Kurdistan in Syrien? (21.01.2025)

 

Nachdem Syrien jetzt „befreit“ wurde, und Nachfolger der Terrororganisation, die angeblich 9/11 verursachten, die Macht übernahmen, gefeiert von der westlichen Presse, und besucht von höchsten Politikern, stellt sich die Frage, was mit dem Osten des Landes passiert, das von den USA besetzt und ausgebeutet, und von Kurden verwaltet wird. Entsteht dort nun, gegen den Widerstand der Türkei, ein „Kurdistan“?

Erinnern wir uns zunächst an die Geschichte der kurdischen Bemühungen, im Irak und später in Syrien einen eigenen Staat zu installieren. Auch erscheint es angebracht, noch einmal zurück zu schauen, wie sich die Kurden im Krieg gegen den Islamischen Staat (IS), damals ISIS oder „Islamischer Staat im Irak und Syrien“ genannt, verhielten, dessen Abkömmling Hayat Tahrir al-Sham (HTS) ja 2025 die Macht in Syrien übernahm.

Am 16. Oktober 2017 zerplatzte der Traum des Barzani Clans, einen eigenen Staat beherrschen zu können, größer als die autonome Kurdenregion im Irak und mit den wichtigsten Ölquellen des Landes als Siegespokal. Im Jahr 2014 hatte der IS Mosul besetzt. Zu diesem Zeitpunkt entsandte die kurdische Regionalverwaltung unter Masoud Barzani seine Peschmerga Truppen nach Kirkuk, um dort die Ölquellen zu sichern und für ein zukünftiges Kurdistan zu sichern. Es gab einige Hinweise darauf, dass Barzani, damals noch ein Liebling der USA UND der Türkei, Abkommen mit dem IS geschlossen hattei.

Während westliche Politiker und Medien das Narrativ pflegten, dass die Kurden im Irak Minderheiten gegen die bösen Terroristen des IS beschützten, glaubten irakische Christen und Jesiden, dass die Kurden Barzanis bewusst dem IS erlaubt hatten einen Genozid an ihnen zu begehen, um anschließend das leere Gebiet für ein größeres Kurdistan zu beanspruchen. Eine These, die nach den Vorgängen, z.B. im Jahr 2014ii, durchaus berechtigt erscheint. Auf Grund dieses Verrats begannen Christen und Jesiden sich selbst zu bewaffnen und gegen den IS zu kämpfen. Die Peschmerga aber wurden aufgefordert, das zu unterlasseniii. Wobei sicher auch eine Rolle spielte, dass man die einzige Partei sein wollte, die Waffen und Unterstützung aus dem Westen erhielt. Als die Drohungen zunahmen, gaben die Christen und Jesiden ihre Selbstverteidigungseinheiten auf, da es unmöglich erschien, gegen zwei Fronten zu kämpfen, und überließen sich den Sicherheitszusagen der Peschmerga. Was den IS aber nicht davon abhielt, immer größere Gebiete zu erobern. Dabei verteidigte die Peschmerga sie nicht, und warnte noch nicht einmal die Bevölkerung, um ihnen die Möglichkeit zur Flucht zu geben.

Als dann später, 2015, der IS zum Beispiel aus der Sinjar Provinz vertrieben worden war, erlaubte die Peschmerga den ursprünglichen Bewohnern nicht, zurück zu kehren, sie waren gezwungen, „Interne Vertriebene“ zu bleiben. Über den Vorgang der angeblichen „Befreiung“ der Regionen durch die Peschmerga hatte der assyrische christliche Journalist Max Joseph ausführlich geschriebeniv. Was aber von westlichen Regierungen und Massenmedien weitgehend ignoriert wurde. Eine Ausnahme stellte vielleicht die Reuters-Meldung vom 14. Juni 2014 dar, in der ein Mitglied der kurdischen Regionalregierung zitiert wurde:

ISIL [ISIS / IS] gab uns in zwei Wochen, was uns Maliki nicht in acht Jahren gegeben hatte.“v

Im Jahr 2016 und 2017 schlugen die Sicherheitskräfte des Iraks den IS in Mosul und gewannen die Stadt zurück. Mit entscheidend für den Sieg waren übrigens vom Iran ausgebildete und bewaffnete schiitische Milizen Asa’ib Ahl al-Haqq und Dschaisch al-Mahdi. Kurdische Truppen nutzten die Gelegenheit, um weiteres Land zu besetzen, das vorher von Kräften des IS beherrscht worden war. Dabei lebten in den meisten Gebieten nur Kurden als Minderheiten, trotzdem verlangte Barzani, dass diese Gebiete seinem zukünftigen Kurdistan zugeschlagen werden müssten. Dort und in den alten Autonomiegebieten wurden dann auch das umstrittene Unabhängigkeitsreferendum abgehalten. Auch dazu später mehr.

