe Ziffern 192-197). Nach israelischem Recht gibt es außerdem ein Baugenehmigungssystem, dessen Verletzung den Abriss im Eilverfahren sowie hohe Geldstrafen zur Folge hat (siehe Ziffern 214-217 unten). Im Jahr 2019 erklärte der Generalsekretär der Vereinten Nationen, dass mindestens ein Drittel aller palästinensischen Häuser in Ostjerusalem keine von Israel ausgestellte Baugenehmigung besitze. in der Folge waren über 100.000 Einwohner der Gefahr der Zerstörung ihrer Häuser und der Zwangsumsiedlung ausgesetzt[61]. Darüber hinaus begann Israel 2018 mit einem Prozess zur Regelung von Landtiteln in Ostjerusalem, im Rahmen dessen Landbesitzansprüche geprüft und endgültig im israelischen Grundbuch eingetragen werden. Laut dem Generalsekretär der Vereinten Nationen wird Israels Prozess der Landbesitzregistrierung in Gebieten der israelischen Siedlungsexpansion fortgeführt, was die israelische Kontrolle über zusätzliches Territorium in Ostjerusalem ausweiten würde[62]. Alle diese Maßnahmen üben Druck auf die Palästinenser in Ostjerusalem aus, die Stadt zu verlassen.

166. Was die Siedlungspolitik Israels im Westjordanland betrifft, stellt der Gerichtshof fest, dass der Staat Israel gemäß dem Grundgesetz von 2018 (siehe Absatz 163 oben) „die Entwicklung jüdischer Siedlungen als nationalen Wert betrachtet und ihre Errichtung und Konsolidierung fördern und unterstützen wird“. Wie oben erwähnt, wurden bereits beträchtliche Landflächen zum Staatsland erklärt und zugunsten israelischer Siedlungen zugeteilt (siehe Absatz 120). Palästinensische Bautätigkeit ist in 70 Prozent des Gebiets C vollständig verboten und in den verbleibenden 30 Prozent des Gebiets stark eingeschränkt; weniger als 1 Prozent des Gebiets C steht den Palästinensern für den Bau von Wohnungen und Infrastruktur zur Verfügung[63]. Die Wachstumsrate der Siedlerbevölkerung im Westjordanland scheint deutlich höher als die der Bevölkerung in Israel und der palästinensischen Bevölkerung im Westjordanland[64].

167. Der Gerichtshof stellt fest, dass die fortgesetzte Ausweitung der Siedlungen in Gebiet C die zivile und militärische Präsenz Israels in dem Gebiet erhöht und die palästinensische Bevölkerung in andere Gebiete des Westjordanlandes drängt. Dies fördert zusammen mit dem mit den Siedlungen verbundenen Infrastrukturregime die Integration großer Gebiete des Westjordanlandes in das Territorium Israels. In seinem Gutachten über den Bau der Mauer stellte der Gerichtshof fest, dass die Mauer, die damals im Bau war und seitdem weiter ausgebaut wurde, die zukünftige Grenze zwischen Israel und Palästina vorwegnehmen und Israel bei der Integration von Siedlungen in sein eigenes Territorium unterstützen könnte[65]. Nach Auffassung des Gerichtshofs gilt das Gleiche für Israels Politik, die Infrastruktur des Westjordanlands, einschließlich des Straßennetzes, in die Israels zu integrieren, was zu einer Verflechtung der Siedlungen des Westjordanlands mit Israel in einem zusammenhängenden Gebiet führt und die übrigen Gebiete des Westjordanlands fragmentiert (siehe Abs. 200). Diese Maßnahmen sind auf unbestimmte Zeit angelegt, was sich daran zeigt, dass sie nicht leicht rückgängig gemacht werden können.

168. In diesem Zusammenhang nimmt der Gerichtshof den Bericht der unabhängigen internationalen Untersuchungskommission zur Kenntnis, die im Jahr 2022 feststellte:

„Israel betrachtet die Besatzung als eine dauerhafte Einrichtung und hat – im Grunde genommen – Teile des Westjordanlands annektiert, während es versucht, sich hinter einer Fiktion der Vorübergehenden zu verstecken. Zu den Handlungen Israels, die eine faktische Annexion darstellen, gehören die Enteignung von Land und natürlichen Ressourcen, die Errichtung von Siedlungen und Außenposten, die Aufrechterhaltung eines restriktiven und diskriminierenden Planungs- und Bauregimes für Palästinenser und die extraterritoriale Ausweitung des israelischen Rechts auf israelische Siedler im Westjordanland.“[66].

169. Die Vertreibung der einheimischen Bevölkerung aus den besetzten Gebieten, die Israels Siedlungspolitik unterstützt, fördert auch die Integration des Gebiets. Wie der Gerichtshof oben erörterte (siehe Absätze 142-147), führen Israels Politik und Praktiken zum Wegzug der palästinensischen Bevölkerung aus Teilen des besetzten palästinensischen Gebiets, insbesondere aus Ostjerusalem und Gebiet C im Westjordanland. Dies wiederum ermöglicht die weitere Ausweitung der israelischen Siedlungspolitik und die schnelle Integration des palästinensischen Gebiets in Israel. Der Gerichtshof erinnert auch daran, dass Israels Praxis der Ausbeutung der natürlichen Ressourcen im Westjordanland nicht mit dem Recht des palästinensischen Volkes auf dauerhafte Souveränität über die natürlichen Ressourcen vereinbar ist (siehe Absatz 133 oben).

170. Israels Ausweitung seines nationalen Rechts auf das Westjordanland, insbesondere auf die Siedlungen und die Siedler (siehe Absätze 134-141 oben), sowie seine Übernahme umfassenderer Regulierungsbefugnisse aufgrund des anhaltenden Charakters der Besetzung festigen seine Kontrolle über das besetzte Gebiet. Israel hat auch Schritte unternommen, um das Westjordanland in sein eigenes Territorium einzugliedern. In dieser Hinsicht nimmt der Gerichtshof zur Kenntnis, dass Israel im Jahr 2023 Befugnisse, einschließlich der Landzuweisung, der Planung und Koordinierung von Abrissarbeiten, an eine zivile Verwaltung im Verteidigungsministerium übertragen hat. (siehe auch Absatz 156 oben). Dies steht im Einklang mit den Leitprinzipien der israelischen Regierung von 2022, in dem die Formulierung und Förderung einer Politik zur „Ausübung der Souveränität“ über das Westjordanland angekündigt wurde[67].

171. Der Generalsekretär der Vereinten Nationen erklärte in seinem Bericht an die Generalversammlung von 2023 über israelische Siedlungen,

„aufeinanderfolgende israelische Regierungen haben konsequent eine Politik der Siedlungsausweitung und der Übernahme palästinensischen Landes vorangetrieben und umgesetzt. Die Politik der gegenwärtigen Regierung in dieser Hinsicht ist in beispiellosem Ausmaß auf die Ziele der israelischen Siedlerbewegung ausgerichtet, die langfristige Kontrolle über das besetzte Westjordanland, einschließlich Ostjerusalem, auszuweiten und diese Gebiete in der Praxis weiter in das Territorium des Staates Israel zu integrieren.“[68]

172. In seinem Gutachten zur Mauer ging der Gerichtshof wie folgt auf die Frage ein, ob der Bau der Mauer im besetzten palästinensischen Gebiet einem Akt der Annexion gleichkam:

„Der Gerichtshof nimmt die Zusicherung Israels zur Kenntnis, dass der Bau der Mauer keine Annexion darstellt und vorübergehender Natur ist. Dennoch kann der Gerichtshof nicht gleichgültig gegenüber gewissen ihm gegenüber geäußerten Befürchtungen bleiben, dass der Verlauf der Mauer die zukünftige Grenze zwischen Israel und Palästina vorwegnehmen würde, sowie gegenüber der Befürchtung, dass Israel die Siedlungen und ihre Zugangsmöglichkeiten integrieren könnte. Der Gerichtshof ist der Auffassung, dass der Bau der Mauer und des damit verbundenen Regimes vor Ort vollendete Tatsachen schaffen, die durchaus dauerhaft werden könnten, in welchem Fall dies, ungeachtet der formellen Charakterisierung der Mauer durch Israel, einer faktischen Annexion gleichkäme.“[69]

Tatsächlich handelt es sich bei politischen Strategien, Praktiken oder anderen Maßnahmen, die dazu dienen, das besetzte Gebiet dauerhaft unter die Kontrolle der Besatzungsmacht zu bringen, um Annexionsakte.

173. Angesichts des Vorstehenden ist der Gerichtshof der Auffassung, dass Israels Politik und Praktiken, einschließlich der Aufrechterhaltung und Ausweitung von Siedlungen, des Baus der damit verbundenen Infrastruktur, einschließlich der Mauer, der Ausbeutung natürlicher Ressourcen, der Proklamation Jerusalems als Hauptstadt Israels, der umfassenden Anwendung des israelischen nationalen Rechts in Ostjerusalem und seiner umfassenden Anwendung im Westjordanland, Israels Kontrolle über das besetzte palästinensische Gebiet, insbesondere über Ostjerusalem und Gebiet C des Westjordanlands, festigen. Diese Politik und Praktiken sind darauf ausgelegt, auf unbestimmte Zeit in Kraft zu bleiben und vor Ort irreversible Auswirkungen zu haben. Folglich ist der Gerichtshof der Auffassung, dass diese Politik und Praktiken einer Annexion großer Teile des besetzten palästinensischen Gebiets gleichkommen.

3. Das Verbot der gewaltsamen Gebietseroberung

174. Viele Teilnehmer argumentierten, dass eine kriegerische Besetzung in keiner Weise als Grundlage für den Erwerb von Gebieten dienen könne. Sie übertrage der Besatzungsmacht weder Anspruch auf das besetzte Gebiet noch lösche sie den rechtmäßigen Anspruch.

175. Die Annexion eines besetzten Gebietes durch eine Besatzungsmacht ist ungesetzlich. Unter dem Grundsatz, der in Artikel 2 Absatz 4 der Charta der Vereinten Nationen verankert ist, sollen,

„sich alle Mitglieder in ihren internationalen Beziehungen der Androhung oder Anwendung von Gewalt, die gegen die territoriale Unversehrtheit oder die politische Unabhängigkeit eines Staates gerichtet ist oder die in irgendeiner anderen Weise mit den Zielen der Vereinten Nationen unvereinbar ist, enthalten.“

Die Resolution 2625 (XXV) vom 24. Oktober 1970 mit dem Titel „Erklärung über die Grundsätze des Völkerrechts bezüglich freundschaftlicher Beziehungen und Zusammenarbeit zwischen Staaten gemäß der Charta der Vereinten Nationen“ betonte in Bezug auf diesen Grundsatz: „Kein Gebietserwerb, der aus der Androhung oder Anwendung von Gewalt resultiert, wird als legal anerkannt“[70]. Wie der Gerichtshof bestätigt hat, ist das Verbot des Gebietserwerbs, der aus der Androhung oder Anwendung von Gewalt resultiert, als Folge des Verbots der Androhung oder Anwendung von Gewalt ein Grundsatz des Völkergewohnheitsrechts[71].

176. In diesem Zusammenhang stellt der Gerichtshof fest, dass das Verbot der gewaltsamen Gebietsaneignung vom Sicherheitsrat in seiner Resolution 242 (1967) vom 22. November 1967 (siehe Absatz 58 oben) betont wurde. Der Sicherheitsrat bekräftigte diesen Grundsatz in Resolution 252 (1968) vom 21. Mai 1968, in der er zudem erklärte, dass „alle von Israel ergriffenen gesetzgeberischen und administrativen Maßnahmen und Handlungen, einschließlich der Enteignung von Land und darauf befindlichem Eigentum, die darauf abzielen, den Rechtsstatus Jerusalems zu ändern, ungültig sind und diesen Status nicht ändern können“. Der Sicherheitsrat hat diesen Grundsatz seither in mehreren Resolutionen bekräftigt, die sich mit der angeblichen Annexion arabischer und palästinensischer Gebiete durch Israel befassten[72]. In seiner Resolution 2334 (2016) vom 23. Dezember 2016 stellte der Sicherheitsrat kürzlich fest:

„Die Errichtung von Siedlungen durch Israel in den seit 1967 besetzten palästinensischen Gebieten, einschließlich Ostjerusalem, hat keine Rechtsgültigkeit und stellt einen eklatanten Verstoß gegen das Völkerrecht sowie ein großes Hindernis für die Verwirklichung der Zweistaatenlösung und eines gerechten, dauerhaften und umfassenden Friedens dar[73].

In derselben Resolution betonte der Sicherheitsrat, dass er „keine Änderungen der Grenzen vom 4. Juni 1967, auch in Bezug auf Jerusalem, anerkennen werde, außer denjenigen, die von den Parteien im Verhandlungswege vereinbart wurden“.

177. Der Grundsatz des Verbots der gewaltsamen Gebietseroberung wurde von der Generalversammlung in mehreren Resolutionen zur Lage im besetzten palästinensischen Gebiet ebenfalls bekräftigt. So betont sie in ihrer Resolution 77/126 vom 12. Dezember 2022 dass „die Besetzung eines Gebiets eine vorübergehende, faktische Situation sein soll, in der die Besatzungsmacht weder Besitzansprüche erheben noch ihre Souveränität über das von ihr besetzte Gebiet ausüben kann“. In diesem Zusammenhang wird auch daran erinnert:

„Der Grundsatz der Unzulässigkeit der gewaltsamen Landnahme und damit die Illegalität der Annexion jeglichen Teils des besetzten palästinensischen Gebiets, einschließlich Ostjerusalems, stellt einen Verstoß gegen das Völkerrecht dar, untergräbt die Durchführbarkeit der Zweistaatenlösung und stellt die Aussichten auf eine gerechte, dauerhafte und umfassende Friedensregelung in Frage“[74].

178. Der Gerichtshof nimmt das Argument zweier Teilnehmer des vorliegenden Verfahrens zur Kenntnis, wonach Israels „tiefe historische Bindungen und eigene gültige Ansprüche“ auf das Gebiet, das es jetzt besetzt, durch die Formulierung der Frage selbst außer Acht gelassen worden seien. Der Gerichtshof stellt erstens fest, dass er nicht dazu berufen ist, sich zu historischen Ansprüchen in Bezug auf das besetzte palästinensische Gebiet zu äußern; und zweitens, dass dem Gerichtshof keine Informationen zur Untermauerung solcher Ansprüche vorgelegt wurden. In jedem Fall bedeutet das Verbot der gewaltsamen Gebietseroberung, dass die Anwendung von Gewalt kein Mittel zur Lösung von Souveränitätsansprüchen ist.

179. Der Gerichtshof hat festgestellt, dass die Politik und Praxis Israels einer Annexion großer Teile des besetzten palästinensischen Gebiets gleichkommt. Nach Auffassung des Gerichtshofs verstößt der Versuch, Souveränität über ein besetztes Gebiet zu erlangen, wie die Politik und Praxis Israels in Ostjerusalem und im Westjordanland zeigen, gegen das Verbot der Anwendung von Gewalt in den internationalen Beziehungen und den daraus folgenden Grundsatz der Nichtaneignung von Gebieten durch Gewalt. Die Art und Weise, in der sich die Annexion auf den Rechtsstatus der Besetzung und damit auf die Rechtmäßigkeit der fortgesetzten Präsenz Israels auswirkt, wird weiter unten erörtert (siehe Absätze 252-254).

D. Die Frage diskriminierender Gesetze und Maßnahmen

180. Ein weiterer Aspekt der von der Generalversammlung gestellten Frage (a) betrifft die rechtlichen Konsequenzen, die sich aus Israels „Verabschiedung entsprechender diskriminierender Gesetze und Maßnahmen“ ergeben. Wie oben angemerkt (siehe Absatz 74), muss der Gerichtshof selbst feststellen, ob die in der Anfrage der Generalversammlung genannten Gesetze und Maßnahmen diskriminierend sind. Die Formulierungen dieses Aspekts der Frage lassen im Kontext nicht darauf schließen, dass die Generalversammlung die Meinung des Gerichtshofs zu allen angeblich im besetzten palästinensischen Gebiet stattfindenden Menschenrechtsverletzungen einholen möchte. Vielmehr ist der Umfang der Untersuchung der Generalversammlung in viererlei Hinsicht begrenzt.

181. Erstens betrifft die Frage die Gesetze und Maßnahmen Israels nur insoweit, als sie mit den oben diskutierten politischen Maßnahmen und Praktiken in Zusammenhang stehen. Gemäß den Bestimmungen der Frage (a) wird der Gerichtshof seine Analyse daher auf Gesetze und Maßnahmen beschränken, die eng mit den oben diskutierten politischen Maßnahmen und Praktiken verknüpft sind.

182. Zweitens betrifft die Frage die Gesetze und Maßnahmen Israels nur insoweit, als sie im besetzten palästinensischen Gebiet Anwendung finden. Der Gerichtshof ist daher nicht aufgerufen, sich dazu zu äußern, ob die Gesetze und Maßnahmen Israels außerhalb des besetzten palästinensischen Gebiets, einschließlich auf Israels eigenem Gebiet, diskriminierend sind.

183. Drittens beschränkt sich die Frage auf den potenziell diskriminierenden Charakter der israelischen Gesetze und Maßnahmen. Aufgabe des Gerichtshofs ist es daher zu prüfen, ob die von Israel im Zusammenhang mit den oben genannten politischen Maßnahmen und Praktiken erlassenen Gesetze oder ergriffenen Maßnahmen zu Diskriminierung führen. Der Gerichtshof wird im Folgenden sein Verständnis des Diskriminierungsbegriffs im Rahmen dieses Gutachtens erörtern (siehe Ziffern 185-191).

184. Viertens, wie oben erwähnt, wird der Gerichtshof durch die Frage nicht aufgefordert, alle spezifischen Gesetze und Maßnahmen Israels zu prüfen oder festzustellen, ob ihre Anwendung in Einzelfällen seit Beginn der Besatzung im Jahr 1967 diskriminierenden Charakter hatte (siehe Absatz 77). Der Gerichtshof ist der Auffassung, dass seine Aufgabe gemäß der ihm gestellten Frage darin besteht, zu prüfen, ob Israel diskriminierende Gesetze erlassen oder diskriminierende Maßnahmen systematischen Charakters ergriffen hat.

