Kollaborateure

 

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Mit einer Karikatur im Juli 2021 verdeutlichte Carlos Latuff seine Meinung, dass die Palästinensische Autonomiebehörde, welche mit fragwürdigen Gründen Wahlen abgesagt hatte, bei denen nach Umfragen die Niederlage der regierenden Partei und der Sieg der Hamas zu erwarten war, eine Marionette Israels wurde. Die PA handele als verlängerter Arm der Besatzungsmacht.

Mondoweiss berichtete am 5. Juli 2021, dass in den frühen Morgenstunden des 24. Juni Sicherheitskräfte der Palästinensischen Autonomiebehörde (PA) das Haus des prominenten palästinensischen Aktivisten und Dissidenten Nizar Banat gestürmt hatten. Nach Angaben seiner Familie wurde er mit Pfefferspray besprüht und brutal mit Metallknüppeln und Gewehrkolben geschlagen, bevor er in Gewahrsam genommen wurde. Nur wenige Stunden später wurde er für tot erklärt.

Die Seite berichtet, dass die Ermordung von Banat sofort Empörung in den sozialen Medien und Demonstrationen im besetzten Westjordanland ausgelöst hatte, vor allem in der Stadt Ramallah, der De-facto-Hauptstadt der Palästinensischen Autonomiebehörde und einer Hochburg von Präsident Mahmoud Abbas und seiner Fatah-Partei.

Die Proteste gegen die Ermordung von Banat in Städten wie Ramallah, Hebron und Bethlehem waren anfangs relativ klein und verliefen ungestört. Kleine Menschenmengen, darunter ältere Menschen, Frauen und Kinder, versammelten sich an zentralen Plätzen ihrer Städte und hielten Plakate von Banat hoch und forderten, dass die Verantwortlichen für seine Ermordung zur Rechenschaft gezogen werden.


In Ramallah, so der Bericht von Mondoweiss, lösten die Streitkräfte der Palästinensischen Autonomiebehörde kurz nach Beginn der Demonstration auf dem al-MaraPlatz am Nachmittag des 24. Mai die friedlichen Proteste mit Tränengas und Schallbomben auf, sobald die Menschen begannen, »Abbas hau ab« zu skandieren.

Als die Demonstranten versuchten, zur »Muqataa«, dem Präsidentenpalast im Zentrum der Stadt zu gelangen, seien ihnen die Wege von Dutzenden bewaffneter Sicherheitskräfte und Polizisten versperrt worden.

»Am dritten Tag der Proteste veränderte sich die Lage, als die Palästinensische Autonomiebehörde brutal gegen die Demonstranten, vor allem junge palästinensische Männer und Frauen, vorging, die friedlich durch die Stadt Ramallah marschierten.

Die Sicherheitskräfte der Palästinensischen Autonomiebehörde feuerten Tränengas und Schallbomben auf die Demonstranten, während Beamte des Geheimdienstes der Palästinensischen Autonomiebehörde in Zivil zusammen mit Fatah-Anhängern die Demonstranten mit Steinen und Holzknüppeln angriffen. Viele Demonstranten wurden von den Zivilbeamten über die Straßen geschleift, bevor sie von uniformierten Beamten festgenommen wurden.

Die brutale Behandlung der Demonstranten löste in den sozialen Medien noch mehr Empörung aus und führte zu größeren und häufigeren Protesten, die sich auch auf andere Gebiete im Westjordanland ausweiteten. Als Reaktion darauf haben Fatah-Loyalisten und Beamte der Palästinensischen Autonomiebehörde mehrere Pro-Abbas-Demonstrationen in Ramallah, Bethlehem, Hebron und anderen Gebieten veranstaltet.«75

 

72       https://mondoweiss.net/2021/07/

despite-pa-crackdown-palestinians-continue-protests-over-killing-of-nizar-banat/


 

 

Auch im Juni 2021 wies Carlos Latuff darauf hin, dass die Polizei der Palästinensischen Autonomiebehörde im Prinzip der verlängerte Arm Israels im Kampf gegen aufsässige Palästinenser ist, welche gegen die Besatzung demonstrieren. Er bezeichnet sie als Abteilung der israelischen Apartheid-Kräfte.