Die irakische Regierung, die ein gemeinsames Geheimdienstzentrum mit dem Iran und Russland unterhielt, aber ohne die USA, bestand darauf, dass die Situation der Grenzen der Autonomiegebiete der Kurden im Jahr 2014 wieder hergestellt werden müsse. Die Mehrheit der Menschen in Kirkuk waren Araber und Turkmenen, eine Beherrschung durch den Barzani-Clan erschien der Mehrheit gelinde gesagt unlogisch. Kirkuk produzierte aber zwei Drittel des Öls, das im Nord-Irak gefördert wurde, deshalb erlag Barzani der Verlockung, die Stadt zu besetzen. Dabei war von Anfang an klar: Keine Zentralregierung würde akzeptieren, dass diese Ölquellen nicht dem ganzen Land zur Verfügung standen.

Wer beriet nun Masoud Barzani, dass er nicht begriff, wie ernst die Lage war? Zunächst war da Bernard-Henri Lévyvi, der Philosoph und Anteilseigner der französischen Tageszeitung Libération. Er war auch Anfang März 2011 nach Bengasi gereist, und hatte Kontakt mit dem libyschen „Nationalen Übergangsrat“ Kontakt aufgenommen um – wie er selbst laut Süddeutsche Zeitung vom 21. März 2011 sagte – „einen Krieg mit dem Ziel, Gaddafi zu stürzen“, zu fördern. Zusätzzlich erhielt Barzani Rückenwind aus Israel, dessen Flaggen neben den kurdischen in der „kurdischen“ Öffentlichkeit erschienen, und schließlich die üblichen Neokonservativen. Senator John McCain warnte die irakische Zentralregierung vor ernsthaften Konsequenzen, sollte sie US-Waffen benutzen, um einen US-Partner (gemeint waren die Kurden) anzugreifen.vii Und so fühlte sich Barzani stark genug, um mit einer Unabhängigkeitserklärung Kurdistans zu drohen.

Die Zentralregierung ließ sich schließlich vom irakischen Parlament den Auftrag erteilen, den Barzani Clan in seine Schranken zu weisen, das hieß in die Autonomiegrenzen von 2014. Verständlicherweise begann Haider al-Abadi, der Premierminister des Irak, die Kontrolle über die von den Kurden besetzten Gebieten zurück zu gewinnen, mit dem wichtigsten Punkt, der Großstadt Kirkuk und seinen großen Ölförderstellen. Vom 14. Oktober 2017 an machten sich die Truppen, bestehend aus Armee, der nationalen Polizei und Spezial-Anti-Terror-Einheiten ohne besondere Eile auf dem Weg. Die Sicherheitskräfte waren durch die Kämpfe mit dem IS gestählt und auf harte Gefechte vorbereitet. Gleichzeitig nannte Abadi Barzani ein Ultimatum, die Stadt Kirkuk zu verlassen. Barzani aber befahl den Peschmerga zu bleiben und zu kämpfen. Barzani rief sogar die PKK auf, ihm im Kampf gegen die Zentralregierung zu helfen, was von Bagdad als Kriegserklärungviii aufgefasst wurde.

In der Nacht vom 15. auf den 16. Oktober begannen die ersten Zusammenstöße zwischen Regierungstruppen und kurdischen Kämpfern, die aber schnell aufgaben und zum größten Teil kampflos flohen. Einige Peschmerga schienen andere zu verhaften, insgesamt war die Lage unklar, Barzani sprach von Verrat. Im Kurznachrichtendienst Twitter erschienen Meldungen über Verbrüderungen zwischen irakischen Truppen und Kurden, es entstand der Eindruck, dass viele Kurden einfach nicht für einen selbstherrlichen Familienclan kämpfen wollten. Kirkuk blieb unbeschädigt, die von Barzani eingesetzte Verwaltung verließ die Stadt, ohne von der Zentralregierung daran gehindert zu werden. Inzwischen ist auch die Region um Kirkuk unter der Kontrolle der Zentralregierung, Menschen kehrten schnell in die Stadt zurück, als klar wurde, dass der Krieg ausfallen würde.