2. Der Begriff der Diskriminierung

185. Der Gerichtshof stellt fest, dass das Verbot der Diskriminierung bei der Wahrnehmung der Menschenrechte und Grundfreiheiten zu den Zielen der Vereinten Nationen gehört. Nach Artikel 1 Absatz 3 der Charta der Vereinten Nationen besteht eines der Ziele der Vereinten Nationen darin, „eine internationale Zusammenarbeit herbeizuführen ... um die Achtung vor den Menschenrechten und Grundfreiheiten für alle ohne Unterschied der Rasse, des Geschlechts, der Sprache oder der Religion zu fördern und zu stärken“. Die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte besagt auch      

„Jeder hat Anspruch auf alle in dieser Erklärung verkündeten Rechte und Freiheiten ohne irgendeinen Unterschied, etwa nach Rasse, Hautfarbe, Geschlecht, Sprache, Religion, politischer oder sonstiger Anschauung, nationaler oder sozialer Herkunft, Vermögen, Geburt oder sonstigem Stand. Darüber hinaus darf kein Unterschied gemacht werden auf Grund der politischen, rechtlichen oder internationalen Stellung des Landes oder Gebiets, dem eine Person angehört, gleichgültig, ob dieses unabhängig ist, unter Treuhandschaft steht, keine Selbstregierung besitzt oder sonst in seiner Souveränität eingeschränkt ist.“[75]    

186. Bestimmte Formen der Diskriminierung sind nach dem humanitären Völkerrecht verboten. So heißt es beispielweise im dritten Absatz des Artikels 27 der Vierten Genfer Konvention:

„Unbeschadet der Bestimmungen hinsichtlich ihres Gesundheitszustands, ihres Alters und ihres Geschlechts, sollen alle geschützten Personen von der am Konflikt beteiligten Partei, in deren Gewalt sie sich befinden, mit der gleichen Rücksicht behandelt werden, ohne jede Benachteiligung, insbesondere auf Grund der Rasse, der Religion oder der politischen Anschauungen.“ 

187. Mehrere im vorliegenden Fall anwendbare Menschenrechtsinstrumente verbieten Diskriminierung.

Artikel 2 Absatz 1 des IPBPR bestimmt:

„Jeder Vertragsstaat dieses Pakts verpflichtet sich, die in diesem Pakt anerkannten Rechte zu achten und allen Personen, die sich in seinem Hoheitsgebiet aufhalten und seiner Gerichtsbarkeit unterliegen, ohne irgendeine Unterscheidung, etwa nach Rasse, Hautfarbe, Geschlecht, Sprache, Religion, politischer oder sonstiger Anschauung, nationaler oder sozialer Herkunft, Vermögen, Geburt oder sonstigem Status, zu gewährleisten.“

Artikel 26 des Pakts besagt:

„Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich und haben ohne Diskriminierung Anspruch auf gleichen Schutz durch das Gesetz. In dieser Hinsicht soll das Gesetz jede Diskriminierung verbieten und allen Menschen gleichen und wirksamen Schutz vor Diskriminierung aus Gründen der Rasse, der Hautfarbe, des Geschlechts, der Sprache, der Religion, der politischen oder sonstigen Anschauung, der nationalen oder sozialen Herkunft, des Vermögens, der Geburt oder des sonstigen Status garantieren.“

Artikel 4 des ICCPR[76] erlaubt es den Vertragsstaaten, unter bestimmten Bedingungen Maßnahmen zu ergreifen, die von einigen ihrer Verpflichtungen aus diesem Instrument abweichen. Allerdings dürfen diese Maßnahmen gemäß Artikel 4 keine Diskriminierung allein aufgrund von Rasse, Hautfarbe, Geschlecht, Sprache, Religion oder sozialer Herkunft beinhalten.

Artikel 2 Absatz 2 des ICESCR sieht vor:

„Die Vertragsstaaten dieses Paktes verpflichten sich, die Ausübung der in diesem Pakt verkündeten Rechte ohne jede Diskriminierung hinsichtlich der Rasse, der Hautfarbe, des Geschlechts, der Sprache, der Religion, der politischen oder sonstigen Anschauung, der nationalen oder sozialen Herkunft, des Vermögens, der Geburt oder des sonstigen Status zu gewährleisten.“

188. Artikel 1 Absatz 1 der CERD enthält eine Definition der Diskriminierung aus bestimmten Gründen:

„In diesem Übereinkommen bezeichnet der Begriff ‚Rassendiskriminierung‘ jede auf der Rasse, der Hautfarbe, der Abstammung oder der nationalen oder ethnischen Herkunft beruhende Unterscheidung, Ausschließung, Einschränkung oder Bevorzugung, die zum Ziel oder zur Folge hat, dass die gleichberechtigte Anerkennung, Wahrnehmung oder Ausübung der Menschenrechte und Grundfreiheiten im politischen, wirtschaftlichen, sozialen, kulturellen oder jedem sonstigen Bereich des öffentlichen Lebens vereitelt oder beeinträchtigt wird.“

189. Die oben genannten Bestimmungen verleihen dem Grundsatz des Diskriminierungsverbots Wirkung und sind heute Teil des Völkergewohnheitsrechts.

190. Allen diesen Bestimmungen ist das Konzept der unterschiedlichen Behandlung von Personen, die verschiedenen Gruppen angehören, gemeinsam. Der Gerichtshof stellt in diesem Zusammenhang fest, dass die Existenz des palästinensischen Volkes nicht in Frage steht. Nach Ansicht des Gerichtshofs kann die unterschiedliche Behandlung von Palästinensern daher zu Diskriminierung führen. Der Gerichtshof ist sich bewusst, dass die unterschiedliche Behandlung möglicherweise nicht von allen Mitgliedern der palästinensischen Gruppe in gleicher Weise erfahren wird und dass einige Mitglieder der Gruppe aus mehreren Gründen unterschiedlich behandelt werden können.

191. Der Gerichtshof wird zunächst feststellen, ob die von Israel verabschiedeten Gesetze und Maßnahmen differenzieren unter anderem aufgrund von Rasse, Religion oder ethnischer Zugehörigkeit zwischen Palästinensern und Angehörigen anderer Gruppen in Bezug auf die Wahrnehmung der Menschenrechte im Sinne von Artikel 2 Absatz 1 und 26 des Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte, Artikel 2 Absatz 2 des Internationalen Pakts über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte und Artikel 1 der CERD. Allerdings stellt nicht jede unterschiedliche Behandlung eine Diskriminierung dar. Wenn der Gerichtshof also das Vorliegen einer Ungleichbehandlung bejaht, muss er in einem zweiten Schritt feststellen, ob diese unterschiedliche Behandlung dennoch gerechtfertigt ist, d. h. vernünftig und objektiv ist und einem legitimen öffentlichen Ziel dient.

3. Aufenthaltserlaubnispolitik

192. Das Gericht wird zunächst die Auswirkungen untersuchen, welche die Politik der Aufenthaltserlaubnisse für Ost-Jerusalem auf Palästinenser in den besetzten Territorien haben.

193. Der Gerichtshof erinnert daran, dass Israel Ostjerusalem als israelisches Staatsgebiet betrachtet und sein nationales Recht darauf anwendet (siehe Absatz 138 oben). Nach israelischem Recht ist der Aufenthalt in Ostjerusalem für israelische Staatsbürger und nichtisraelische Juden uneingeschränkt[77]. Im Gegensatz dazu gelten nach israelischem Recht alle anderen Bewohner Ostjerusalems, einschließlich Palästinenser, die keine israelischen Staatsbürger sind, als ausländische Staatsangehörige, die auf israelischem Staatsgebiet leben, und ihr Recht auf Aufenthalt in Ostjerusalem hängt vom Besitz einer gültigen Aufenthaltserlaubnis ab. Seit 1995 müssen Palästinenser nachweisen, dass sich ihr „Lebensmittelpunkt“ in den letzten sieben Jahren in Ostjerusalem befunden hat, um ihre Aufenthaltserlaubnis zu behalten. Aufgrund von Gesetzesänderungen seit 2008 verfügt der Innenminister über einen breiten Ermessensspielraum bei der Aufhebung von Aufenthaltsgenehmigungen. Palästinensische Aufenthaltsgenehmigungen wurden aus einer Reihe von Gründen aufgehoben, darunter wegen „Verstoßes gegen die Loyalität“ gegenüber Israel[78].

Nach Angaben des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Menschenrechte wurde seit 1967 mehr als 14.500 Palästinensern von den israelischen Behörden die Aufenthaltserlaubnis für Ost-Jerusalem entzogen[79].

194. Der Gerichtshof ist der Auffassung, dass die israelische Aufenthaltsgenehmigungspolitik zumindest insoweit, als sie in Ost-Jerusalem angewandt wird, zu einer Ungleichbehandlung der Palästinenser hinsichtlich ihres Aufenthaltsrechts in Ost-Jerusalem führt, wie es in Artikel 5 (d) (i) der CERD und Artikel 12 des ICCPR garantiert ist.

Der Gerichtshof stellt fest, dass der Ausschuss für die Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Menschen (CERD[80]) und der Menschenrechtsausschuss die Auffassung vertreten, dass Israels Aufenthaltsgenehmigungspolitik nicht mit seinen Verpflichtungen aus dem CERD bzw. dem ICCPR vereinbar sei[81].

195. Der Gerichtshof stellt fest, dass es Nicht-Siedlern im Westjordanland nach dem geltenden Gesetz über Staatsbürgerschaft und Einreise nach Israel grundsätzlich untersagt ist, eine Aufenthaltserlaubnis für Ostjerusalem zu erhalten, außer aus sehr begrenzten Gründen und immer nach Ermessen des Innenministers. Diese Politik wirkt sich nachteilig auf die Zusammenführung von Familien aus, bei denen ein Mitglied dauerhaft in Ostjerusalem ansässig ist und das andere Mitglied kein Siedler im Westjordanland ist.

Solche Familien müssen sich entscheiden, ob sie getrennt leben wollen, zusammen außerhalb von Ostjerusalem leben wollen – wobei ein Ehepartner Gefahr läuft, die israelische Staatsbürgerschaft oder den Status eines unbefristeten Aufenthalts zu verlieren – oder zusammen in Ostjerusalem leben wollen – wobei der andere Ehepartner eine Jahresgenehmigung beantragen muss[82]. Die durch die Wahl zwischen diesen Optionen auferlegten Beschränkungen gelten für Siedler nicht. Der Gerichtshof stellt ferner fest, dass die negativen Auswirkungen der israelischen Politik insbesondere auf palästinensische Frauen zu spüren sind, deren Aufenthaltsstatus in der Regel von männlichen Ehepartnern abhängt[83].

Nach Auffassung des Gerichtshofs führt Israels Aufenthaltserlaubnispolitik daher zu einer Ungleichbehandlung der Palästinenser im Hinblick auf ihr Recht auf Familienleben, wie es in Artikel 10 des ICESCR und Artikel 17 des ICCPR garantiert ist. 

196. Nach Auffassung des Gerichtshofs ist die durch Israels Aufenthaltsgenehmigungspolitik in Ostjerusalem auferlegte unterschiedliche Behandlung nicht gerechtfertigt, da sie keinem legitimen öffentlichen Zweck dient. Insbesondere wird das Genehmigungssystem als Folge und zur Förderung der Annexion Ostjerusalems durch Israel eingeführt, die der Gerichtshof bereits als rechtswidrig erachtet hat (siehe Absatz 179 oben). Der Gerichtshof ist daher der Ansicht, dass keine unterschiedliche Behandlung im Hinblick auf die Förderung der Siedlungspolitik oder Annexionspolitik Israels gerechtfertigt werden kann.

197. Im Lichte des Vorstehenden ist der Gerichtshof der Auffassung, dass die Aufenthaltsgenehmigungspolitik Israels einer verbotenen Diskriminierung gemäß Artikel 2 Absatz 2, 23 und 26 des ICCPR sowie Artikel 2 Absatz 2 und 10 Absatz 1 des ICESCR gleichkommt.

4. Bewegungseinschränkungen

198. Der Gerichtshof wendet sich nun den von Israel verhängten Beschränkungen der Bewegungsfreiheit der Palästinenser im besetzten palästinensischen Gebiet zu.

199. Wie der Gerichtshof oben festgestellt hat, ist fast das gesamte Gebiet C für Siedlungen vorgesehen oder als militärische Sperrzone und Naturschutzgebiet ausgewiesen (siehe Absatz 120). Während diese Gebiete allen Siedlern und Inhabern einer Einreisegenehmigung nach Israel, einschließlich nichtisraelischer Juden, zugänglich sind, benötigen Palästinenser im besetzten palästinensischen Gebiet eine Sondergenehmigung, um sie zu betreten.

200. Israel hat in Gebiet C auch eine Infrastruktur geschaffen, darunter ein ausgedehntes Straßennetz, das die israelischen Siedlungen untereinander und mit dem israelischen Staatsgebiet verbindet (siehe Absatz 117). Obwohl sich dieses Straßennetz durch das Gebiet C erstreckt und oft in der Nähe palästinensischer Dörfer verläuft, ist der Zugang für Palästinenser zu großen Teilen davon behindert, eingeschränkt oder ganz verboten. Laut UNCTAD[84] ist der palästinensische Verkehr auf 29 Straßen und Straßenabschnitten mit einer Gesamtlänge von etwa 58 km im gesamten Westjordanland eingeschränkt, darunter viele der Hauptverkehrsadern[85]. Die unabhängige internationale Untersuchungsmission stellte fest, dass

„die Beschränkungen selbst nehmen viele Formen an, darunter Straßen, die nur für Siedler zugänglich sind, ein Regime von Kontrollpunkten und Übergängen (Sperrhindernisse), Hindernisse durch die Mauer und ihr Tor- und Genehmigungssystem sowie administrative Beschränkungen“[86].

Wie das Büro der Vereinten Nationen für die Koordinierung humanitärer Angelegenheiten (OCHA) berichtete, gab es Anfang 2023 im Westjordanland 565 Bewegungshindernisse, darunter 49 ständig besetzte Kontrollpunkte und mehr als 300 Straßensperren[87]. Wo Palästinensern der Zugang zum eingeschränkten Straßennetz gestattet wird, ist dieser Zugang von der Einholung einer individuellen Reisegenehmigung abhängig, die für Siedler nicht erforderlich ist. Den dem Gerichtshof vorliegenden Beweisen zufolge wurden nicht alle öffentlich verfügbaren Verfahren zur Erlangung einer Genehmigung ins Arabische übersetzt, die Sprache der meisten Antragsteller[88].

201. Eine erhebliche Einschränkung der Bewegungsfreiheit der Palästinenser stellt die Mauer dar, die seit 2002 im Westjordanland gebaut wird[89]. Die Bewegungsfreiheit der Palästinenser in Gebieten zwischen fertiggestellten Teilen der Mauer und der Grünen Linie hängt von Genehmigungen oder Sonderregelungen ab, die von Israel gewährt werden[90].

202. Im Bewusstsein des Umfangs seiner Untersuchung (siehe Ziffer 81 oben) stellt der Gerichtshof fest, dass für die Bewegungsfreiheit zwischen dem Gazastreifen (siehe Ziffer 87 oben), dem Westjordanland und Ostjerusalem strenge Beschränkungen gelten[91].

203. Darüber hinaus erschweren Israels Bewegungseinschränkungen den Palästinensern im Westjordanland und im Gazastreifen den Zugang zu Gotteshäusern in Ostjerusalem. Beweise, welche dem Gericht vorliegen, deuten darauf hin, dass Einschränkungen wie Kontrollpunkte und Gebietssperrungen an Feiertagen die Palästinenser daran gehindert haben, an religiösen Ritualen teilzunehmen[92]. Darüber hinaus hat der Ausschuss für wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte betont, dass die Hindernisse beim Zugang zu religiösen Stätten, insbesondere in Ostjerusalem, die gleichberechtigte Ausübung der Religionsfreiheit beeinträchtigen[93].

204. Berichten der Vereinten Nationen zufolge zerstören die israelischen Sicherheitskräfte die von den Palästinensern im Westjordanland genutzten Straßen und sonstige Infrastruktur[94]. Solche Aktivitäten verschärfen die unterschiedliche Behandlung der Palästinenser hinsichtlich ihrer Bewegungsfreiheit noch weiter. Auch der Menschenrechtsausschuss hat seine Besorgnis über die unterschiedliche Behandlung der Palästinenser hinsichtlich ihrer Bewegungsfreiheit infolge der Einschränkungen Israels zum Ausdruck gebracht[95]. 

205. Auf der Grundlage der ihm vorliegenden Beweise ist der Gerichtshof der Auffassung, dass Israel durch seine Praxis der Bewegungseinschränkung die Palästinenser hinsichtlich ihrer Bewegungsfreiheit differenziert behandelt. In Bezug auf die Frage der möglichen Rechtfertigung der differenzierten Behandlung Israels hat der Gerichtshof die von einigen Verfahrensbeteiligten genannten Sicherheitsbedenken Israels zur Kenntnis genommen, die Bewegungseinschränkungen rechtfertigen könnten. Soweit sich diese Bedenken auf die Sicherheit der Siedler und Siedlungen beziehen, ist der Gerichtshof der Auffassung, dass der Schutz der Siedler und Siedlungen, deren Anwesenheit im besetzten palästinensischen Gebiet gegen das Völkerrecht verstößt, nicht als Grund für Maßnahmen herangezogen werden kann, welche Palästinenser unterschiedlich behandeln. Darüber hinaus ist der Gerichtshof der Auffassung, dass die Maßnahmen Israels, die allen Palästinensern allein aufgrund ihrer palästinensischen Identität Beschränkungen auferlegen, in keinem Verhältnis zu irgendeinem legitimen öffentlichen Ziel stehen und nicht mit Verweisen auf die Sicherheit gerechtfertigt werden können.