 

»Ein weiterer Aspekt, der nicht ignoriert werden kann, ist die Tatsache, dass die Palästinensische Autonomiebehörde seit Langem mit Israel ZUSAMMENARBEITET, was Mahmoud Abbas zu einem Komplizen der Verbrechen macht, die die israelische Apartheid an seinem eigenen Volk begeht«, sagte Carlos Latuff zu dieser Arbeit.

Sie zeigt den israelischen Premierminister Netanjahu auf einem Pferdeoder EselFuhrwerk mit der Aufschrift »Siedlungen«, auf der Ladefläche viele Häuser, die israelische Fahnen tragen. Allerdings ist kein Pferd vor den Karren gespannt, sondern der Präsident der Palästinensischen Autonomiebehörde, Abbas dem wiederum der US-Präsident Trump lobend den Kopf tätschelt.


 

Die »Normalisierung« arabischer Diktaturen mit Israel kommentierte Latuff im Mai mit dieser Karikatur. Dort ist zu sehen, wie die Potentaten auf der Fahne Palästinas stehen, Beifall klatschen, während der Vertreter Marokkos Netanjahu die Hände schüttelt. Allen ist der Mund mit Dollarnoten verklebt und Trump klatscht im Hintergrund Beifall. Latuff zu seiner Zeichnung: »Angesichts der drohenden Zwangsräumung von Palästinensern aus Sheikh Jarrah und des brutalen Vorgehens der israelischen Polizei gegen palästinensische Demonstranten lohnt es sich, Marokko, den Sudan, die VAE und Bahrain zu fragen: Seid ihr bereit, das palästinensische Volk zu verraten?«

Ein unbekannter Autor kommentierte die »Normalisierung« in einer im Internet kursierenden E-Mail mit folgenden Worten:

»Die arabischen Führer wissen, dass die Beziehungen zu Israel den Zugang zum US-Imperium und allem, was damit verbunden ist, ermöglichen, einschließlich der begehrten Waffen aus US-Produktion und andere Vorteile wie Sicherheit und wirtschaftliche Zusammenarbeit.

Während diese Zeilen geschrieben werden, befinden sich die Außenminister der Vereinigten Arabischen Emirate und Bahrains in Washington DC, um Abkommen zur Normalisierung der Beziehungen zwischen ihren Ländern und dem Staat Israel zu unterzeichnen. Während die Vereinigten Staaten und Israel durch Präsident Donald Trump und Premierminister Benjamin Netanjahu vertreten waren, entsandten die arabischen Staaten ihre Außenminister, um ihre Länder bei der Unterzeichnungszeremonie zu vertreten. Dies mag weniger mit


dem Protokoll zu tun haben als vielmehr mit der Tatsache, dass sowohl Trump als auch Netanjahu um ihr politisches Überleben kämpfen und dies für sie ein dringend notwendiger PR-Gag war.

Das heutige Spektakel war weit entfernt von der entschlossenen, prinzipienfesten und mutigen Haltung, welche die arabischen Führer vor fast genau 53 Jahren in Khartum an den Tag legten. Nach dem israelischen Angriff auf arabisches Land im Jahr 1967, als die Gewehrläufe noch rauchten, wurde in der sudanesischen Hauptstadt Khartum ein Treffen der Staatsoberhäupter der arabischen Staaten einberufen. Auf diesem Treffen wurde eine mutige Resolution verabschiedet, in der es hieß: Nein zur Anerkennung, Nein zu Verhandlungen und Nein zum Frieden mit Israel. Die arabischen Armeen Ägyptens, des größten aller arabischen Staaten, Syriens und Jordaniens wurden vollständig vernichtet, fast 18.000 arabische Soldaten wurden getötet und Hunderttausende von Zivilisten wurden obdachlos, und doch standen die Führer der arabischen Staaten auf und sagten ‚Nein‘ zu dem mächtigen Aggressor Israel.

Die Resolution der arabischen Staaten zur Ablehnung des brutalen Apartheidregimes Israels wurde im August 1967 auf dem Gipfeltreffen der Arabischen Liga angenommen, nur zwei Monate nachdem Israel die Armeen dreier arabischer Staaten dezimiert und die Golanhöhen gewaltsam von Syrien und die Sinai-Halbinsel von Ägypten erobert hatte und die Eroberung Palästinas mit der Einnahme des Westjordanlands, Ost-Jerusalems und des Gazastreifens abgeschlossen hatte.