Der irakische Offizier, der die Kontrolle über Kirkuk im Namen der Zentralregierung übernommen hat, General Fadhil Barwari, war ethnischer Kurde. Eine wichtige Rolle bei der Zurückdrängung der Kurden in ihre Autonomiegebiete spielten auch Kurden gemeinsam mit (christlichen) Assyrer und Jesiden, die in den PMF (Popular Mobilization Forces) auch „Units“, gemeinsam mit sunnitischen und schiitischen Arabern aktiv sind. Eine multi-ethnische und multi-religiöse Miliz, als Teil der Streitkräfte des Landes, die direkt dem Präsidenten unterstellt waren. Andere Kurden waren auch Mitglieder, und zwar aktive Kämpfer, des IS.

Das zeigt, dass Barzanis Unabhängigkeitspolitik unter irakischen Kurden keineswegs unumstritten war, und dass das von ihm abgehaltene Referendum kaum demokratischen Regeln entsprach. Christen und Jesiden waren zum Beispiel bedroht worden, mit Ja zu stimmenix und berichteten von anderen Repressionen rund um das Referendum. Videos waren in Twitter aufgetaucht, die die Abgabe von ganzen Stapeln von Stimmzetteln durch eine Person zeigten. Und so hofften Christen und Jesiden darauf, dass die irakische Zentralregierung die Provinz Sinjar von kurdischen Einflüssen befreitx, damit sie wieder in ihre Heimat zurückkehren könnenxi.

Was die Ereignisse in Kirkuk für den Irak bedeuteten

Einen ähnlichen Titel trug der Artikel eines christlichen irakischen Autors assyrischer Abstammung in medium.comxii. Max J. Joseph beschreibt oben aufgeführte Vorgänge, erklärt sich zufrieden, dass ein Blutvergießen vermieden werden konnte und führt aus:

So viele Menschen haben die Nutzung von Panzern und Waffen angeprangert, die durch den Westen geliefert worden waren und benutzt worden waren, um die Herrschaft der Zentralregierung in Kirkuk wieder herzustellen, und die Peschmerga zu vertreiben. Aber wo war der Aufschrei, als westliche Waffen von der durch die KDP-kontrollierten Peschmerga (Anm. d. Übers.: KDP ist die Partei der Familie Barzani) genutzt worden waren, um gegen lokale Jesiden in Sinjar zu kämpfen? So viele Leute lamentieren über diesen historischen Rückzug aus Kirkuk, aber wo waren die Beschwerden, als die Peschmerga die Jesiden und Assyrer entwaffneten und sie 2014 ISIS gegenüber aufgaben, nur um Jahre später zurück zu kommen, und sich selbst als Befreier und neue Herrscher zu erklären?“xiii

Dolchstoßlegende, Dämonisierung

In den USA und seinen Verbündeten wurde dagegen zunehmend das Narrativ verbreitet, dass es der Iran gewesen sei, der die „Eroberung“ von Kirkuk mit seinen Milizen „erzwungen“ habe. Und schon fordert man Präsident Trump auf, gegen die Übernahme von Kirkuk durch die Zentralregierung etwas zu unternehmen, nehme er es mit dem Kampf gegen den Iran wirklich ernstxiv.

Dabei beschrieb der Moon Of Alabama was in Wirklichkeit zu der Situation geführt hatte:

Die herrschende Barzani Mafia-Familie verkaufte Öl und steckte Geld ein, das gesetzlich der irakischen Zentralregierung zustand. Die Barzani Mafia-Miliz besetzte Grenzposten der Zentralregierung zu benachbarten Staaten und behielt die Zölle für sich selbst. Aber die Lehrer und andere Angestellte im Öffentlichen Dienst erhielten keine Gehälter. Der Barzani Familien-Clan ist nur eine der Mächte in der kurdischen Region des Iraks. Historisch sind ihre Hauptwettbewerber die Menschen des Talibani-Clans. Beide Clans kontrollieren ihre eigenen politischen Parteien (KDP und PUK) und die Milizen. Beide hatten in einem Bürgerkrieg 1990 gegeneinander gekämpft, bis die Barzanis den irakischen Präsidenten Saddam Hussein aufgerufen hatten, ihre lokalen Feinde zu besiegen. […] Sie [Anm. d. Übers: Talibani-Clan] verhandelten einen Deal mit der Zentralregierung des Iraks, um Barzanis quasi diktatorische Macht zu beschränken….“xv

Die deutschen „teile und herrsche“ Politikversuche?