206. In seinem Mauer-Gutachten war der Gerichtshof der Auffassung „dass der Bau der Mauer und das damit verbundene Regime

die Bewegungsfreiheit der Bewohner des besetzten palästinensischen Gebiets (mit Ausnahme der israelischen Staatsbürger und der ihnen gleichgestellten Personen) behindern, wie sie in Artikel 12 Absatz 1 des Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte garantiert ist. Sie behindern auch die Ausübung des Rechts der betroffenen Personen auf Arbeit, Gesundheit, Bildung und einen angemessenen Lebensstandard, wie es im Internationalen Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte und in der UN-Konvention über die Rechte des Kindes verkündet wurde.“[96]

Nach Auffassung des Gerichtshofs ist das gesamte System der Beschränkungen der Bewegungsfreiheit der Palästinenser im gesamten Gebiet der besetzten Territorien eine diskriminierende Wirkung auf die Wahrnehmung dieser Rechte, sowie in Bezug auf das Recht auf Schutz vor willkürlichen oder unrechtmäßigen Eingriffen in das Familienleben, wie es in Artikel 17 des ICCPR garantiert ist. Angesichts des Vorstehenden ist der Gerichtshof der Ansicht, dass Israels Politik der Einschränkung der Bewegungsfreiheit einer verbotenen Diskriminierung gemäß Artikel 2 Absatz 1 und 26 des IPBPR[97], Artikel 2 Absatz 2 des ICESCR[98] und Artikel 2 der CERD[99], gleichkommt.

5. Abriss von Immobilien

207. Der Gerichtshof wendet sich nun Israels Praxis der Zerstörung palästinensischen Eigentums im Westjordanland und in Ostjerusalem zu. Nach Angaben des Büros der Vereinten Nationen für die Koordinierung humanitärer Angelegenheiten, das seit 2009 Daten zur Praxis der Zerstörung von Eigentum im Westjordanland und in Ostjerusalem sammelt, wurden seitdem fast 11.000 palästinensische Gebäude zerstört. Zu den zerstörten Gebäuden gehörten mehr als 4.500 Wohn- und Existenzgebäude, über 3.000 landwirtschaftliche Gebäude und fast 1.000 Wasser-, Sanitär- und Hygienegebäude[100]. Israels Praxis der Hauszerstörung nimmt zwei Hauptformen an: Zerstörung von Eigentum als Strafmaßnahme für eine Straftat und Zerstörung von Eigentum aufgrund fehlender Baugenehmigung. Der Gerichtshof wird jede dieser Formen nacheinander prüfen.

a) Zerstörungen als Strafe

208. Nach geltendem Recht hat der Militärkommandeur der israelischen Verteidigungsstreitkräfte die Befugnis, die Zerstörung von Gebäuden anzuordnen, die mit Personen in Verbindung stehen, die eine Reihe von Straftaten begangen haben, die als terroristisch gelten: Bei diesen Gebäuden handelt es sich in erster Linie um Häuser, in denen die betreffenden Personen leben oder gelebt haben oder in denen ihre Familien leben. Israel soll seit Beginn der Besatzung mehr als 2.000 palästinensische Gebäude als Strafe für Straftaten zerstört haben[101].

209. Der Gerichtshof stellt fest, dass israelische Gerichte die Auffassung vertreten, dass die Rechtsgrundlage für Strafzerstörungen in Absatz 1 der Palestine Defence (Emergency) Regulation 119 zu finden ist, die unter britischem Mandat erlassen wurde[102]. Obwohl die fortdauernde Gültigkeit der Palestine Defence (Emergency) Regulation 119 seit 1948 umstritten sein mag, ist der Gerichtshof nicht aufgerufen, diese Frage zu entscheiden. Der Gerichtshof muss lediglich prüfen, ob die Anwendung dieses Gesetzes durch Israel als Besatzungsmacht zu einer Diskriminierung der Palästinenser führt.

210. In diesem Zusammenhang stellt der Gerichtshof fest, dass zwar mehrere tausend palästinensische Häuser abgerissen wurden (siehe Absatz 208 oben), die Maßnahme des strafenden Abrisses jedoch anscheinend nie gegen Grundstücke angewendet wurde, die mit israelischen Zivilisten in Verbindung stehen, die ähnliche Straftaten begangen haben[103]. In dieser Hinsicht kommt die Anwendung der israelischen Maßnahme des strafenden Abrisses einer unterschiedlichen Behandlung der Palästinenser im besetzten palästinensischen Gebiet bei der Wahrnehmung ihrer Rechte auf Schutz vor willkürlichen oder unrechtmäßigen Eingriffen in ihre Privatsphäre, ihre Familie und ihres Hauses gleich, wie es in Artikel 17 Absatz 1 des IPBPR garantiert ist.

211. Der Gerichtshof muss jedoch feststellen, ob eine solche unterschiedliche Behandlung gerechtfertigt ist. In diesem Zusammenhang erinnert der Gerichtshof daran, dass nach Artikel 53 der Vierten Genfer Konvention die Zerstörung von Immobilien oder beweglichem Eigentum „verboten ist, es sei denn, diese Zerstörung ist aufgrund militärischer Operationen unbedingt erforderlich“. Derselbe Grundsatz kommt in Artikel 23 (g) der Haager Landkriegsordnung zum Ausdruck, der die Zerstörung von Eigentum verbietet, sofern sie nicht „durch die Erfordernisse des Krieges zwingend geboten“ ist. Die in diesen Bestimmungen vorgesehenen militärischen Operationen werden wahrscheinlich im Rahmen aktiver Feindseligkeiten stattfinden. Im vorliegenden Fall ist der Gerichtshof jedoch nicht davon überzeugt, dass die Zerstörung von Eigentum als Strafe aufgrund militärischer Operationen unbedingt erforderlich oder anderweitig gerechtfertigt ist.

212. Obwohl die abgerissenen Immobilien in irgendeiner Weise mit der Begehung bestimmter Straftaten durch die Person verbunden sind, werden sie üblicherweise von einem breiten Personenkreis genutzt oder besessen, darunter auch von der Familie oder Verwandten der Person. Diesbezüglich stellt der Gerichtshof fest, dass Artikel 33 Absatz 1 der Vierten Genfer Konvention bestimmt: „Eine geschützte Person darf nicht für eine strafbare Handlung bestraft werden, die sie nicht persönlich begangen hat. Kollektivstrafen sowie alle Maßnahmen der Einschüchterung oder des Terrorismus sind verboten.“ Diese Bestimmung ergibt sich aus dem allgemeinen Grundsatz der individuellen strafrechtlichen Verantwortlichkeit, der es verbietet, einer Person die Verantwortung für die Handlungen einer anderen Person zuzuschreiben. Nach Auffassung des Gerichtshofs kommt der Abriss von Immobilien als Strafe einer Bestrafung anderer Personen gleich, die in diesen Immobilien leben oder sie nutzen, für Handlungen, die sie nicht begangen haben, und verstößt daher gegen Artikel 33 der Vierten Genfer Konvention. Der Gerichtshof erinnert auch daran, dass die Besatzungsmacht befugt ist, in den besetzten Gebieten geltende Strafgesetze aufzuheben oder auszusetzen, sofern diese unter anderem „ein Hindernis für die Anwendung [dieser] Konvention“ darstellen (zweiter Absatz von Artikel 64 der Vierten Genfer Konvention). Diese Bestimmung impliziert, dass Israel sich nicht auf die Palästina-Verteidigungsverordnung (Notfallverordnung) 119 berufen kann, um in einer Weise zu handeln, die mit seinen internationalen Verpflichtungen gemäß der Vierten Genfer Konvention unvereinbar ist, insbesondere mit seiner Verpflichtung, keine Kollektivstrafen zu verhängen.

213. Israels Praxis der Zerstörung palästinensischen Eigentums als Strafmaßnahme steht im Widerspruch zu seinen Verpflichtungen nach dem humanitären Völkerrecht und dient keinem legitimen öffentlichen Zweck. Der Gerichtshof ist der Auffassung, dass diese Praxis, da sie Palästinenser ungerechtfertigt unterschiedlich behandelt, einer verbotenen Diskriminierung nach Artikel 2 Absatz 1 und 26 des Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte, Artikel 2 Absatz 2 des Internationalen Pakts über wirtschaftliche, soziale und religiöse Rechte und Artikel 2 der Konvention zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung gleichkommt.

b) Abrisse wegen fehlender Baugenehmigung

214. Eine andere Form der Zerstörung von Eigentum findet im Rahmen der Umsetzung des israelischen Raumordnungssystems im Westjordanland und in Ostjerusalem statt. Wie der Gerichtshof oben feststellte, hat Israel fast das gesamte Land in Gebiet C (das mehr als 60 Prozent der Fläche des Westjordanlands ausmacht) für israelische Siedlungen, militärische Sperrzonen und Naturschutzgebiete reserviert (siehe Absatz 120). Weniger als 1 Prozent des Landes in Gebiet C und 13 Prozent des Landes in Ostjerusalem sind für den Bau von Infrastruktur für Palästinenser vorgesehen[104].

215. Darüber hinaus wurden Palästinenser laut dem Bericht der unabhängigen internationalen Untersuchungsmission aus dem Jahr 2013 von den Planungsausschüssen ausgeschlossen, die mit der Erteilung und Durchsetzung von Baugenehmigungen betraut sind; in den 20 Jahren vor dem Bericht waren 94 Prozent der palästinensischen Genehmigungsanträge abgelehnt worden[105]. Es wird berichtet, dass die Genehmigungsquote palästinensischer Genehmigungsanträge seitdem weiter zurückgegangen ist[106]. Im Juli 2023 bestätigte der Leiter der Infrastruktur der israelischen Zivilverwaltung, dass mehr als 90 Prozent der palästinensischen Genehmigungsanträge abgelehnt wurden, während etwa 60-70 Prozent der israelischen Anträge besprochen und genehmigt wurden[107].

216. Angesichts des langen, komplizierten und teuren Verfahrens zur Erlangung einer Baugenehmigung und der niedrigen Genehmigungsquote errichten viele Palästinenser Gebäude ohne Genehmigung. Gebäude ohne Genehmigung werden abgerissen und setzen ihre Bewohner dem Risiko von Räumung und Vertreibung aus. Wie der Gerichtshof oben feststellte, verfügten 2019 mehr als ein Drittel der palästinensischen Häuser, in denen etwa 100.000 Menschen lebten, über keine Baugenehmigung (siehe Absatz 165). Die hohen Strafen, die wegen fehlender Baugenehmigungen verhängt werden, haben viele Palästinenser dazu veranlasst, ihren eigenen Besitz abzureißen[108].

217. Eine Reihe von Änderungen des geltenden Rechtsrahmens für Zoneneinteilung und Planung, darunter die Verabschiedung des Militärbefehls Nr. 1797 im Jahr 2019 und die Änderung des Militärbefehls Nr. 1252 im Jahr 2020, haben es den israelischen Behörden ermöglicht, Bauwerke innerhalb von 96 Stunden nach Erlass eines Räumungsbefehls abzureißen; die Rechtsmittel gegen den Abriss wurden ebenfalls eingeschränkt[109]. Infolgedessen hat die Abrissrate stetig zugenommen. Der Hohe Kommissar der Vereinten Nationen für Menschenrechte hat den Abriss von mehr als 7.000 Bauwerken in palästinensischem Besitz zwischen 2012 und 2022 gemeldet, die meisten davon in Gebiet C und Ostjerusalem. Unter diesen Gebäuden befanden sich mehr als 1.600 Gebäude für humanitäre Hilfe, mehr als 600 Gebäude für Wasserversorgung, Sanitäranlagen und Hygiene sowie mehr als 20 Schulen, in denen etwa 1.300 Kinder unterrichtet wurden[110].

218. Im Gegensatz dazu sind Siedlungsbauten ohne Baugenehmigung im Westjordanland weit weniger von der Abrisspraxis betroffen. Nach Angaben des Generalsekretärs der Vereinten Nationen wurden im Zeitraum 2019-2020 fünfmal mehr Abrissanordnungen für palästinensische Bauten erlassen als für israelische. Angesichts der umfangreichen nicht genehmigten Bautätigkeit in Siedlungen und Außenposten betrachtete der Generalsekretär dies als Hinweis auf eine Diskriminierung der Palästinenser[111]. In diesem Zusammenhang erinnert der Gerichtshof an die weit verbreitete Praxis der rückwirkenden Legalisierung statt des Abrisses von Siedlungsbauten ohne Baugenehmigung im besetzten palästinensischen Gebiet (siehe Rdnr. 112 oben).

219. Der Gerichtshof stellt fest, dass die unterschiedliche Behandlung der Palästinenser, die sich aus der Planungspolitik und -praxis Israels ergibt, vom Generalsekretär der Vereinten Nationen und mehreren Vertragsüberwachungsorganen hervorgehoben wurde, darunter dem Menschenrechtsausschuss, dem Ausschuss für wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte und dem CERD-Ausschuss[112]. Der Menschenrechtsausschuss hat beispielsweise erklärt     

„seine tiefe Besorgnis darüber, dass die systematische Praxis der Abrisse und Zwangsräumungen auf der Grundlage diskriminierender Maßnahmen zur Trennung der jüdischen und palästinensischen Gemeinden im besetzten palästinensischen Gebiet geführt hat, was einer Rassentrennung gleichkommt[113] .   

220. Auf der Grundlage der ihm vorliegenden Beweise ist der Gerichtshof der Auffassung, dass Israels Planungspolitik im Zusammenhang mit der Erteilung von Baugenehmigungen und seine Praxis des Abrisses von Gebäuden wegen fehlender Baugenehmigung eine Ungleichbehandlung der Palästinenser bei der Wahrnehmung ihres Rechts auf Schutz vor willkürlichen oder unrechtmäßigen Eingriffen in ihre Privatsphäre, ihrer Familie und ihrem Zuhause darstellt, wie es in Artikel 17 Absatz 1 des ICCPR garantiert ist.

221. Nach Auffassung des Gerichtshofs kann diese Praxis weder mit vernünftigen und objektiven Kriterien noch mit einem legitimen öffentlichen Ziel gerechtfertigt werden. Insbesondere gibt es in den dem Gerichtshof vorliegenden Unterlagen nichts, das darauf hinweist, dass die Verweigerung von Baugenehmigungen für Palästinenser oder der Abriss von Gebäuden mangels solcher Genehmigungen in einem derart umfassenden Ausmaß einem legitimen Ziel dient. Diese Schlussfolgerung wird weiter durch die Tatsache gestützt, dass Israel, soweit es Siedlern und Siedlungen Baugenehmigungen erteilt, gegen das Völkerrecht verstößt (siehe Absätze 119 und 155 oben).

222. Im Lichte des Vorstehenden ist der Gerichtshof der Auffassung, dass die israelische Planungspolitik im Zusammenhang mit der Erteilung von Baugenehmigungen und insbesondere die Praxis des Abrisses von Gebäuden mangels Baugenehmigung, bei der Palästinenser ohne Rechtfertigung anders als Siedler behandelt werden, eine verbotene Diskriminierung darstellt und gegen Artikel 2 Absatz 1 und Artikel 26 des IPBPR, Artikel 2 Absatz 2 des IPBPR und Artikel 2 der UN-CERD verstößt.

6. Schlussfolgerung zu Israels diskriminierenden Gesetzen und Maßnahmen

223. Aus den oben genannten Gründen gelangt der Gerichtshof zu dem Schluss, dass eine breite Palette von Gesetzen und Maßnahmen, die Israel in seiner Funktion als Besatzungsmacht verabschiedet hat, die Palästinenser aus im Völkerrecht festgelegten Gründen unterschiedlich behandelt. Wie der Gerichtshof feststellte, kann diese unterschiedliche Behandlung weder durch vernünftige und objektive Kriterien noch durch ein legitimes öffentliches Ziel gerechtfertigt werden (siehe Absätze 196, 205, 213 und 222). Dementsprechend ist der Gerichtshof der Auffassung, dass das Regime umfassender Beschränkungen, das Israel den Palästinensern im besetzten palästinensischen Gebiet auferlegt hat, eine systematische Diskriminierung unter anderem aufgrund von Rasse, Religion oder ethnischer Herkunft darstellt und gegen Artikel 2 Absatz 1 und 26 des IPBPR, Artikel 2 Absatz 2 des ICESCR und Artikel 2 der CERD verstößt.

224. Eine Reihe von Teilnehmern argumentierte, dass Israels Politik und Praktiken im besetzten palästinensischen Gebiet Segregation oder Apartheid gleichkämen und damit gegen Artikel 3 der CERD verstießen.

225. Artikel 3 CERD bestimmt: „Die Vertragsstaaten verurteilen insbesondere Rassentrennung und Apartheid und verpflichten sich, alle Praktiken dieser Art in den ihrer Hoheitsgewalt unterstehenden Gebieten zu verhindern, zu verbieten und auszumerzen.“ Diese Bestimmung bezieht sich auf zwei besonders schwere Formen der Rassendiskriminierung: Rassentrennung und Apartheid.

226. Der Gerichtshof stellt fest, dass die Politik und Praxis Israels im Westjordanland und in Ostjerusalem eine Trennung zwischen der palästinensischen Bevölkerung und den von Israel in das Gebiet umgesiedelten Siedlern bewirkt.

227. Diese Trennung ist in erster Linie physischer Natur: Israels Siedlungspolitik fördert die Zersplitterung des Westjordanlands und Ostjerusalems sowie die Einkreisung palästinensischer Gemeinden in Enklaven. Aufgrund diskriminierender Politiken und Praktiken wie der Einführung eines Aufenthaltsgenehmigungssystems und der Nutzung getrennter Straßennetze, die der Gerichtshof oben erörtert hat, bleiben palästinensische Gemeinden physisch voneinander isoliert und von den Siedlergemeinden getrennt (siehe beispielsweise Absätze 200 und 219).

228. Die Trennung zwischen Siedler- und Palästinensergemeinschaften ist auch juristisch. Infolge der teilweisen Ausweitung des israelischen Rechts auf das Westjordanland und Ostjerusalem unterliegen Siedler und Palästinenser im besetzten palästinensischen Gebiet unterschiedlichen Rechtssystemen (siehe Absätze 135-137 oben). Soweit das israelische Recht auf Palästinenser Anwendung findet, erlegt es ihnen Beschränkungen auf, wie etwa die Anforderung einer Aufenthaltsgenehmigung in Ostjerusalem, von der Siedler ausgenommen sind. Darüber hinaus behandeln Israels Gesetze und Maßnahmen, die seit Jahrzehnten gelten, Palästinenser in einer Vielzahl von Bereichen individueller und sozialer Aktivitäten im Westjordanland und in Ostjerusalem anders als Siedler (siehe Absätze 192-222 oben).

