Netanjahu und die Korruption

 

Netanjahu und die Korruption

 


Als Israels Premierminister Netanjahu wegen Korruption angeklagt wurde, kommentierte Latuff dies mit dieser Karikatur. »Bibi« Netanjahu, im Pyjama mit Dollarzeichen bekleidet, öffnet seine Tür. Davor steht ein Polizist, der erklärt: »Sie sind festgenommen!« Worauf Bibi fragt: »Wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit?!«, und der Polizist antwortet: »Nein! Wegen Korruption!!!«

Schon im Jahr 2018 beschrieb ein Artikel in Haaretz,133 was Netanjahu vorgeworfen wird:


118       https://www.haaretz.com/israel-news/


»Die immer länger werdende Liste der Korruptionsfälle gegen Israels Premierminister erschüttert die politische Szene des Landes. (...)

Mitte Februar wurde der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu von einem Tsunami von Anschuldigungen getroffen und die Polizei empfahl, ihn wegen Korruption anzuklagen. Der Ministerpräsident war schon früher mit derartigen Krisen konfrontiert, aber noch nie in einem so beispiellosen Ausmaß.

Vier große polizeiliche Ermittlungen drohen, ‚König Bibi‘ zu entthronen. In zwei Fällen hat die Polizei bereits Anklage gegen ihn erhoben und zwei weitere Ermittlungen nehmen in einem für den Premierminister beängstigenden Tempo an Fahrt auf.«134

Der Artikel erklärt dann die verschiedenen Vorwürfe. Da war zunächst der Fall von Geschenken und Gefälligkeitsgeschäften. Dafür, so die Polizei, habe es Gegenleistungen gegeben. In einem weiteren Fall schreibt Haaretz:

»Im Polizeibericht heißt es, die Ermittlungen hätten ergeben, ‚dass es sich bei der Beziehung zwischen dem Premierminister und Herrn Milchan um eine kriminelle Bestechung und nicht um eine unschuldige Beziehung zwischen Freunden handelte.‘«135

Dann wird der Fall der führenden israelischen Zeitungen und Netanjahus Beziehung zu Sheldon Adelson beleuchtet. Für eine bessere Berichterstattung soll er einen Deal mit einem Zeitungsverleger geschlossen haben. Dabei spielen Sprachaufnahmen eine Rolle, in denen Netanjahu erklärte, wie er helfen konnte, die Auflage eines Konkurrenten zu begrenzen.

Dann erklärt die Zeitung weiter:

»Eine Woche, nachdem Netanjahu von dem Polizeibericht getroffen wurde,  in dem eine Anklage in den Fällen 1000 und 2000 empfohlen wurde, schlug eine potenziell noch größere Bombe ein: Ein Vertrauter wandte sich in dem von der Polizei als Fall 4000 bezeichneten Fall an die Staatsanwaltschaft und berichtete, dass ein anderer Vertrauter, Nir Hefetz, angeblich versucht habe, eine ehemalige Richterin zu bestechen, indem er ihr als Gegenleistung dafür, dass sie 2015 mehrere Fälle schließt, in welche die Ehefrau des Ministerpräsidenten, Sara Netanjahu, verwickelt war, den Posten des Generalstaatsanwalts anbot.

Im Fall 4000 geht es um den Verdacht, dass Netanjahu in seiner Funktion als Kommunikationsminister von 2014 bis 2017 (als er auch Premierminister


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bibi-bombshell-explained-your-guide-to-the-netanyahu-cases-1.5810633

120       https://www.haaretz.com/israel-news/


war) bei den Regulierungsbehörden interveniert hat, um der Bezeq-Gruppe zu helfen, die von Shaul Elovitch kontrolliert wird. Im Gegenzug soll Elovitch, ein langjähriger Freund Netanjahus, die Nachrichtenseite Walla von Bezeq angewiesen haben, positiv über den Premierminister und seine Frau Sara zu berichten.

Am 20. Februar wurde der ehemalige Generaldirektor des Kommunikationsministeriums, Shlomo Filber, als Kronzeuge in dem Fall geladen – eine dramatische Entwicklung, da Filber im Verdacht steht, als Mittelsmann zwischen Netanjahu und Elovitch zu fungieren.«136

Besonders interessant für deutschsprachige Leser dürfte der Fall der deutschen U-Boote sein.

»Im Fall 3000 geht es um Korruptionsverdacht beim Kauf von U-Booten und anderen Marineschiffen durch Israel bei ThyssenKrupp Marine Systems in Deutschland. Mehrere Netanjahu nahestehende Männer werden verdächtigt, israelische Verteidigungsbeamte bestochen zu haben, um sie zum Kauf von U-Booten von den Deutschen zu bewegen.

Einer der Verdächtigen, Michael Ganor, hat gegen ein Jahr Gefängnis und eine Geldstrafe von 2,8 Millionen Dollar als Kronzeuge ausgesagt. Ganor hat Berichten zufolge ausgesagt, dass der Anwalt David Shimron versprochen hat, seine engen Beziehungen zu Netanjahu als dessen Cousin und persönlicher Anwalt zu nutzen, um den U-Boot-Deal voranzutreiben. Ganor, der Repräsentant von ThyssenKrupp in Israel, hat Shimron ebenfalls als seinen Anwalt eingesetzt.«137

Insofern gibt es in der israelischen staatlichen Organisation eine Gewaltenteilung, durch welche, anders als in Deutschland, Polizei und Staatsanwaltschaften auch gegen amtierende Politiker aus eigenem Antrieb ermitteln können.