Wie konnte man sonst die Politik beschreiben, die sich aus den Erklärungen des Blogs German-Foreign-Policy ergab, der nach der Aufgabe von Kirkuk durch die Peschmerga über die Aktivitäten der Bundeswehr im Irak schreibt:

Soldaten der Bundeswehr halten sich nach wie vor in Erbil auf. Sie hatten seit Mitte 2014 die Peschmerga unterstützt – für den Krieg gegen den IS. Bereits im Mai hieß es, man habe inzwischen ‚mehr als 14.000‘ bewaffnete Kämpfer ausbilden können, darunter eine kleine Zahl an Jeziden, überwiegend jedoch kurdische Peschmerga. Zu Trainingszwecken hat die Bundeswehr im vergangenen Jahr ein ‚Übungsgelände‘ errichtet, das ‚German Village‘ getauft wurde und unter anderem ein ‚Ghost House‘ enthält, in dem der ‚Kampf von Raum zu Raum‘ geprobt wird; auf das Erlernte könnten die Peschmerga nun in einem etwaigen Bürgerkrieg gegen Bagdad zurückgreifen. […] All dies geschieht völlig unabhängig vom eigentlich zuständigen gesamtirakischen Militär.[…] xvi

Der Blog beschreibt, dass Berlin auch nach dem irakisch-kurdischen Sezessionsreferendum vom 25. September keinen Anlass sah, die Bundeswehr abzuziehen oder deren Tätigkeit wegen der eskalierenden Bürgerkriegsgefahr einzuschränken. Auch die Ausrüstung der Peschmerga, so der Artikel, hatte Berlin bis zuletzt fortgeführt. Seit 2014 waren unter anderem 32.000 Handfeuerwaffen, mehr als 30 Millionen Schuss Munition, mindestens 20.000 Handgranaten, über 400 Panzerfäuste sowie mindestens 1.000 Lenkflugkörper übergeben worden, aber auch sogenannte nichtletale Ausrüstung wie Nachtsicht- und Funkgeräte, Minensonden und gepanzerte Dingo-Transporter.

Noch am 19. September – nur wenige Tage vor dem Referendum – landete eine Antonov AN-124 aus Leipzig/Halle in Erbil, um dort die nächste Ladung militärischer Ausrüstungsgegenstände abzuliefern. Laut Angaben der Bundeswehr handelte es sich diesmal um „Material zur Dekontamination und ABC-Abwehr“, um Sanitätsmaterial und um Geräte, die zum Aufspüren und zum Entschärfen von Straßenbomben benötigt werden. […]“xvii

Die Auswirkungen auf Syrien

Welche Auswirkungen die Niederlage Barzanis im Irak auf die Kurden in Syrien hatte, beschrieb der eben erwähnte Artikel in Moon of Alabama:

In Syrien haben die kurdischen YPG/SDF heute die volle Kontrolle über Rakka erlangt. Es wird Monate dauern, um die Überreste zu beseitigen, die die ISIS hinterlassen hat. Es wird Jahre dauern, um die Stadt wieder aufzubauen, denn sie wurde zum größten Teil durch die von den USA geführten Luftangriffe während der Kämpfe gegen die ISIS zerstört. […] Der Krieg gegen ISIS neigt sich dem Ende zu. Das Projekt der kurdischen Unabhängigkeit im Irak ist gestorben. Die Kurden in Syrien werden auch wieder das von ihnen kontrollierte Gebiet reduzieren müssen. Mit weniger als 8 Prozent der Bevölkerung, haben die von der YPG angeführten Kurden 20 Prozent Syriens unter ihre Kontrolle genommen und ca. 40 Prozent der Energieressourcen. Sie werden diese Zugewinne wieder aufgeben müssen.

Die kurdischen Kräfte in Syrien hatten materielle und personelle Unterstützung durch die US-Streitkräfte. Der größte Teil der Ausrüstung wurde mit US-Flugzeugen nach Erbil geflogen, der Hauptstadt der kurdischen Region im Irak, und dann von dort überland durch die irakisch-syrischen Grenzposten, die unter der Kontrolle Barzanis standen. Die irakische Regierung in Bagdad übt nun wieder die Kontrolle aus. Der Fluss des US-Materials in die kurdischen Gebiete Syriens ist nicht länger sicher gestellt.“xviii

Allerdings hatten die USA bis zu diesem Zeitpunkt 9, manche sagten 10 Militärbasen im kurdisch kontrollierten Gebiet Syriens aufgebaut, mindestens eine davon mit Landebahnen. Dies war eine drastische Verletzung der Souveränität des Landes, gegen die Syrien deutlich protestierte und Maßnahmen androhte. Da die Zentralregierung Syriens weiter Zahlungen an den öffentlichen Dienst in den kurdisch besetzten Gebieten leistete und ihren Souveränitäts-Anspruch nicht aufgab, blieb ihr Souveränitätsanspruch gehärtet bestehen. Anders z.B. als in den östlichen Provinzen der Ukraine. Weiter im Artikel hieß es:

Die USA haben schon lange die kurdische Autonomie im Irak unterstützt. Jetzt hat sie sich aber auf die Seite der Zentralregierung gestellt. Die Barzani-Kurden waren hängen gelassen worden. Die Kurden in Syrien haben das sicher bemerkt und werden es berücksichtigen.