229. Der Gerichtshof stellt fest, dass Israels Gesetze und Maßnahmen eine nahezu vollständige Trennung zwischen den Siedler- und palästinensischen Gemeinden im Westjordanland und Ostjerusalem erzwingen und aufrechterhalten sollen. Aus diesem Grund ist der Gerichtshof der Ansicht, dass Israels Gesetze und Maßnahmen einen Verstoß gegen Artikel 3 der UN-CERD darstellen.

E. Die Frage der Selbstbestimmung

230. Der Gerichtshof hat festgestellt, dass Israels Siedlungspolitik, seine Annexionshandlungen und seine damit verbundenen diskriminierenden Gesetze und Maßnahmen gegen das Völkerrecht verstoßen. Der Gerichtshof wendet sich nun dem Aspekt der Frage (a) zu, der sich mit den Auswirkungen der Politik und Praxis Israels auf die Ausübung des Selbstbestimmungsrechts des palästinensischen Volkes befasst. Der Gerichtshof hat bereits die Existenz des Selbstbestimmungsrechts des palästinensischen Volkes bestätigt[114]. Der Gerichtshof wird zunächst den Umfang dieses Rechts bestimmen und dann die Auswirkungen untersuchen, die Israels Politik und Praxis gegebenenfalls auf dessen Ausübung haben.

231. Die Charta der Vereinten Nationen nennt die Entwicklung freundschaftlicher Beziehungen „auf der Grundlage der Achtung vor dem Grundsatz der Gleichberechtigung und Selbstbestimmung der Völker“ als eines der Ziele der Organisation[115]. Das Recht aller Völker auf Selbstbestimmung wurde von der Generalversammlung als eines der „Grundprinzipien des Völkerrechts“ anerkannt[116]. Seine Bedeutung wurde in zahlreichen Resolutionen hervorgehoben, insbesondere in der Erklärung über die Gewährung der Unabhängigkeit an koloniale Länder und Völker, die die Anwendung des Rechts auf alle Völker und Gebiete bestätigt, die noch keine Unabhängigkeit erlangt haben[117].

232. Der Gerichtshof hat bestätigt, dass das Recht aller Völker auf Selbstbestimmung „einer der wesentlichen Grundsätze des modernen Völkerrechts“ ist[118]. Er hat sogar anerkannt, dass die Verpflichtung zur Achtung des Rechts auf Selbstbestimmung erga omnes [gegenüber allen] besteht und dass alle Staaten ein rechtliches Interesse daran haben, dieses Recht zu schützen[119].

233. Die zentrale Bedeutung des Selbstbestimmungsrechts im Völkerrecht zeigt sich auch in seiner Aufnahme als gemeinsamer Artikel 1 des Internationalen Pakts über wirtschaftliche, soziale und politische Rechte und der internationalen Konvention, dessen erster Absatz lautet: „Alle Völker haben das Recht auf Selbstbestimmung. Kraft dieses Rechts bestimmen sie frei über ihren politischen Status und gestalten frei ihre wirtschaftliche, soziale und kulturelle Entwicklung.“ Der Menschenrechtsausschuss hat erklärt, die Bedeutung des Selbstbestimmungsrechts ergebe sich aus der Tatsache, dass „seine Verwirklichung eine wesentliche Voraussetzung für die wirksame Gewährleistung und Einhaltung der individuellen Menschenrechte sowie für die Förderung und Stärkung dieser Rechte ist“[120]. Tatsächlich ist das Recht auf Selbstbestimmung, wie der Gerichtshof bestätigt hat, ein grundlegendes Menschenrecht[121]. Im Zusammenhang mit der Entkolonialisierung hat die Generalversammlung wiederholt die Bedeutung des Rechts auf Selbstbestimmung als „unveräußerliches Recht“ betont[122]. Die Generalversammlung hat auch betont, dass „es keine Alternative gibt zum Prinzip der Selbstbestimmung“ im Prozess der Entkolonialisierung[123]. Der Gerichtshof ist der Auffassung, dass in Fällen ausländischer Besatzung wie im vorliegenden Fall das Recht auf Selbstbestimmung eine zwingende Norm des Völkerrechts darstellt.

234. Das Selbstbestimmungsrecht der Völker hat einen breiten Anwendungsbereich[124]. Um die ihm gestellte Frage zu beantworten, muss der Gerichtshof feststellen, ob die Politik und die Praktiken Israels als Besatzungsmacht im besetzten palästinensischen Gebiet die Ausübung des Selbstbestimmungsrechts des palästinensischen Volkes behindern.

235. Viele Teilnehmer argumentierten, dass Israels Besetzung des besetzten palästinensischen Gebiets das Recht des palästinensischen Volkes auf Selbstbestimmung verletzt. Zu den politischen Maßnahmen und Praktiken Israels, die dieses Recht verletzen sollen, gehören der Ausbau der Siedlungen und der Bau der dazugehörigen Infrastruktur im besetzten palästinensischen Gebiet, die Beschlagnahme von Land und der Abriss palästinensischer Gebäude, die Veränderungen der demografischen Zusammensetzung bestimmter Teile des besetzten palästinensischen Gebiets, die Zersplitterung des besetzten palästinensischen Gebiets und die Aneignung natürlicher Ressourcen, einschließlich der Ausbeutung von Kohlenwasserstoff-, Mineral- und Wasserressourcen im besetzten palästinensischen Gebiet. Andere Teilnehmer äußerten Vorbehalte. Insbesondere ein Teilnehmer argumentierte, dass das Recht auf Selbstbestimmung relativ sei und keine Veränderungen bestehender Grenzen beinhalten dürfe. Seiner Auffassung nach sollte der Gerichtshof feststellen, ob die Ausübung des Selbstbestimmungsrechts durch das palästinensische Volk die territoriale Integrität, die politische Unverletzlichkeit oder die legitimen Sicherheitsbedürfnisse des Staates Israel verletzt hat.

236. Nach Auffassung des Gerichtshofs sind im vorliegenden Verfahren die folgenden Elemente von besonderer Bedeutung.

237. Erstens erinnert der Gerichtshof daran, dass das Recht auf territoriale Integrität nach dem Völkergewohnheitsrecht als „eine Folge des Rechts auf Selbstbestimmung“ anerkannt ist[125]. Im Zusammenhang mit Palästina haben die Generalversammlung und der Menschenrechtsrat „die Achtung und Wahrung der territorialen Einheit, Zusammengehörigkeit und Integrität des gesamten besetzten palästinensischen Gebiets, einschließlich Ostjerusalems, gefordert“[126]. Der Gerichtshof ist der Auffassung, dass Israel als Besatzungsmacht die Verpflichtung hat, das palästinensische Volk nicht daran zu hindern, sein Recht auf Selbstbestimmung im gesamten besetzten palästinensischen Gebiet auszuüben, einschließlich seines Rechts auf einen unabhängigen und souveränen Staat.

238. Der Gerichtshof hat bereits festgestellt, dass Israels Siedlungspolitik das Westjordanland fragmentiert und Ostjerusalem davon abgetrennt hat (siehe Absatz 164 oben). Die Ausbreitung der Siedlungen im Westjordanland, verbunden mit der Erweiterung eines Straßennetzes, zu dem die Palästinenser nur begrenzten oder keinen Zugang haben, hatte zur Folge, dass palästinensische Gemeinden in Enklaven im Westjordanland eingeschlossen wurden (siehe Absätze 200 und 227 oben). Darüber hinaus verletzt Israels Annexion großer Teile des besetzten palästinensischen Gebiets die Integrität des besetzten palästinensischen Gebiets als wesentliches Element des Selbstbestimmungsrechts des palästinensischen Volkes.

239. Zweitens ist ein Volk kraft des Rechts auf Selbstbestimmung vor Handlungen geschützt, die darauf abzielen, die Bevölkerung zu zerstreuen und seine Integrität als Volk zu untergraben. In der Vergangenheit kam der Gerichtshof zu dem Schluss, dass der Bau der Mauer durch Israel zusammen mit anderen Maßnahmen zur Abwanderung der palästinensischen Bevölkerung aus bestimmten Gebieten beitrug und damit die Gefahr einer Veränderung der demografischen Zusammensetzung des besetzten palästinensischen Gebiets birgt; aus diesem Grund behinderte er das palästinensische Volk erheblich bei der Ausübung seines Rechts auf Selbstbestimmung[127]. Der Gerichtshof hat oben auch festgestellt, dass Israels Siedlungspolitik insgesamt, seine Annexion von Gebieten und seine damit verbundene Gesetzgebung und Maßnahmen, die Palästinenser im besetzten palästinensischen Gebiet diskriminieren, zum Wegzug von Palästinensern aus bestimmten Gebieten des besetzten palästinensischen Gebiets beitragen, insbesondere aus Gebiet C und Ostjerusalem. Darüber hinaus spalten Israels strenge Beschränkungen der Bewegungsfreiheit zwischen dem Gazastreifen, dem Westjordanland und Ostjerusalem die palästinensische Bevölkerung, die in verschiedenen Teilen des besetzten palästinensischen Gebiets lebt (siehe Absätze 202 und 206 oben). Nach Ansicht des Gerichtshofs untergraben diese Politik und Praxis die Integrität des palästinensischen Volkes im besetzten palästinensischen Gebiet und behindern die Ausübung seines Rechts auf Selbstbestimmung erheblich.

240. Ein drittes Element des Rechts auf Selbstbestimmung ist das Recht auf dauerhafte Souveränität über die natürlichen Ressourcen, was ein Grundsatz des Völkergewohnheitsrechts ist[128]. Der Gerichtshof hat oben bereits festgestellt, dass Israel die natürlichen Ressourcen im besetzten palästinensischen Gebiet zu seinem eigenen Vorteil und zum Vorteil der Siedlungen ausbeutet und damit seine Verpflichtung verletzt hat, die dauerhafte Souveränität des palästinensischen Volkes über die natürlichen Ressourcen zu respektieren (siehe Abs. 133). Indem Israel dem palästinensischen Volk jahrzehntelang den Genuss der natürlichen Ressourcen im besetzten palästinensischen Gebiet vorenthält, hat es die Ausübung seines Rechts auf Selbstbestimmung behindert.

241. Viertens ist ein Schlüsselelement des Selbstbestimmungsrechts das Recht eines Volkes, seinen politischen Status frei zu bestimmen und seine wirtschaftliche, soziale und kulturelle Entwicklung voranzutreiben. Dieses Recht kommt in den Resolutionen 1514 (XV) und 2625 (XXV) zum Ausdruck und ist im gemeinsamen Artikel 1 des Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte und des Internationalen Pakts über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte verankert (siehe Absatz 233 oben). Der Gerichtshof hat bereits die Auswirkungen der Politik und Praxis Israels auf einige Aspekte des wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Lebens der Palästinenser erörtert, insbesondere aufgrund der Beeinträchtigung ihrer Menschenrechte. Die Abhängigkeit des Westjordanlands, Ostjerusalems und insbesondere des Gazastreifens von Israel bei der Versorgung mit grundlegenden Gütern und Dienstleistungen beeinträchtigt die Wahrnehmung grundlegender Menschenrechte, insbesondere des Rechts auf Selbstbestimmung[129].

242. Neben dem Schaden, der einzelnen Personen zugefügt wird, hat die Verletzung der Rechte der Palästinenser – einschließlich des Rechts auf Freiheit und Sicherheit der Person und der Bewegungsfreiheit – Auswirkungen auf das palästinensische Volk als Ganzes, und behindert seine wirtschaftliche, soziale und kulturelle Entwicklung. In diesem Zusammenhang stellte die Wirtschafts- und Sozialkommission für Westasien im Jahr 2023 fest:

„Die von Israel auferlegten Beschränkungen, die Ausweitung der illegalen Siedlungen und andere Praktiken verhindern nicht nur die Entwicklung, sondern verschärfen auch die Fragmentierung des Palästinensischen Gebiets. Diese Politik und Praktiken hatten schwerwiegende humanitäre, wirtschaftliche, soziale und politische Auswirkungen auf die Palästinenser und ihre Fähigkeit, ihre grundlegenden Menschenrechte auszuüben. Ihre Auswirkungen hatten kumulative, vielschichtige und generationenübergreifende Auswirkungen auf die palästinensische Gesellschaft, Wirtschaft und Umwelt und haben zur Verschlechterung der Lebensbedingungen der Palästinenser, ihrer Zwangsvertreibung, der „Rückentwicklung“ des besetzten palästinensischen Gebiets, der Verfestigung der asymmetrischen Abhängigkeit der palästinensischen Wirtschaft von Israel und der Verschärfung der institutionellen Abhängigkeit der Palästinenser von ausländischer Hilfe geführt.“[130]

Der Gerichtshof ist daher der Auffassung, dass die Politik und Praktiken Israels das Recht des palästinensischen Volkes behindern, frei über seinen politischen Status zu bestimmen und seine wirtschaftliche, soziale und kulturelle Entwicklung voranzutreiben.

243. Der lang anhaltende Charakter der rechtswidrigen Politik und Praktiken Israels verschärft ihre Verletzung des Rechts des palästinensischen Volkes auf Selbstbestimmung. Als Folge der jahrzehntelangen Politik und Praktiken Israels wurde das palästinensische Volk über einen langen Zeitraum seines Rechts auf Selbstbestimmung beraubt, und eine weitere Verlängerung dieser Politik und Praktiken untergräbt die Ausübung dieses Rechts in der Zukunft. Aus diesen Gründen ist der Gerichtshof der Ansicht, dass Israels rechtswidrige Politik und Praktiken gegen Israels Verpflichtung verstoßen, das Recht des palästinensischen Volkes auf Selbstbestimmung zu respektieren. Die Art und Weise, in der sich diese Politik auf den Rechtsstatus der Besatzung und damit auf die Rechtmäßigkeit der fortgesetzten Präsenz Israels im besetzten palästinensischen Gebiet auswirkt, wird weiter unten erörtert (siehe Absätze 255-257).

VI. AUSWIRKUNGEN DER POLITIK UND PRAKTIKEN ISRAELS AUF DEN LEGALEN STATUS DER BESATZUNG

A. Der Umfang des ersten Teils der Frage b) und das anwendbare Recht

244. Der Gerichtshof wird sich nun dem ersten Teil der Frage (b) zuwenden, zu der die Generalversammlung seine Stellungnahme eingeholt hat, und wird prüfen, ob und, wenn ja, in welcher Weise die Politik und Praxis Israels den Rechtsstatus der Besatzung im Lichte der einschlägigen Regeln und Grundsätze des Völkerrechts beeinflusst haben. Er wird zunächst den Umfang des ersten Teils der von der Generalversammlung gestellten Frage (b) näher bestimmen.

245. Wie aus der Antwort des Gerichtshofs auf Frage (a) hervorgeht, hat Israel bestimmte Strategien und Praktiken übernommen, die nicht mit dem Rechtssystem der Besatzung vereinbar sind. Darüber hinaus zeigt die obige Antwort auf Frage (a), dass Israels Strategien und Praktiken, einschließlich der fortgesetzten Ausweitung der Siedlungen, darauf abzielen, unumkehrbare Tatsachen vor Ort zu schaffen, die die Annexion großer Teile des besetzten palästinensischen Gebiets festigen und die Ausübung des Rechts auf Selbstbestimmung durch das palästinensische Volk behindern (siehe Absätze 162-173 und 230-243). oben). Der Gerichtshof ist der Auffassung, dass diese Politik und Praxis sowie die Schaffung von Fakten vor Ort erhebliche Auswirkungen auf den Rechtsstatus der Besatzung und damit auf die Rechtmäßigkeit der fortgesetzten Präsenz Israels im besetzten palästinensischen Gebiet haben.

246. Der Gerichtshof stellt fest, dass sowohl der Sicherheitsrat als auch die Generalversammlung ähnliche Ansichten hinsichtlich der Politik und Praxis Israels zum Ausdruck gebracht haben, die darauf abzielen, den Rechtsstatus, die geografische Beschaffenheit und die demografische Zusammensetzung des besetzten palästinensischen Gebiets zu verändern.

247. So erklärte der Sicherheitsrat in seiner Resolution 252 (1968), nachdem er bekräftigt hatte, dass der Erwerb von Territorien durch militärische Eroberung unzulässig sei,

„[Der Sicherheitsrat] ist der Auffassung, dass alle von Israel ergriffenen legislativen und administrativen Maßnahmen und Handlungen, einschließlich der Enteignung von Land und darauf befindlichem Eigentum, die darauf abzielen, den rechtlichen Status Jerusalems zu ändern, ungültig sind und diesen Status nicht ändern können.“

Der Rat forderte Israel außerdem in seiner Resolution 446 (1979) auf,

„seine bisherigen Maßnahmen zurückzunehmen und von allen Handlungen Abstand zu nehmen, die den Rechtsstatus und die geographische Beschaffenheit der seit 1967 besetzten arabischen Gebiete, einschließlich Jerusalems, verändern und deren demographische Zusammensetzung wesentlich beeinflussen würden, und insbesondere keine Teile der eigenen Zivilbevölkerung in die besetzten arabischen Gebiete zu übersiedeln.“

Darüber hinaus stellte der Rat in seiner Resolution 465 (1980) fest:

„alle von Israel ergriffenen Maßnahmen zur Änderung des physischen Charakters, der demografischen Zusammensetzung, der institutionellen Struktur oder des Status der seit 1967 besetzten palästinensischen und anderen arabischen Gebiete, einschließlich Jerusalems oder Teilen davon, haben keine rechtliche Gültigkeit und die Politik und Praxis Israels, Teile seiner Bevölkerung und neue Einwanderer in diesen Gebieten anzusiedeln, stellen einen eklatanten Verstoß gegen die Genfer Konvention zum Schutz von Zivilpersonen in Kriegszeiten dar und sind zudem ein ernstes Hindernis für die Erreichung eines umfassenden, gerechten und dauerhaften Friedens im Nahen Osten.“

248. Ebenso drückte die Generalversammlung in ihrer Resolution 32/5 (1977) unter Bezugnahme auf die ernste Lage in den besetzten arabischen Gebieten ihre tiefgreifende Unsicherheit und ernsthafte Sorge unter anderem über „die Maßnahmen und Handlungen der Regierung Israels als Besatzungsmacht aus, die darauf abzielen, den Rechtsstatus, die geografische Natur und die demografische Zusammensetzung dieser Gebiete zu ändern“; und stellte fest, dass „alle derartigen Maßnahmen und Handlungen Israels in den seit 1967 besetzten palästinensischen und anderen arabischen Gebieten keine Rechtsgültigkeit haben“. Anschließend forderte sie 2015

„Die Besatzungsmacht Israel soll ihren Verpflichtungen aus dem Völkerrecht, einschließlich des humanitären Völkerrechts, strikt nachkommen und alle völkerrechtswidrigen Maßnahmen sowie alle einseitigen Aktionen im besetzten palästinensischen Gebiet, einschließlich Ost-Jerusalem, einstellen, [also Maßnahmen] die darauf abzielen, den Charakter, den Status und die demografische Zusammensetzung des Gebiets zu verändern. Einbegriffen sind Beschlagnahmung und faktische Annexion von Land, wodurch dem endgültigen Ergebnis der Friedensverhandlungen, mit dem Ziel, die 1967 begonnene israelische Besatzung unverzüglich zu beenden, vorgegriffen wird.“[131].

249. In jüngerer Zeit forderte die Generalversammlung in derselben Entschließung, in der sie das vorliegende Gutachten vom Gerichtshof einholte,

„Israel, die Besatzungsmacht, stellt alle seine Siedlungstätigkeiten, den Bau der Mauer und alle anderen Maßnahmen ein, die darauf abzielen, den Charakter, den Status und die demografische Zusammensetzung des besetzten palästinensischen Gebiets, einschließlich in und um Ost-Jerusalem, zu verändern, da all dies unter anderem schwerwiegende und nachteilige Auswirkungen auf die Menschenrechte des palästinensischen Volkes, einschließlich seines Rechts auf Selbstbestimmung, und auf die Aussichten auf ein unverzügliches Ende der 1967 begonnenen israelischen Besatzung und eine gerechte, dauerhafte und umfassende Friedensregelung zwischen der palästinensischen und der israelischen Seite hat“[132].

250. Daher ist der Gerichtshof der Auffassung, dass es im ersten Teil der von der Generalversammlung gestellten Frage (b) nicht darum geht, ob die Politik und die Praktiken Israels den Rechtsstatus der Besatzung als solche berühren. Vielmehr ist das Gericht der Auffassung, dass der erste Teil der zweiten Frage die Art und Weise betrifft, in der sich die Politik und Praxis Israels auf den Rechtsstatus der Besatzung und damit auf die Rechtmäßigkeit der fortgesetzten Anwesenheit Israels als Besatzungsmacht im besetzten palästinensischen Gebiet auswirkt. Diese Rechtmäßigkeit ist nach den Regeln und Grundsätzen des allgemeinen Völkerrechts, einschließlich derjenigen der Charta der Vereinten Nationen, zu bestimmen.

251. Der Gerichtshof ist der Auffassung, dass die Regeln und Grundsätze des allgemeinen Völkerrechts und der Charta der Vereinten Nationen über die Anwendung von Gewalt auf fremdem Territorium (ius ad bellum) [Recht zum Krieg] von den Regeln und Grundsätzen unterschieden werden müssen, die für das Verhalten der Besatzungsmacht nach dem humanitären Völkerrecht (ius in bello) [Rechte im Krieg] und den internationalen Menschenrechtsnormen gelten. Die erstgenannten Regeln bestimmen die Rechtmäßigkeit der fortgesetzten Anwesenheit der Besatzungsmacht im besetzten Gebiet, während die letzteren für die Besatzungsmacht weiterhin gelten, unabhängig davon, ob ihre Anwesenheit rechtmäßig oder unrechtmäßig ist. Der Gerichtshof hält die erstgenannte Kategorie von Regeln und Grundsätzen hinsichtlich der Anwendung von Gewalt sowie das Selbstbestimmungsrecht der Völker für anwendbar auf seine Antwort auf den ersten Teil der Frage b) des Ersuchens um ein Gutachten der Generalversammlung.

B. Die Art und Weise, wie sich die israelische Politik und Praxis auf den Rechtsstatus der Besatzung auswirkt

252. Der Gerichtshof hat oben festgestellt, dass die israelische Politik und Praxis sowie die Art und Weise ihrer Umsetzung und Anwendung vor Ort erhebliche Auswirkungen auf den Rechtsstatus der Besatzung haben, und zwar durch die Ausweitung der israelischen Souveränität auf bestimmte Teile des besetzten Gebiets, deren schrittweise Annexion durch israelisches Territorium, die Ausübung israelischer Regierungsfunktionen und die Anwendung seiner nationalen Gesetze dort, sowie durch die Umsiedlung einer wachsenden Zahl seiner eigenen Staatsangehörigen in diese Teile des Gebiets und die Behinderung der Ausübung des Selbstbestimmungsrechts des palästinensischen Volkes (siehe Teil VC und Teil VE oben). Infolgedessen haben diese Politik und Praxis Veränderungen des physischen Charakters, des Rechtsstatus, der demografischen Zusammensetzung und der territorialen Integrität des besetzten palästinensischen Gebiets, insbesondere des Westjordanlands und Ostjerusalems, bewirkt. Diese Veränderungen offenbaren die Absicht, eine dauerhafte und irreversible israelische Präsenz im besetzten palästinensischen Gebiet zu schaffen.

253. Der Gerichtshof stellt fest, dass eine Besetzung ihrem Wesen nach eine fortgesetzte Gewaltanwendung auf fremdem Territorium beinhaltet. Eine solche Gewaltanwendung unterliegt jedoch den Regeln des Völkerrechts, die die Rechtmäßigkeit der Anwendung von Gewalt oder das „ius ad bellum“ [Recht auf Krieg] regeln. Wie in Teil V.C. oben angegeben, verbieten diese Regeln die Anwendung von Gewalt zur Erlangung von Territorium. Nach dem gegenwärtigen Völkerrecht, wie es in der Charta der Vereinten Nationen enthalten ist und sich im Völkergewohnheitsrecht widerspiegelt, kann eine Besetzung unter keinen Umständen als Grundlage für einen Anspruch auf ein Territorium dienen oder dessen Erwerb durch die Besatzungsmacht rechtfertigen.

254. Israels Anspruch auf Souveränität und seine Annexion bestimmter Teile des Territoriums stellen, wie oben gezeigt, einen Verstoß gegen das Verbot der gewaltsamen Gebietsaneignung dar. Dieser Verstoß hat direkte Auswirkungen auf die Rechtmäßigkeit der fortgesetzten Präsenz Israels als Besatzungsmacht im besetzten palästinensischen Gebiet. Der Gerichtshof ist der Auffassung, dass Israel aufgrund der Besetzung weder Anspruch auf Souveränität über das besetzte palästinensische Gebiet hat noch darauf Anspruch auf die Ausübung souveräner Befugnisse in irgendeinem Teil des besetzten palästinensischen Gebiets hat. Auch können Israels Sicherheitsbedenken nicht das Prinzip des Verbots der gewaltsamen Gebietsaneignung außer Kraft setzen.

255. Im Hinblick auf das Recht auf Selbstbestimmung erinnert der Gerichtshof daran, dass „die Achtung des Grundsatzes der Gleichberechtigung und Selbstbestimmung der Völker“ in der Charta der Vereinten Nationen (Artikel 1 Absatz 2) verankert und in der Resolution 2625 (XXV) der Generalversammlung bekräftigt ist, wonach „jeder Staat die Pflicht hat, sich jeder Gewalthandlung zu enthalten, welche die [in dieser Resolution] genannten Völker ihres Rechts auf Selbstbestimmung beraubt“.

256. Der Gerichtshof stellt fest, dass die Auswirkungen der oben erörterten Politik und Praxis Israels und seine Ausübung der Souveränität über bestimmte Teile des besetzten palästinensischen Gebiets, insbesondere das Westjordanland und Ostjerusalem, ein Hindernis für die Ausübung des Selbstbestimmungsrechts des palästinensischen Volkes darstellen (siehe Absätze 234-243 oben). Zu den Auswirkungen dieser Politik und Praxis gehören die Annexion von Teilen des besetzten palästinensischen Gebiets durch Israel, die Zersplitterung dieses Gebiets, die Untergrabung seiner Integrität, der Entzug der Nutzung der natürlichen Ressourcen des Gebiets für das palästinensische Volk und die Beeinträchtigung des Rechts des palästinensischen Volkes, seine wirtschaftliche, soziale und kulturelle Entwicklung zu verfolgen (siehe Absätze 230-243 oben).

257. Die oben beschriebenen Auswirkungen der Politik und Praxis Israels, die unter anderem dazu führen, dass dem palästinensischen Volk sein Selbstbestimmungsrecht über längere Zeit vorenthalten wird, stellen einen Verstoß gegen dieses Grundrecht dar. Dieser Verstoß hat unmittelbare Auswirkungen auf die Rechtmäßigkeit der Anwesenheit Israels als Besatzungsmacht im besetzten palästinensischen Gebiet. Der Gerichtshof ist der Auffassung, dass die Besatzung nicht dazu genutzt werden kann, die besetzte Bevölkerung auf unbestimmte Zeit in einem Zustand der Schwebe und Unsicherheit zu belassen und ihr ihr Selbstbestimmungsrecht zu verweigern, während Teile ihres Territoriums in das Territorium der Besatzungsmacht integriert werden. Der Gerichtshof ist der Auffassung, dass die Existenz des Selbstbestimmungsrechts des palästinensischen Volkes angesichts seines Charakters als unveräußerliches Recht nicht an Bedingungen seitens der Besatzungsmacht geknüpft werden kann.

258. Vor diesem Hintergrund wird sich der Gerichtshof nun der Prüfung der Rechtmäßigkeit der anhaltenden Präsenz Israels im besetzten palästinensischen Gebiet zuwenden.

C. Die Rechtmäßigkeit der fortgesetzten Präsenz Israels im besetzten palästinensischen Gebiet

259. Viele der Teilnehmer des vorliegenden Verfahrens haben argumentiert, dass die israelische Besatzung illegal sei, weil ihre Politik und Praktiken Veränderungen des Territoriums und seiner demografischen Zusammensetzung bewirkt hätten, die dauerhaften Charakter hätten. Aus ihrer Sicht macht der dauerhafte Charakter der Verstöße Israels gegen das Verbot der gewaltsamen Gebietseroberung die weitere Anwesenheit Israels im besetzten palästinensischen Gebiet rechtswidrig.

260. Einige Teilnehmer haben das vorliegende Verfahren mit Rechtliche Konsequenzen der fortgesetzten Präsenz Südafrikas in Namibia für Staaten verglichen. Diese Teilnehmer haben argumentiert, wenn Südafrikas fortgesetzte Präsenz aufgrund seiner Verletzung der geltenden Regeln und Prinzipien des allgemeinen Völkerrechts und der Charta der Vereinten Nationen als illegal eingestuft werden könne, dann könne dies auch für die Besetzung Israels gelten, da sie dieselben Regeln und Prinzipien verletzt.

261. Der Gerichtshof ist der Auffassung, dass die Verstöße Israels gegen das Verbot der gewaltsamen Gebietsaneignung und gegen das Selbstbestimmungsrecht des palästinensischen Volkes direkte Auswirkungen auf die Rechtmäßigkeit der fortgesetzten Anwesenheit Israels als Besatzungsmacht im besetzten palästinensischen Gebiet haben. Der anhaltende Missbrauch seiner Position als Besatzungsmacht durch Israel durch Annexion und Behauptung einer dauerhaften Kontrolle über das besetzte palästinensische Gebiet sowie die fortgesetzte Vereitelung des Selbstbestimmungsrechts des palästinensischen Volkes verletzt grundlegende Prinzipien des Völkerrechts und macht die Anwesenheit Israels im besetzten palästinensischen Gebiet rechtswidrig.

262. Diese Rechtswidrigkeit bezieht sich auf das gesamte 1967 von Israel besetzte palästinensische Gebiet. Dies ist die territoriale Einheit, in der Israel Politik und Praktiken aufgezwungen hat, um das palästinensische Volk zu zersplittern und sein Recht auf Selbstbestimmung zu unterbinden. Auf große Teile dieser Einheit hat Israel seine Souveränität unter Verletzung des Völkerrechts ausgedehnt. Das gesamte besetzte palästinensische Gebiet ist auch das Gebiet, in dem das palästinensische Volk sein Recht auf Selbstbestimmung ausüben können sollte, dessen Integrität respektiert werden muss.

263. Drei Teilnehmer haben behauptet, dass Abkommen zwischen Israel und Palästina, einschließlich der Oslo- Abkommen, Israels Recht anerkennen, seine Präsenz im besetzten palästinensischen Gebiet aufrechtzuerhalten, unter anderem, um seinen Sicherheitsbedürfnissen und -verpflichtungen nachzukommen. Der Gerichtshof stellt fest, dass diese Abkommen Israel nicht gestatten, Teile des besetzten palästinensischen Gebiets zu annektieren, um seine Sicherheitsbedürfnisse zu erfüllen. Ebenso wenig ermächtigen sie Israel, aus solchen Sicherheitsbedürfnissen eine dauerhafte Präsenz im besetzten palästinensischen Gebiet aufrechtzuerhalten.

264. Der Gerichtshof betont, dass die Schlussfolgerung, dass Israels fortgesetzte Anwesenheit im besetzten palästinensischen Gebiet illegal ist, Israel nicht von seinen Verpflichtungen und Verantwortlichkeiten nach internationalem Recht, insbesondere dem Besatzungsrecht, gegenüber der palästinensischen Bevölkerung und gegenüber anderen Staaten in Bezug auf die Ausübung seiner Befugnisse in Bezug auf das Gebiet entbindet, bis seine Anwesenheit beendet ist. Die tatsächliche Kontrolle eines Gebiets, ungeachtet seines Rechtsstatus nach internationalem Recht, bestimmt die Grundlage der Verantwortung eines Staates für seine Handlungen, die die Bevölkerung des Gebiets oder andere Staaten betreffen[133].

VII. RECHTLICHE FOLGEN AUS ISRAELS POLITIK UND PRAKTIKEN SOWIE AUS DER ILLEGALITÄT DER FORTGESETZTEN PRÄSENZ ISRAELS IM BESETZTEN PALÄSTINENSISCHEN GEBIET

265. Der Gerichtshof hat festgestellt, dass die in Frage (a) genannten Richtlinien und Praktiken Israels gegen das Völkerrecht verstoßen. Die Aufrechterhaltung dieser Richtlinien und Praktiken ist eine rechtswidrige Handlung von anhaltendem Charakter, die Israels internationale Verantwortung nach sich zieht[134].

266. Der Gerichtshof hat in seiner Antwort auf den ersten Teil der Frage (b) auch festgestellt, dass die fortgesetzte Anwesenheit Israels im besetzten palästinensischen Gebiet illegal ist. Der Gerichtshof wird sich daher mit den rechtlichen Folgen befassen, die sich aus den in Frage (a) genannten Politiken und Praktiken Israels für Israel ergeben, zusammen mit jenen, die sich aus der Illegalität der fortgesetzten Anwesenheit Israels im besetzten palästinensischen Gebiet gemäß Frage (b) für Israel, für andere Staaten und für die Vereinten Nationen ergeben.

A. Rechtliche Konsequenzen für Israel

267. Hinsichtlich der Feststellung des Gerichtshofs, dass Israels fortgesetzte Anwesenheit im besetzten palästinensischen Gebiet illegal ist, ist der Gerichtshof der Auffassung, dass diese Anwesenheit eine unrechtmäßige Handlung darstellt, die seine internationale Verantwortung nach sich zieht. Es handelt sich um eine unrechtmäßige Handlung von anhaltendem Charakter, die durch Israels Verstöße gegen das Verbot der gewaltsamen Gebietsübernahme und das Selbstbestimmungsrecht des palästinensischen Volkes durch seine Politik und Praktiken verursacht wurde. Folglich ist Israel verpflichtet, seine Präsenz im besetzten palästinensischen Gebiet so schnell wie möglich zu beenden. Wie der Gerichtshof in seinem Gutachten zur Mauer bestätigte, ist die Verpflichtung eines für eine völkerrechtswidrige Handlung verantwortlichen Staates, diese Handlung zu beenden, im allgemeinen Völkerrecht festgeschrieben, und der Gerichtshof hat die Existenz dieser Verpflichtung mehrfach bestätigt[135].

268. Der Gerichtshof stellt ferner fest, dass Israel im Hinblick auf die in Frage (a) genannten und als rechtswidrig befundenen Politiken und Praktiken Israels verpflichtet ist, diese rechtswidrigen Handlungen zu beenden. In dieser Hinsicht muss Israel unverzüglich alle neuen Siedlungsaktivitäten einstellen. Israel ist außerdem verpflichtet, alle Gesetze und Maßnahmen aufzuheben, die eine rechtswidrige Situation schaffen oder aufrechterhalten, einschließlich jener, die das palästinensische Volk im besetzten palästinensischen Gebiet diskriminieren, sowie alle Maßnahmen, die auf eine Änderung der demografischen Zusammensetzung irgendwelcher Teile des Gebiets abzielen.

269. Israel ist außerdem verpflichtet, allen betroffenen natürlichen und juristischen Personen den durch seine völkerrechtswidrigen Handlungen entstandenen Schaden vollständig wiedergutzumachen[136]. Der Gerichtshof erinnert daran, dass der wesentliche Grundsatz darin besteht, dass „Wiedergutmachung so weit wie möglich alle Folgen der illegalen Handlung beseitigen und die Situation wiederherstellen muss, die aller Wahrscheinlichkeit nach bestanden hätte, wenn diese Handlung nicht begangen worden wäre“[137]. Wiedergutmachung umfasst Rückerstattung, Entschädigung und/oder Genugtuung.