In der Zwischenzeit haben türkische Streitkräfte das Gouvernement Idlib im Nordwesten Syriens besetzt und die kurdische Enklave Afrin fast eingekreist. Nur Russland hält Erdogan davon zurück, weiter vorzudringen. […] Die Kurden in Syrien werden sich mit der syrischen Zentralregierung versöhnen müssen. Politische Unterstützung aus den USA ist offensichtlich unzuverlässig. Ohne die US-Luftunterstützung wären die kurdischen Militärpositionen weit überlastet. Der Materialfluss zu ihnen ist nun unter der latenten Kontrolle von Bagdad, die mit der syrischen Regierung verbündet ist. Nur Damaskus und seine Verbündeten in Moskau können den Fall von Afrin verhindern.“xix

Der Autor war der Meinung, dass die syrischen Kurden die Landgewinne wieder aufgeben werden müssen, in denen sie nicht die Mehrheit stellen. Soweit hörte sich alles ganz vernünftig an, und ließ Hoffnung aufkommen, dass das Blutvergießen in dem Land aufhörte, und auch die gegeneinander gehetzten Teile der Bevölkerung langsam zur Besinnung kommen könnten. Leider wurde die Hoffnung enttäuscht, weil es mächtige Gegenspieler gab, die kein Interesse daran hatten, dass Syrien und der Irak zur Ruhe kamen, und unter gewaltigen chinesischen Investitionen, wie angekündigt, einen wirtschaftlichen Aufschwung erleben würden, vergleichbar mit dem Wirtschaftswunder Deutschlands.

In Rakka lebten 2017 höchstens 3 Prozent Kurden. Ein Anspruch der Kurden, dieses Gebiet beherrschen zu wollen, erschien absurd. Die Online-Zeitung muraselon schrieb mit Verweis auf das Interview mit dem syrischen Militäranalyst Brigadegeneral Muhammad Isa:

Der Offizier vermutet, dass es eine andauernde Operation gibt, die Demografie dieser Gebiete, [Anm. d. Übers.: die von den Kurden besetzt wurden, ohne dort eine Legitimation durch Bevölkerungsanteile zu haben] zu verändern, indem Kurden angesiedelt werden. Der Prozess wird durch die USA kontrolliert, die jetzt die ‚kurdische Karte‘ in Syrien ausspielen, um einen Folgegrund zu haben, in Syrien bleiben zu können, nachdem Daesh geschlagen ist.“xx

Wie wir heute wissen, war die Einschätzung richtig, denn diese Politik wird durch die USA bis Anfang 2025 unterstützt.

Während es inzwischen um die kurdischen Gebiete im Irak ruhig geworden ist. Auch wenn die kurdische Regionalregierung weiter Gebiete außerhalb des Autonomiegebietes beansprucht. Und die militärischen Auseinandersetzungen mit der Zentralregierung können jederzeit wieder ausbrechen, sollten in einem größeren Krieg die Kräfte derselben als geschwächt erscheinen.

In Syrien gibt es bisher lediglich Autonomiebestrebungen im von den USA besetzten Teilen des Landes, die aber durch die Türkei aktiv bekämpft werden, welche mit der Unterstützung der HTS als neue Machthaber des Landes, derzeit den größten Teil des Landes kontrolliert. Allerdings unterstützt Israel, das im Süden Syriens begonnen hat, immer größere Bereiche Syriens unter seine Kontrolle zu bringen, die Bestrebungen der Kurden, und hatte schon erklärt, dass idealerweise die Grenzen Israels an die eines kurdischen Staates reichen sollten.

So ergibt sich die absurde Situation, dass Israel als koloniales Siedler-Regime gegen indigene Kräfte kämpft, während die Kurden von sich als indigene Gruppen sprechen, welche um ihre Selbstbestimmung kämpfen. Aber beide die besten Freunde sind.

Referenzen

iv Ebd.

xvii Ebd.

xix Ebd.

xx Über Web Archiv: https://web.archive.org/web/20171108195138/https://muraselon.com/en/2017/10/us-playing-kurdish-card-syria/

 

 Erstveröffentlichung https://tkp.at/2025/01/21/kurdistan-in-syrien/