270. Die Restitution umfasst die Verpflichtung Israels, das Land und sonstiges unbewegliches Eigentum sowie alle Vermögenswerte, die seit Beginn der Besetzung im Jahr 1967 von natürlichen oder juristischen Personen beschlagnahmt wurden, zurückzugeben, sowie alle Kulturgüter und Vermögenswerte, die Palästinensern und palästinensischen Institutionen entzogen wurden, einschließlich Archive und Dokumente. Sie erfordert auch die Evakuierung aller Siedler aus bestehenden Siedlungen und den Abbau der von Israel errichteten Teile der Mauer, die sich im besetzten palästinensischen Gebiet befinden, sowie die Erlaubnis für alle während der Besetzung vertriebenen Palästinenser, an ihren ursprünglichen Wohnort zurückzukehren.

271. Für den Fall, dass sich eine solche Rückerstattung als materiell unmöglich erweisen sollte, ist Israel verpflichtet, alle natürlichen und juristischen Personen sowie gegebenenfalls die Bevölkerungsgruppen, die infolge der unrechtmäßigen Handlungen Israels während der Besatzung irgendeine Form von materiellem Schaden erlitten haben, im Einklang mit den geltenden Regeln des Völkerrechts zu entschädigen.

272. Der Gerichtshof betont, dass die Verpflichtungen, die sich aus Israels völkerrechtswidrigen Handlungen ergeben, es nicht von seiner fortdauernden Pflicht entbinden, die internationalen Verpflichtungen zu erfüllen, gegen die es durch sein Verhalten verstößt. Insbesondere bleibt Israel verpflichtet, seiner Verpflichtung nachzukommen, das Selbstbestimmungsrecht des palästinensischen Volkes zu respektieren, sowie seinen Verpflichtungen nach dem humanitären Völkerrecht und den internationalen Menschenrechtsnormen[138].

B. Rechtsfolgen für andere Staaten

273. Der Gerichtshof wird sich nun den rechtlichen Folgen der völkerrechtswidrigen Handlungen im besetzten palästinensischen Gebiet gegenüber anderen Staaten zuwenden.

274. Der Gerichtshof stellt fest, dass die von Israel verletzten Verpflichtungen bestimmte Verpflichtungen erga omnes [für alle] umfassen. Wie der Gerichtshof im Fall Barcelona Traction feststellte, sind solche Verpflichtungen von Natur aus „Angelegenheit aller Staaten“ und „angesichts der Bedeutung der betroffenen Rechte kann davon ausgegangen werden, dass alle Staaten ein rechtliches Interesse an deren Schutz haben“[139]. Zu den von Israel verletzten Verpflichtungen erga omnes zählen die Verpflichtung, das Selbstbestimmungsrecht des palästinensischen Volkes zu respektieren, die Verpflichtung, die sich aus dem Verbot der Anwendung von Gewalt zur Eroberung von Territorien ergibt, sowie bestimmte Verpflichtungen des Landes nach dem humanitären Völkerrecht und den internationalen Menschenrechtsnormen.

275. In Bezug auf das Recht auf Selbstbestimmung ist der Gerichtshof der Auffassung, dass es zwar Sache der Generalversammlung und des Sicherheitsrates ist, die Modalitäten festzulegen, die erforderlich sind, um ein Ende der illegalen Präsenz Israels im besetzten palästinensischen Gebiet und die volle Verwirklichung des Rechts des palästinensischen Volkes auf Selbstbestimmung sicherzustellen, dass jedoch alle Staaten mit den Vereinten Nationen zusammenarbeiten müssen, um diese Modalitäten umzusetzen. Wie in der Erklärung über die Grundsätze des Völkerrechts für freundschaftliche Beziehungen und Zusammenarbeit zwischen Staaten gemäß der Charta der Vereinten Nationen in Erinnerung gerufen wird,

„[hat] Jeder Staat die Pflicht, durch gemeinsame und getrennte Maßnahmen die Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichberechtigung und Selbstbestimmung der Völker im Einklang mit den Bestimmungen der Charta zu fördern und den Vereinten Nationen bei der Wahrnehmung der ihnen durch die Charta übertragenen Verantwortung hinsichtlich der Umsetzung dieses Grundsatzes Hilfe zu leisten“[140]. 

276. Was das Verbot der gewaltsamen Gebietsübernahme betrifft, stellt der Gerichtshof fest, dass der Sicherheitsrat in Bezug auf das besetzte palästinensische Gebiet mehrfach die Unzulässigkeit der gewaltsamen Gebietsübernahme erklärt und festgestellt hat, dass   

„Alle von Israel ergriffenen Maßnahmen zur Änderung des physischen Charakters, der demografischen Zusammensetzung, der institutionellen Struktur oder des Status der seit 1967 besetzten palästinensischen und anderen arabischen Gebiete, einschließlich Jerusalems oder Teilen davon, haben keine Rechtsgültigkeit.“[141]

Darüber hinaus bekräftigte der Sicherheitsrat in seiner Resolution 2334 (2016), dass er „keine Änderungen der Grenzen vom 4. Juni 1967, auch in Bezug auf Jerusalem, anerkennen werde, außer denjenigen, die von den Parteien in Verhandlungen vereinbart wurden“, und forderte „alle Staaten auf, unter Berücksichtigung von Absatz 1 dieser Resolution in ihren einschlägigen Geschäften zwischen dem Territorium des Staates Israel und den seit 1967 besetzten Gebieten zu unterscheiden“.

277. Ebenso forderte die Generalversammlung alle Staaten auf,

a) Keine Änderungen der Grenzen von vor 1967 anzuerkennen, auch nicht im Hinblick auf

Jerusalem, mit Ausnahme derjenigen, die von den Parteien in Verhandlungen vereinbart wurden, unter anderem indem sichergestellt wird, dass Abkommen mit Israel nicht die Anerkennung der israelischen Souveränität über die 1967 von Israel besetzten Gebiete bedeuten;

b) in ihren einschlägigen Beziehungen zwischen dem Hoheitsgebiet des Staates Israel und den seit 1967 besetzten Gebieten zu unterscheiden;

c) im Einklang mit der Resolution 465 (1980) des Sicherheitsrats vom 1. März 1980 illegale Siedlungstätigkeiten weder zu unterstützen noch Hilfe zu leisten, insbesondere Israel keine Hilfe zukommen zu lassen, die speziell im Zusammenhang mit Siedlungen in den besetzten Gebieten eingesetzt werden soll;

d) das Völkerrecht unter allen Umständen zu achten und seine Achtung sicherzustellen, auch durch Rechenschaftsmaßnahmen, die mit dem Völkerrecht vereinbar sind“[142].

In ihrer Resolution 77/126 forderte die Generalversammlung außerdem

„alle Staaten, im Einklang mit ihren Verpflichtungen nach dem Völkerrecht und den einschlägigen Resolutionen, die Situation, die durch Maßnahmen geschaffen wurde, die nach dem Völkerrecht illegal sind, nicht anzuerkennen und keine Hilfe oder Unterstützung bei der Aufrechterhaltung dieser Situation zu leisten, auch hinsichtlich der Maßnahmen, die auf die Förderung der Annexion im besetzten palästinensischen Gebiet, einschließlich Ostjerusalem und andere seit 1967 von Israel besetzte arabische Gebiete hindeuten“;

In der Resolution 32/161 (1977) forderte die Generalversammlung

Alle Staaten, internationalen Organisationen, Sonderagenturen, Investmentgesellschaften und alle anderen Institutionen werden keine Maßnahmen Israels anerkennen, mit ihnen kooperieren oder sie in irgendeiner Weise unterstützen, die darauf abzielen, die Ressourcen der besetzten Gebiete auszubeuten oder Änderungen an der demografischen Zusammensetzung, dem geografischen Charakter oder der institutionellen Struktur dieser Gebiete herbeizuführen.“

278. Unter Kenntnisnahme der Resolutionen des Sicherheitsrats und der Generalversammlung ist der Gerichtshof der Auffassung, dass die Mitgliedstaaten verpflichtet sind, keine Änderungen der physischen Beschaffenheit, der demografischen Zusammensetzung, der institutionellen Struktur oder des Status des von Israel am 5. Juni 1967 besetzten Gebiets, einschließlich Ost-Jerusalems, anzuerkennen, es sei denn, dies wurde von den Parteien in Verhandlungen vereinbart, und in ihren Beziehungen zu Israel zwischen dem Gebiet des Staates Israel und dem seit 1967 besetzten palästinensischen Gebiet zu unterscheiden. Der Gerichtshof ist der Auffassung, dass die Pflicht, im Umgang mit Israel zwischen dessen eigenem Territorium und dem besetzten palästinensischen Gebiet zu unterscheiden, unter anderem die Verpflichtung umfasst, sich in allen Fällen vertraglicher Beziehungen mit Israel zu enthalten, in denen Israel vorgibt, im Namen des besetzten palästinensischen Gebiets oder eines Teils davon in Angelegenheiten zu handeln, die das besetzte palästinensische Gebiet oder einen Teil seines Territoriums betreffen; sich von wirtschaftlichen oder Handelsbeziehungen mit Israel bezüglich des besetzten palästinensischen Gebiets oder Teilen davon zu enthalten, die seine unrechtmäßige Anwesenheit in dem Gebiet festigen könnten; sich bei der Einrichtung und Aufrechterhaltung diplomatischer Vertretungen in Israel jeder Anerkennung seiner illegalen Anwesenheit in dem besetzten palästinensischen Gebiet zu enthalten; und Schritte zu unternehmen, um Handels- oder Investitionsbeziehungen zu verhindern, die zur Aufrechterhaltung der von Israel geschaffenen illegalen Situation in dem besetzten palästinensischen Gebiet beitragen.[143]

279. Darüber hinaus ist der Gerichtshof der Auffassung, dass alle Staaten angesichts der Art und Bedeutung der damit verbundenen Rechte und Pflichten verpflichtet sind, die Situation, die sich aus der unrechtmäßigen Anwesenheit Israels im besetzten palästinensischen Gebiet ergibt, nicht als rechtmäßig anzuerkennen. Sie sind auch verpflichtet, keine Hilfe oder Unterstützung bei der Aufrechterhaltung der Situation zu leisten, die durch die illegale Anwesenheit Israels im besetzten palästinensischen Gebiet entstanden ist. Es ist Aufgabe aller Staaten, unter Einhaltung der Charta der Vereinten Nationen und des Völkerrechts sicherzustellen, dass alle Hindernisse, die sich aus der illegalen Anwesenheit Israels im besetzten palästinensischen Gebiet für die Ausübung des Selbstbestimmungsrechts des palästinensischen Volkes ergeben, beseitigt werden. Darüber hinaus sind alle Vertragsstaaten der Vierten Genfer Konvention verpflichtet, unter Einhaltung der Charta der Vereinten Nationen und des Völkerrechts sicherzustellen, dass Israel das in dieser Konvention verankerte humanitäre Völkerrecht einhält.

C. Rechtliche Konsequenzen für die Vereinten Nationen

280. Die oben genannte Pflicht zur Nichtanerkennung gilt auch für internationale Organisationen, einschließlich der Vereinten Nationen, angesichts der schwerwiegenden Verstöße gegen Verpflichtungen erga omnes [also alle] nach internationalem Recht. Wie oben erwähnt, hat die Generalversammlung in einigen ihrer Resolutionen bereits internationale Organisationen und Sonderorganisationen aufgefordert, „keine Maßnahmen Israels zur Ausbeutung der Ressourcen der besetzten Gebiete oder zur Herbeiführung von Änderungen der demografischen Zusammensetzung, des geografischen Charakters oder der institutionellen Struktur dieser Gebiete anzuerkennen, mit ihnen zusammenzuarbeiten oder sie in irgendeiner Weise zu unterstützen[144]. Angesichts des Charakters und der Bedeutung der Verpflichtungen erga omnes, die mit der illegalen Anwesenheit Israels im besetzten palästinensischen Gebiet verbunden sind, gilt die Verpflichtung, die Situation, die sich aus der unrechtmäßigen Anwesenheit Israels im besetzten palästinensischen Gebiet ergibt, nicht als legal anzuerkennen, und die Verpflichtung, in ihren Beziehungen zu Israel zwischen dem Territorium Israels und dem besetzten palästinensischen Gebiet zu unterscheiden, auch für die Vereinten Nationen.

281. Abschließend ist der Gerichtshof der Auffassung, dass die genauen Modalitäten zur Beendigung der unrechtmäßigen Anwesenheit Israels im besetzten palästinensischen Gebiet eine Angelegenheit sind, mit der sich die Generalversammlung, die dieses Gutachten angefordert hat, sowie der Sicherheitsrat befassen müssen. Daher ist es Aufgabe der Generalversammlung und des Sicherheitsrats, unter Berücksichtigung des vorliegenden Gutachtens zu prüfen, welche weiteren Maßnahmen erforderlich sind, um die illegale Anwesenheit Israels zu beenden.

282. Der Gerichtshof hält es für wichtig, wie bereits in seinem Mauer -Gutachten zu betonen,

„die dringende Notwendigkeit für die Vereinten Nationen als Ganzes, ihre Anstrengungen zu verdoppeln, um den israelisch-palästinensischen Konflikt, der weiterhin eine Bedrohung für den internationalen Frieden und die internationale Sicherheit darstellt, zu einem raschen Abschluss zu bringen und so einen gerechten und dauerhaften Frieden in der Region herzustellen“[145].

283. Der Gerichtshof ist außerdem der Auffassung, dass die Verwirklichung des Rechts des palästinensischen Volkes auf Selbstbestimmung, einschließlich seines Rechts auf einen unabhängigen und souveränen Staat, der in Frieden Seite an Seite mit dem Staat Israel innerhalb sicherer und anerkannter Grenzen für beide Staaten lebt, wie in den Resolutionen des Sicherheitsrats und der Generalversammlung vorgesehen, zur regionalen Stabilität und zur Sicherheit aller Staaten im Nahen Osten beitragen würde.

284. Der Gerichtshof betont, dass seine Antwort auf die ihm von der Generalversammlung vorgelegten Fragen auf der Gesamtheit der oben vom Gerichtshof dargelegten Rechtsgründe beruht, von denen jeder im Lichte der anderen zu lesen ist, wobei die vom Gerichtshof formulierte sachliche, territoriale und zeitliche Tragweite der Fragen zu berücksichtigen ist (Randnummern 72 bis 83).

285 Aus diesen Gründen kommt das Gericht [Abstimmungsverhalten der Richter im Originaldokument, nicht in der deutschen Übersetzung]

(1)     Einstimmig zum Schluss, dass es für die Abgabe des erbetenen Gutachtens zuständig ist;

(2)     Mit vierzehn Stimmen gegen eine beschließt, der Bitte um ein Gutachten nachzukommen;

(3)     [ist das Gericht] der Auffassung, dass die fortgesetzte Präsenz des Staates Israel im besetzten palästinensischen Territorium rechtswidrig ist;

(4)     [ist das Gericht] der Auffassung, dass der Staat Israel die Pflicht hat, seine unrechtmäßige Präsenz im besetzten palästinensischen Gebiet so schnell wie möglich zu beenden;

(5)     [ist das Gericht] der Auffassung, dass der Staat Israel verpflichtet ist, unverzüglich alle neuen Siedlungsaktivitäten zu beenden, und Evakuierung aller Siedler aus dem besetzten palästinensischen Gebiet vorzunehmen;

(6)     [ist das Gericht] der Ansicht, dass der Staat Israel verpflichtet ist, den Schaden wiedergutzumachen, welche allen betroffenen natürlichen und juristischen Personen im besetzten palästinensischen Gebiet entstehen;

(7)     [ist das Gericht] der Auffassung, dass alle Staaten verpflichtet sind, die Situation, die sich aus der unrechtmäßigen Anwesenheit des Staates Israel im besetzten palästinensischen Gebiet ergibt, nicht als rechtmäßig anzuerkennen und keine Hilfe oder Unterstützung bei der Aufrechterhaltung der Situation zu leisten, die durch die fortgesetzte Anwesenheit des Staates Israel im besetzten palästinensischen Gebiet entsteht;

(8)     [ist das Gericht] der Auffassung, dass internationale Organisationen, darunter die Vereinten Nationen, die Verpflichtung haben, die Situation, die sich aus der unrechtmäßigen Anwesenheit des Staates Israel im besetzten palästinensischen Gebiet ergibt, nicht als rechtmäßig anzuerkennen;

(9)     [ist das Gericht] der Auffassung, dass die Vereinten Nationen und insbesondere die Generalversammlung, die um diese Stellungnahme ersucht hat, sowie der Sicherheitsrat die genauen Modalitäten und weiteren Maßnahmen prüfen sollten, die erforderlich sind, um die unrechtmäßige Präsenz des Staates Israel im besetzten palästinensischen Gebiet so schnell wie möglich zu beenden.



[2](Schlussbericht der Diplomatischen Konferenz von Genf von 1949, Band II, Abschnitt A, Bericht des Ausschusses III an die Plenarversammlung der Diplomatischen Konferenz von Genf, S. 815-816)

[3](siehe „Israelische Siedlungen im besetzten palästinensischen Gebiet, einschließlich Ost- Jerusalem, und auf den besetzten syrischen Golanhöhen: Bericht des Generalsekretärs“, UN-Dok. A/78/554 (25. Oktober 2023), Abs. 15-20; „Israelische Siedlungen im besetzten palästinensischen Gebiet, einschließlich Ost-Jerusalem, und auf den besetzten syrischen Golanhöhen: Bericht des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Menschenrechte“, UNDok. A/HRC/52/76 (15. März 2023), Abs. 14-15).

[4](ICJ Reports 2004 (I), S. 183, Abs. 120)

[5](siehe beispielsweise „Wirtschaftliche und soziale Auswirkungen der israelischen Besatzung auf die Lebensbedingungen der palästinensischen Bevölkerung im besetzten palästinensischen Gebiet einschließlich Jerusalem und der arabischen Bevölkerung auf den besetzten syrischen Golanhöhen“, UN-Dok. A/ 53/163-E/1998/79 (14. Juli 1998), Abs. 21; „Datenbank aller Unternehmen, die an den in Absatz 96 des Berichts der unabhängigen internationalen Untersuchungsmission zur Untersuchung der Auswirkungen der israelischen Siedlungen auf die bürgerlichen, politischen, wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte der palästinensischen Bevölkerung im gesamten besetzten palästinensischen Gebiet einschließlich Ostjerusalems beschriebenen Aktivitäten beteiligt sind: Bericht des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Menschenrechte“, UN-Dok. A/HRC/37/39 (1. Februar 2018), Abs. 43-45; „Bericht über die Hilfe der UNCTAD für das palästinensische Volk: Entwicklungen in der Wirtschaft des besetzten palästinensischen Gebiets“, UN-Dok. TD/B/EX(71)/2 (20. September 2021), Abs. 40-41).

[6]Bericht des Generalsekretärs“, UN-Dok. A/78/554 (25. Oktober 2023), Absatz 17)

[7](„Bericht über die Hilfe der UNCTAD für das palästinensische Volk: Entwicklungen in der Wirtschaft des besetzten palästinensischen Gebiets“, UN-Dok. TD/B/EX(71)/2 (20. September 2021), Abs. 40).

[8](UN-Dok. A/77/328 (14. September 2022), Abs. 51)

[9](„Israelische Siedlungen im besetzten palästinensischen Gebiet, einschließlich Ostjerusalem, und im besetzten syrischen Golan: Bericht des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Menschenrechte“, UN-Dok. A/HRC/52/76 (15. März 2023), Abs. 10)

[10](„Bericht der unabhängigen internationalen Untersuchungskommission über das besetzte palästinensische Gebiet, einschließlich Ostjerusalem, und Israel“, UN-Dok. A/77/328 (14. September 2022), Abs. 39)

[11](ebenda, Abs. 33; „Bericht der unabhängigen internationalen Untersuchungsmission zur Untersuchung der Auswirkungen der israelischen Siedlungen auf die bürgerlichen, politischen, wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte des palästinensischen Volkes im gesamten besetzten palästinensischen Gebiet einschließlich Ostjerusalem“, UN-Dok. A/HRC/22/63 (7. Februar 2013), Abs. 63)

[12](„Israelische Siedlungen im besetzten palästinensischen Gebiet, einschließlich Ostjerusalem, und auf den besetzten syrischen Golanhöhen: Bericht des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Menschenrechte“, UN-Dok. A/HRC/52/76 (15. März 2023), Abs. 8)

[13](siehe „ Rechtliche Folgen des Baus einer Mauer im besetzten palästinensischen Gebiet“, Gutachten, IGH-Berichte 2004 (I), S. 192, Abs. 135)

[14](IGH) Berichte 2004 (I), S. 189, Abs. 132

[15](ebenda, S. 183, Abs. 119)

[16](Artikel 55 der Vierten Genfer Konvention)

[17](siehe auch International Law Commission, „Entwurf von Grundsätzen zum Schutz der Umwelt in Bezug auf bewaffnete Konflikte, mit Kommentaren“, 2022, UN-Dok. A/77/10, Grundsatz 20)

[18](Urteil, IGH-Berichte 2005, S. 251, Abs. 244)

[19](ebd., Abs. 242)

[20](ebd., Abs. 244)

[21](„Wirtschaftliche und soziale Auswirkungen der israelischen Besatzung auf die Lebensbedingungen der palästinensischen Bevölkerung im besetzten palästinensischen Gebiet, einschließlich Ostjerusalem, und der arabischen Bevölkerung im besetzten syrischen Golan“, UN-Dok. A/78/127-E/2023/95 (30. Juni 2023), Abs. 61; Weltbank, Gebiet C und die Zukunft der palästinensischen Wirtschaft (2013), S. 21-25)

[22](„Allocation of water resources in the Occupied Palestinian Territory, including East Jerusalem: Report of the United Nations High Commissioner for Human Rights“, UN-Dok. A/HRC/48/43 (15. Oktober 2021), Abs. 18)

[23](„Bericht der unabhängigen internationalen Untersuchungsmission zur Untersuchung der Auswirkungen der israelischen Siedlungen auf die bürgerlichen, politischen, wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte des palästinensischen Volkes im gesamten besetzten palästinensischen Gebiet, einschließlich Ostjerusalem“, UN-Dok. A/HRC/22/63 (7. Februar 2013), Abs. 83-85)

[24](„Wirtschaftliche und soziale Auswirkungen der israelischen Besatzung auf die Lebensbedingungen der palästinensischen Bevölkerung im besetzten palästinensischen Gebiet, einschließlich Ostjerusalem, und der arabischen Bevölkerung im besetzten syrischen Golan“, UN-Dokument A/78/127-E/2023/95 (30. Juni 2023), Absätze 62-63)

[25](„Allocation of water resources in the Occupied Palestinian Territory, including East Jerusalem: Report of the United Nations High Commissioner for Human Rights“, UN-Dok. A/HRC/48/43 (15. Oktober 2021), Abs. 30 und 43).

[26](„Allocation of water resources in the Occupied Palestinian Territory, including East Jerusalem: Report of the United Nations High Commissioner for Human Rights“, UN-Dok. A/HRC/48/43 (15. Oktober 2021), Abs. 26)

[27](„Concluding observations on the four periodic report of Israel“, UN-Dok. E/C.12/ISR/CO/4 (12. November 2019), Abs. 46)

[28](„Bericht der unabhängigen internationalen Untersuchungskommission für das besetzte palästinensische Gebiet, einschließlich Ostjerusalem, und Israel“, UN-Dok. A/77/328 (14. September 2022), Abs. 72; „Bericht über die Hilfe der UNCTAD für das palästinensische Volk: Entwicklungen in der Wirtschaft des besetzten palästinensischen Gebiets“, UN-Dok. TD/B/67/5 (5. August 2020), Abs. 31)

[29](„Bericht der unabhängigen internationalen Untersuchungskommission zur Untersuchung der Auswirkungen der israelischen Siedlungen auf die bürgerlichen, politischen, wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte des palästinensischen Volkes im gesamten besetzten palästinensischen Gebiet, einschließlich Ost-Jerusalem“, UN-Dok. A/HRC/22/63 (7. Februar 2013), Abs. 36)

[30](„Bericht der unabhängigen internationalen Untersuchungskommission für das besetzte palästinensische Gebiet, einschließlich Ostjerusalem, und Israel“, UN-Dok. A/77/328 (14. September 2022), Abs. 37)

[31](„Wirtschaftliche und soziale Auswirkungen der israelischen Besatzung auf die Lebensbedingungen der palästinensischen Bevölkerung im besetzten palästinensischen Gebiet, einschließlich Ostjerusalem, und der arabischen Bevölkerung im besetzten syrischen Golan“, UN-Dok. A/74/88-E/2019/72 (13. Mai 2019), Abs. 86)

[32](Sicherheitsratsresolution 465 (1980) vom 1. März 1980, Abs. 8)

[33](siehe beispielsweise Resolution 78/170 der Generalversammlung vom 19. Dezember 2023, Abs. 2)

[34](Artikel 55 der Vierten Genfer Konvention)

[35](Artikel 40 des Anhangs I von Anlage III des Oslo-II-Abkommens)

[36](„Bericht der unabhängigen internationalen Untersuchungskommission für das besetzte palästinensische Gebiet, einschließlich Ostjerusalem, und Israel“, UN-Dok. A/77/328 (14. September 2022), Abs. 46.)

[37](„Israelische Siedlungen im besetzten palästinensischen Gebiet, einschließlich Ostjerusalem, und dem besetzten syrischen Golan: Bericht des Generalsekretärs“, UN-Dokument A/67/375 (18. September 2012), Absätze 11-13)

[38](„Grundgesetz: Jerusalem, die Hauptstadt Israels“, 5740-1980)

[39](ICJ Reports 2004 (I), S. 184, Abs. 122)

[40](„Israelische Siedlungen im besetzten palästinensischen Gebiet, einschließlich Ostjerusalem, und auf den besetzten syrischen Golanhöhen: Bericht des Generalsekretärs“, UN-Dok. A/78/554 (25. Oktober 2023), Abs. 31)

[41](„Wirtschaftliche und soziale Auswirkungen der israelischen Besatzung auf die Lebensbedingungen der palästinensischen Bevölkerung im besetzten palästinensischen Gebiet, einschließlich Ostjerusalem, und der arabischen Bevölkerung auf den besetzten syrischen Golanhöhen“, UN-Dok. A/77/90-E/2022/66 (8. Juni 2022), Abs. 43)

[42](HCJ 413/13 Abu 'Aram gegen Verteidigungsminister, 2022; siehe auch „Israelische Siedlungen im besetzten palästinensischen Gebiet, einschließlich Ostjerusalem, und auf den besetzten syrischen Golanhöhen: Bericht des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Menschenrechte“, UN-Dok. A/HRC/52/76 (15. März 2023), Abs. 52-53)

[43](siehe Schlussbericht der Diplomatischen Konferenz von Genf von 1949, Band II, Abschnitt A, Bericht des Ausschusses III an die Plenarversammlung der Diplomatischen Konferenz von Genf, S. 827)

[44](siehe Internationaler Strafgerichtshof für das ehemalige Jugoslawien, Staatsanwalt gegen Milomir Stakiÿ, Fall Nr. IT-97-24-A, Berufungskammer, Urteil vom 22. März 2006, Abs. 279)

[45](siehe zum Beispiel „Israelische Siedlungen im besetzten palästinensischen Gebiet, einschließlich Ost-Jerusalem, und auf den besetzten syrischen Golanhöhen: Bericht des Generalsekretärs“, UN-Dok. A/78/554 (25. Oktober 2023), Abs. 45-74; „Israelische Siedlungen im besetzten palästinensischen Gebiet, einschließlich Ost-Jerusalem, und auf den besetzten syrischen Golanhöhen: Bericht des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Menschenrechte“, UN-Dok. A/HRC/55/72 (1. Februar 2024), Abs. 16-33)

[46](z. B. „Israelische Siedlungen im besetzten palästinensischen Gebiet, einschließlich Ostjerusalem, und dem besetzten syrischen Golan: Bericht des Generalsekretärs“, UN-Dok. A/ 76/336 (23. September 2021), Abs. 17)

[47](„Bericht der unabhängigen internationalen Untersuchungskommission über das besetzte palästinensische Gebiet, einschließlich Ostjerusalem, und Israel“, UN-Dok. A/77/328 (14. September 2022), Abs. 64)

[48](z. B. „Israelische Siedlungen im besetzten palästinensischen Gebiet, einschließlich Ostjerusalem, und auf den besetzten syrischen Golanhöhen: Bericht des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Menschenrechte“, UN-Dok. A/HRC/49/85 (28. April 2022), Abs. 13)

[49](„Israelische Siedlungen im besetzten palästinensischen Gebiet, einschließlich Ostjerusalem, und den besetzten syrischen Golanhöhen: Bericht des Generalsekretärs“, UN-Dok. A/77/493 (3. Oktober 2022), Abs. 41)

[50](siehe Menschenrechtsausschuss, „Abschließende Beobachtungen zum fünften periodischen Bericht Israels“, UN-Dok. CCPR/C/ISR/CO/5 (5. Mai 2022), Abs. 24)

[51](„Bericht der unabhängigen internationalen Untersuchungskommission über das besetzte palästinensische Gebiet, einschließlich Ostjerusalem, und Israel“, UN-Dok. A/78/198 (5. September 2023), Abs. 12-21; „Bericht der unabhängigen internationalen Untersuchungskommission über das besetzte palästinensische Gebiet, einschließlich Ostjerusalem, und Israel“, UN-Dok. A/77/328 (14. September 2022), Abs. 68)

[52](„Israelische Praktiken, die die Menschenrechte des palästinensischen Volkes im besetzten palästinensischen Gebiet, einschließlich Ostjerusalem, beeinträchtigen: Bericht des Generalsekretärs“, UN-Dok. A/78/502 (2. Oktober 2023), Abs. 14.)

[53](„Bericht der unabhängigen internationalen Untersuchungskommission für das besetzte palästinensische Gebiet, einschließlich Ostjerusalem, und Israel“, UN-Dok. A/77/328 (14. September 2022), Abs. 59)

[54](siehe „ Rechtliche Folgen des Baus einer Mauer im besetzten palästinensischen Gebiet“, Gutachten, IGH-Berichte 2004 (I), S. 184, Abs. 120)

[55](„Israelische Siedlungen im besetzten palästinensischen Gebiet, einschließlich Ostjerusalem, und auf den besetzten syrischen Golanhöhen: Bericht des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Menschenrechte“, UN-Dok. A/ HRC/55/72 (1. Februar 2024), Abs. 7 und 10)

[56](„Bericht, der dem Sicherheitsrat vom Generalsekretär gemäß Resolution 672 (1990) vorgelegt wurde“, UN-Dok. S/21919 (31. Oktober 1990), Abs. 3)

[57](„Bericht der unabhängigen internationalen Untersuchungskommission über das besetzte palästinensische Gebiet, einschließlich Ostjerusalem, und Israel“, UN-Dok. A/ 77/328 (14. September 2022), Abs. 14)

[58](ebd., Abs. 15)

[59](siehe „ Legal Consequences of the Construction of a Wall in the Occupied Palestinian Territory“, Gutachten, IGHBerichte 2004 (I), S. 184, Abs. 122)

[60](siehe „Israelische Siedlungen im besetzten palästinensischen Gebiet, einschließlich Ost-Jerusalem, und auf den besetzten syrischen Golanhöhen: Bericht des Generalsekretärs“, UN-Dok. A/78/554 (25. Oktober 2023), Abs. 11; „Bericht der unabhängigen internationalen Untersuchungsmission zur Untersuchung der Auswirkungen der israelischen Siedlungen auf die bürgerlichen, politischen, wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte des palästinensischen Volkes im gesamten besetzten palästinensischen Gebiet, einschließlich Ost- Jerusalem“, UN-Dok. A/HRC/22/63 (7. Februar 2013), Abs. 34; „Israelische Siedlungen im besetzten palästinensischen Gebiet, einschließlich Ost-Jerusalem, und auf den besetzten syrischen Golanhöhen: Bericht der „Hochkommissar der Vereinten Nationen für Menschenrechte“, UN-Dok. A/HRC/52/76 (15. März 2023), Abs. 6)

[61](„Israelische Siedlungen im besetzten palästinensischen Gebiet, einschließlich Ostjerusalem, und dem besetzten syrischen Golan: Bericht des Generalsekretärs“, UN-Dok. A/74/357 (20. September 2019), Abs. 31)

[62](„Israelische Siedlungen im besetzten palästinensischen Gebiet, einschließlich Ostjerusalem, und dem besetzten syrischen Golan: Bericht des Generalsekretärs“, UN-Dok. A/78/554 (25. Oktober 2023), Abs. 22)

[63](„Bericht der unabhängigen internationalen Untersuchungskommission für das besetzte palästinensische Gebiet, einschließlich Ostjerusalem, und Israel“, UN-Dok. A/77/328 (14. September 2022), Absätze 39 und 42). Die Ausweitung der israelischen Siedlungen hat stetig zugenommen (siehe Absatz 156 oben)

[64](„Bericht der unabhängigen internationalen Untersuchungskommission für das besetzte palästinensische Gebiet, einschließlich Ostjerusalem, und Israel“, UN-Dok. A/HRC/50/21 (9. Mai 2022), Abs. 34)

[65](IGH-Berichte 2004 (I), S. 184, Abs. 121)

[66](„Bericht der unabhängigen internationalen Untersuchungskommission für das besetzte palästinensische Gebiet, einschließlich Ostjerusalem, und Israel“, UN-Dok. A/77/328 (14. September 2022), Abs. 76.)

[67](„Ein Koalitionsabkommen zur Bildung einer nationalen Regierung“ (28. Dezember 2022), Abs. 118)

[68](„Israelische Siedlungen im besetzten palästinensischen Gebiet, einschließlich Ostjerusalem, und auf den besetzten syrischen Golanhöhen: Bericht des Generalsekretärs“, UN-Dok. A/78/554 (25. Oktober 2023), Abs. 4–5.)

[69](ICJ Reports 2004 (I), S. 184, Abs. 121.)

[70](Resolution 2625 (XXV) der Generalversammlung, Anlage, erster Grundsatz)

[71](Rechtliche Folgen des Baus einer Mauer im besetzten palästinensischen Gebiet, Gutachten, IGH-Berichte 2004 (I), S. 171, Abs. 87)

[72](z. B. Sicherheitsratsresolutionen 267 (1969) vom 1. April 1969, 298 (1971) vom 25. September 1971 und 478 (1980) vom 20. August 1980)

[73](Absatz 1)

[74](Absatz 7)

[75](Artikel 2.)

[76]International Covenant on Civil and Political Rights (ICCPR)

[77](Rückkehrgesetz, 5710-1950, Artikel 1-3; Einreisegesetz, 5712-1952, Artikel 1)

[78](„Israelische Praktiken, die die Menschenrechte des palästinensischen Volkes im besetzten palästinensischen Gebiet, einschließlich Ostjerusalem, beeinträchtigen: Bericht des Generalsekretärs“, UN-Dok. A/78/502 (2. Oktober 2023), Abs. 59)

[79](„Israelische Siedlungen im besetzten palästinensischen Gebiet, einschließlich Ost-Jerusalem, und auf den besetzten syrischen Golanhöhen: Bericht des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Menschenrechte“, UN-Dok. A/HRC/37/43 (6. März 2018), Abs. 55; auch „Wirtschaftliche und soziale Auswirkungen der israelischen Besatzung auf die Lebensbedingungen der palästinensischen Bevölkerung im besetzten palästinensischen Gebiet, einschließlich Ost-Jerusalem, und der arabischen Bevölkerung auf den besetzten syrischen Golanhöhen“, UN-Dok. A/77/90-E/2022/66 (8. Juni 2022), Abs. 44)

[80]UN Committee on the Elimination of Racial Discrimination (CERD)

[81](CERD-Ausschuss, „Abschließende Bemerkungen zum kombinierten siebzehnten bis neunzehnten Bericht Israels“, UN-Dok. CERD/C/ISR/CO/17-19 (27. Januar 2020), Abs. 15; Menschenrechtsausschuss, „Abschließende Bemerkungen zum fünften periodischen Bericht Israels“, UN-Dok. CCPR/C/ISR/CO/5 (5. Mai 2022), Abs. 18)

[82](siehe Menschenrechtsausschuss, „Abschließende Beobachtungen zum fünften periodischen Bericht Israels“, UN-Dok. CCPR/C/ISR/CO/5 (5. Mai 2022), Abs. 44; Ausschuss für die Beseitigung der Diskriminierung der Frau, „Abschließende Beobachtungen zum sechsten periodischen Bericht Israels“, UN-Dok. CEDAW/ C/ISR/CO/6 (17. November 2017), Abs. 40 (b))

[83](Menschenrechtsausschuss, „Abschließende Bemerkungen zum fünften periodischen Bericht Israels“, UN-Dok. CCPR/C/ISR/CO/5 (5. Mai 2022), Abs. 44; „Umsetzung der Resolutionen S-9/1 und S-12/1 des Menschenrechtsrats: Bericht des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Menschenrechte“, UN-Dok. A/HRC/46/63 (11. Februar 2021), Abs. 45)

[84]United Nations Conference on Trade and Development (UNCTAD)

[85](„Wirtschaftliche und soziale Auswirkungen der israelischen Besatzung auf die Lebensbedingungen der palästinensischen Bevölkerung im besetzten palästinensischen Gebiet, einschließlich Ostjerusalem, und der arabischen Bevölkerung im besetzten syrischen Golan“, UN-Dok. A/78/127-E/2023/95 (30. Juni 2023), Absatz 58)

[86](„Bericht der unabhängigen internationalen Untersuchungsmission zur Untersuchung der Auswirkungen der israelischen Siedlungen auf die bürgerlichen, politischen, wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte des palästinensischen Volkes im gesamten besetzten palästinensischen Gebiet, einschließlich Ostjerusalem“, UN-Dok. A/HRC/22/63 (7. Februar 2013), Abs. 72)

[87](OCHA, „Fact sheet: Movement and access in the West Bank“ (August 2023))

[88](„Human rights situation in the Occupied Palestinian Territory, including East Jerusalem: Report of the Secretary-General“, UNDok. A/HRC/31/44 (20. Januar 2016), Abs. 15)

[89](siehe „ Rechtliche Folgen des Baus einer Mauer im besetzten palästinensischen Gebiet“, Gutachten, IGH-Berichte 2004 (I), S. 168, Abs. 80)

[90](„Israelische Praktiken, die die Menschenrechte des palästinensischen Volkes im besetzten palästinensischen Gebiet, einschließlich Ostjerusalem, beeinträchtigen: Bericht des Generalsekretärs“, UN-Dok. A/68/502 (4. Oktober 2013), Abs. 22-23)

[91](„Wirtschaftliche und soziale Auswirkungen der israelischen Besatzung auf die Lebensbedingungen der palästinensischen Bevölkerung im besetzten palästinensischen Gebiet, einschließlich Ostjerusalem, und der arabischen Bevölkerung auf den besetzten syrischen Golanhöhen“, UN-Dok. A/78/127-E/2023/95 (30. Juni 2023), Ziffer 55)

[92](„Bericht der unabhängigen internationalen Untersuchungskommission zur Untersuchung der Auswirkungen der israelischen Siedlungen auf die zivile, politische, wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte des palästinensischen Volkes im gesamten besetzten palästinensischen Gebiet, einschließlich Ostjerusalem“, UN-Dok. A/HRC/22/63 (7. Februar 2013), Abs. 60)

[93](„Abschließende Bemerkungen zum vierten periodischen Bericht Israels“, UN-Dok. E/C.12/ISR/CO/4 (12. November 2019), Abs. 70)

[94](z. B. „Menschenrechtslage im besetzten palästinensischen Gebiet, einschließlich Ost-Jerusalem, und die Verpflichtung, Rechenschaftspflicht und Gerechtigkeit zu gewährleisten: Bericht des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Menschenrechte“, UN-Dok. A/HRC/55/28 (4. März 2024), Abs. 55)

[95](Menschenrechtsausschuss, „Abschließende Beobachtungen zum fünften periodischen Bericht Israels“, UN-Dok. CCPR/C/ISR/CO/5 (5. Mai 2022), Abs. 36)

[96](ICJ Reports 2004 (I), S. 191-192, Abs. 134.)

[97]Der Internationale Pakt über bürgerliche und politische Rechte, auch bekannt als UN-Zivilpakt oder IPBPR, ist ein völkerrechtlicher Vertrag, der am 16. Dezember 1966 von der Generalversammlung der Vereinten Nationen verabschiedet wurde. Er trat am 23. März 1976 in Kraft.

[98]The International Covenant on Economic, Social and Cultural Rights (ICESCR)

[99]UN Committee on the Elimination of Racial Discrimination (CERD)

[100](OCHA, „Daten zu Zerstörung und Vertreibung im Westjordanland“)

[101](UN-Dok. A/HRC/44/60 (22. Dezember 2020), Abs. 38)

[102](The Defence (Emergency) Regulations, 1945, The Palestine Gazette, Nr. 1442 – Beilage Nr. 2, S. 1089 (27. September 1945); siehe auch Oberster Gerichtshof Israels (tagt als High Court of Justice), Sakhwil et al. v. Commander of the Judea and Samaria region, HCJ 434/79, Israel Yearbook on Human Rights, Bd. 10, 1980, S. 346)

[103](„Israelische Praktiken, die die Menschenrechte des palästinensischen Volkes im besetzten palästinensischen Gebiet, einschließlich Ostjerusalem, beeinträchtigen: Bericht des Generalsekretärs“, UN-Dok. A/ 78/502 (2. Oktober 2023), Absatz 27)

[104](„Bericht über die Hilfe der UNCTAD für die Palästinensisches Volk: Entwicklungen in der Wirtschaft des besetzten palästinensischen Gebiets“, UN-Dok. TD/B/ EX(71)/2 (20. September 2021), Abs. 33; siehe auch oben Abs. 163)

[105](„Bericht der unabhängigen internationalen Untersuchungsmission zur Untersuchung der Auswirkungen der israelischen Siedlungen auf die bürgerlichen, politischen, wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte des palästinensischen Volkes im gesamten besetzten palästinensischen Gebiet, einschließlich Ost-Jerusalem“, UN-Dok. A/HRC/22/63 (7. Februar 2013), Abs. 70)

[106](„Bericht der unabhängigen internationalen Untersuchungskommission für das besetzte palästinensische Gebiet, einschließlich Ostjerusalem, und Israel“, UN-Dok. A/77/328 (14. September 2022), Abs. 42; siehe auch „Israelische Siedlungen im besetzten palästinensischen Gebiet, einschließlich Ostjerusalem, und dem besetzten syrischen Golan: Bericht des Generalsekretärs“, UN-Dok. A/77/493 (3. Oktober 2022), Abs. 18)

[107](„Israelische Siedlungen im besetzten palästinensischen Gebiet, einschließlich Ostjerusalem, und auf den besetzten syrischen Golanhöhen: Bericht des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Menschenrechte“, UN-Dok. A/HRC/ 55/72 (1. Februar 2024), Abs. 35)

[108](„Israelische Siedlungen im besetzten palästinensischen Gebiet, einschließlich Ostjerusalem, und auf den besetzten syrischen Golanhöhen: Bericht des Generalsekretärs“, UN-Dok. A/75/376 (1. Oktober 2020), Abs. 48)

[109](„Israelische Siedlungen im besetzten palästinensischen Gebiet, einschließlich Ostjerusalem, und auf den besetzten syrischen Golanhöhen: Bericht des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Menschenrechte“, UN-Dok. A/HRC/46/65 (15. Februar 2021), Abs. 32)

[110](„Israelische Siedlungen im besetzten palästinensischen Gebiet, einschließlich Ost-Jerusalem, und auf den besetzten syrischen Golanhöhen: Bericht des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Menschenrechte“, UNDok. A/HRC/52/76 (15. März 2023), Abs. 25–26)

[111](„Israeli settlements in the Occupied Palestinian Territory, including East Jerusalem, and the occupy Syrian Golan: Report of the Secretary-General“, UN doc. A/78/554 (25. Oktober 2023), Abs. 33)

[112](„Israelische Siedlungen im besetzten palästinensischen Gebiet, einschließlich Ostjerusalem, und dem besetzten syrischen Golan: Bericht des Generalsekretärs“, UN-Dok. A/78/554 (25. Oktober 2023), Abs. 19; Menschenrechtsausschuss, „Abschließende Bemerkungen zum fünften periodischen Bericht Israels“, UN-Dok. CCPR/C/ISR/CO/5 (5. Mai 2022), Abs. 42; Ausschuss für wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte, „Abschließende Bemerkungen zum vierten periodischen Bericht Israels“, UN-Dok. E/C.12/ISR/CO/4 (12. November 2019), Abs. 50; Beobachtungen zum kombinierten siebzehnten bis neunzehnten Bericht Israels“, UN-Dok. CERD/C/ISR/CO/17-19 (27. Januar 2020), Abs. 42)

[113](Menschenrechtsausschuss, „Abschließende Beobachtungen zum fünften periodischen Bericht Israels“, UN-Dok. CCPR/C/ISR/CO/5 (5. Mai 2022), Abs. 42)

[114](Rechtliche Folgen des Baus einer Mauer im besetzten palästinensischen Gebiet, Gutachten, IGH-Berichte 2004 (I), S. 183, Abs. 118)

[115](Artikel 1 Absatz 2 der Charta)

[116](Anhang zu Resolution 2625 (XXV) vom 24. Oktober 1970)

[117](Resolution 1514 (XV) vom 14. Dezember 1960, Absatz 2)

[118](Osttimor (Portugal vs. Australien), Urteil, IGH-Berichte 1995, S. 102, Abs. 29)

[119](Rechtsfolgen des Baus einer Mauer im besetzten palästinensischen Gebiet, Gutachten, IGH-Berichte 2004 (I), S. 199, Abs. 155; Rechtliche Folgen der Abtrennung des Chagos-Archipels von Mauritius im Jahr 1965, Gutachten, IGH-Berichte 2019 (I), S. 139, Abs. 180)

[120](Allgemeiner Kommentar Nr. 12 (13. März 1984), Amtliche Protokolle der Generalversammlung, 39. Tagung, Beilage Nr. 40 (UN-Dok. A/39/40 (SUPP)), Anlage VI, Abs. 1)

[121](Rechtliche Folgen der Trennung des Chagos-Archipels von Mauritius im Jahr 1965, Gutachten, IGHBerichte 2019 (I), S. 131, Abs. 144)

[122](z. B. Resolution 40/25 vom 29. November 1985, Abs. 3; Resolution 42/14 vom 6. November 1987, Abs. 4; Resolution 49/40 vom 9. Dezember 1994, Abs. 1)

[123](z. B. Resolution 57/138 (A) vom 11. Dezember 2002, Abs. 3; Resolution 59/134 (A) vom 10. Dezember 2004, Abs. 2)

[124](Rechtliche Folgen der Abtrennung des Chagos-Archipels von Mauritius im Jahr 1965, Gutachten, IGH-Berichte 2019 (I), S. 131, Abs. 144)

[125](Rechtliche Folgen der Trennung des Chagos-Archipels von Mauritius im Jahr 1965, Gutachten, IGH-Berichte 2019 (I), S. 134, Abs. 160)

[126](z. B. Resolution 77/208 der Generalversammlung vom 15. Dezember 2022, neunter Präambelabsatz; Resolution 49/28 des Menschenrechtsrats vom 1. April 2022, Abs. 5)

[127](Rechtliche Folgen des Baus einer Mauer im besetzten palästinensischen Gebiet, Gutachten, IGH-Berichte 2004 (I), S. 184, Abs. 122)

[128](siehe Bewaffnete Aktivitäten auf dem Territorium des Kongo (Demokratische Republik Kongo vs. Uganda), Urteil, IGH-Berichte 2005, S. 251, Abs. 244)

[129](„Wirtschaftliche und soziale Auswirkungen der israelischen Besatzung auf die Lebensbedingungen des palästinensischen Volkes im besetzten palästinensischen Gebiet, einschließlich Ostjerusalem, und der arabischen Bevölkerung auf den besetzten syrischen Golanhöhen“, UN-Dok. A/ 78/127-E/2023/95 (30. Juni 2023))

[130](„Wirtschaftliche und soziale Auswirkungen der israelischen Besatzung auf die Lebensbedingungen des palästinensischen Volkes im besetzten palästinensischen Gebiet, einschließlich Ostjerusalem, und der arabischen Bevölkerung im besetzten syrischen Golan“, UN-Dok. A/78/127-E/2023/95 (30. Juni 2023), Abs. 130.)

[131](Resolution 70/15 (2015))

[132](Resolution 77/247 (2022))

[133](siehe Rechtliche Folgen der fortgesetzten Anwesenheit Südafrikas in Namibia (Südwestafrika) für Staaten ungeachtet der Resolution 276 (1970) des Sicherheitsrats, Gutachten, IGH-Berichte 1971, S. 54, Abs. 118)

[134](Rechtliche Folgen der Trennung des Chagos-Archipels von Mauritius im Jahr 1965, Gutachten, IGH-Berichte 2019 (I), S. 138-139, Abs. 177)

[135](Rechtsfolgen der Abtrennung des Chagos-Archipels von Mauritius im Jahr 1965, Gutachten, IGH-Berichte 2019 (I), S. 139, Abs. 178; Rechtliche Folgen des Baus einer Mauer im besetzten palästinensischen Gebiet, Gutachten, IGH-Berichte 2004 (I), S. 197, Abs. 150)

[136](siehe „Rechtliche Folgen des Baus einer Mauer im besetzten palästinensischen Gebiet“, Gutachten, IGH-Berichte 2004 (I), S. 198, Abs. 152)

[137](Fabrik in Chorzów, Verdienst, Urteil Nr. 13, 1928, PCIJ, Serie A, Nr. 17, S. 47)

[138](siehe „ Rechtliche Folgen des Baus einer Mauer im besetzten palästinensischen Gebiet“, Gutachten, IGH-Berichte 2004 (I), S. 197, Abs. 149)

[139](Barcelona Traction, Light and Power Company, Limited (New Application: 1962) (Belgien gegen Spanien), Zweite Phase, Urteil, IGH Reports 1970, S. 32, Abs. 33)

[140](Resolution 2625 (XXV) der Generalversammlung)

[141](Resolution 465 (1980) des Sicherheitsrates)

[142](Resolution 74/11 (2019))

[143](siehe „Rechtliche Folgen der fortgesetzten Anwesenheit Südafrikas in Namibia (Südwestafrika) für Staaten“ ungeachtet der Resolution 276 (1970) des Sicherheitsrats, Gutachten, IGH-Berichte 1971, Seiten 55-56, Absätze 122 und 125-127)

[144](Resolution 32/161 (1977))

[145](ICJ Reports 2004 (I), S. 200, Abs. 161)



[i] INHALTSVERZEICHNIS

Chronologie des Verfahrens                 1-21

I. Gerichtsstand und Entscheidungen im eigenen Ermessen     22-50

A. Gerichtsstand                23-29

B. Nach eigenem Ermessen                   30-49

1. Betrifft das Ersuchen einen Streit zwischen zwei Parteien,
von denen eine nicht zugestimmt hat. Die Zuständigkeit des Gerichts           33-35

2. Ob die Stellungnahme des Gerichtshofes der Generalversammlung
bei der Durchführung von Funktionen hilfreich ist.                       36-37

3. Ob die Stellungnahme des Gerichtshofs den Verhandlungsprozess
zwischen Israel und Palästina unterminieren könnte.                   38-40

4. Ob ein beratende Meinungsabgabe schädlich für die Arbeit
des Sicherheitsrates wäre                      41-43

5. Ob das Gericht ausreichende Information besitzt, um
es zu einem beratenden Gutachten zu ermächtigen.                   44-47

6. Ob die Fragen in einer voreingenommene
Art und Weise formuliert wurden.      48-49

II. Allgemeiner Kontext   51-71

III. Umfang und Bedeutung der Fragen der Hautversammlung                       72-83

IV. Geltende Gesetze       84-102

V. Israels Politik und Praktiken in den besetzten palästinensischen Gebieten                  103-243

A. Die Frage der in die Länge gezogenen Besatzung                     104-110

B. Die Siedlungspolitik      111-156

1. Übersicht                        111-114

2. Transfer von Zivilbevölkerung          115-119

3. Beschlagnahme oder das Requirieren von Land                        120-123

4. Ausbeutung von natürliche Ressourcen               124-133

5. Erweiterung von israelischen Gesetzen                134-141

6. Zwangsvertreibung der palästinensischen Bevölkerung          142-147

7. Gewalt gegen Palästinenser             148-154

8. Schlussfolgerung zu Israels Siedlungspolitik        155-156

C. Die Frage der Annexion von besetztem palästinensischen Gebiet            157-179

1. Das Konzept von Annexion               158-161

2. Taten Israels welche einer Annexion gleich kommen               162-173

3. Das Verbot, Gebiete mit Gewalt in Besitz zu nehmen              174-179

D. Die Frage von diskriminierenden Gesetzen und Maßnhamen                    180-229

1. Der Umfang von Frage a)                   180-184

2. Das Konzept von Diskriminierung   185 - 191

3. Politik der Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen                    192-197

4. Einschränkungen der Bewegungsfreiheit             198-206

5. Zerstörung von Wohneigentum      207-222

a. Zerstörung als Bestrafung                 208-213

b. Zerstörung aus Mangel an Gebäude Genehmigung                  214-222

6. Abschlussfeststellung zu Israels diskriminierender Gesetzgebung und Maßnahmen     223-229

E. Die Frage von Selbstbestimmung 230-243

VI. Auswirkungen der israelischen Politik und Praxis auf den Status
der Rechtslage der Besatzung             244-264

A. Der Umfang des ersten Teils der Frage b) und anwendbares Gesetz          244-251

B. Die Art und Weise, wie sich die israelische Politik und Praxis auf den rechtlichen Status der Besatzung auswirkt.                         252-258

C. Die Rechtmäßigkeit der fortgesetzten Anwesenheit Israels
im besetzten palästinensischem Gebiet                    259-264

VII. Rechtliche Folgen aus der Politik und Praktiken Israels und aus der Rechtswidrigkeit der fortwährenden Anwesenheit Israels in den besetzten palästinensischen Gebieten 265-283

A. Rechtliche Konsequenzen für Israel                       267-272

B. Rechtliche Konsequenzen für andere Staaten    273-279

C. Rechtliche Konsequenzen für die Vereinigten Nationen         280-283

Operative Klausel             285