Diese Resolution, die später als die ‚drei Neins‘ bekannt wurde, wird von zionistischen Propagandisten immer noch benutzt, um die mangelnde Bereitschaft der arabischen Staaten zu demonstrieren, mit Israel Frieden zu schließen und den sogenannten jüdischen Staat anzuerkennen. Angesichts des tödlichen israelischen Angriffs auf diese Länder war ihre mangelnde Bereitschaft zu kapitulieren jedoch heldenhaft. Bedauerlich ist allerdings der Erfolg der zionistischen Bewegung bei der Umkehrung des arabischen Engagements für Palästina. Schritt für Schritt, beginnend mit dem größten arabischen Staat, Ägypten, dann Jordanien, und jetzt mit den Golfstaaten und sogar dem Sudan, haben die arabischen Regime ihre Beziehungen zu Israel ‚normalisiert‘.«


 

Als die Kritik an der Politik der palästinensischen Autonomiebehörde und seinem Präsidenten Mahmoud Abbas in den sozialen Medien im Oktober 2019 immer lauter wurde, immer mehr Palästinenser ihn als Kollaborateur der Besatzungsmacht ansahen, blockierte die PA Dutzende von Webseiten und Konten in den sozialen Medien, die sich kritisch äußerten.

Die Karikatur zeigt »Mutter« Palästina vor einem Computer sitzend, dessen Monitor

»OFFLINE« anzeigt, weil der Präsident Abbas den Stecker aus der Dose gezogen hat und den Finger vor den Mund hält, als Gebot des Schweigens.


 

Auch diese Karikatur beschäftigt sich mit der Sprengung von Häusern in Ost-Jerusalem, die nach Meinung der meisten unabhängigen Völkerrechtsfachleute nach internationalem Recht ein Kriegsverbrechen darstellt. Während der Präsident der Autonomiebehörde nur Blah Blah von sich gibt, löst Netanjahu grinsend die Explosion aus, während der Vertreter Saudi-Arabiens tanzend Beifall dazu klatscht.

Der Kommentar von Latuff: »Es ist schön zu sehen, dass sich alle arabischen Länder für Palästina einsetzen ... nicht!«

Kriegsverbrechen? Wie? Wo? Es gibt nichts zu sehen, gehen Sie bitte weiter. Dass es seit der Gründung Israels im Land zu Kriegsverbrechen kommt, stört immer weniger Menschen. Die Korruption der Potentaten in den arabischen »Bruderländern« war sehr erfolgreich. Menschenrechte vs. Geld – wer da gewinnt, steht außer Frage.

 

Im Juli 2020 erinnert Carlos Latuff  an eine Karikatur aus dem Jahr 2010. Apple  und Google hatten 2020 Palästina aus den Karten gelöscht, was Israel seit Jahren wünschte. Latuff kommentiert es mit den Worten: »Den Palästinensern ihre Identität, ihre Souveränität, ihre Menschenrechte zu verweigern und sogar den Namen ihres Mutterlandes von der Landkarte zu tilgen, ist sicherlich eine ethnische Säuberung.«

Zum Verschwinden trägt auch die Wikipedia bei: »Der Staat Palästina wird international mehrheitlich als staatliche Einheit anerkannt, jedoch ist seine Staatlichkeit völkerrechtlich umstritten. Er wurde am 15. November 1988 in Algier von der Palästinensischen Befreiungsorganisation als Staat der Palästinenser ausgerufen.«76 – Google Maps verwendet die Bezeichnungen Westjordanland und Gaza. Noch.

Und so stellt die Karikatur mit dem Titel »Neue israelische Regeln für Massendeportation« einen Soldaten Israels dar, wie er mit einem großen Besen, der den Aufdruck »Ethnische Säuberung« trägt, die Karte Palästinas mit seinen Menschen vor sich herschiebt.

 

73       https://de.wikipedia.org/wiki/Staat_Palästina


 

»Die Apartheid Airlines« nennt Carlos Latuff seine Karikatur, in der er zeigt, wie israelische Flugzeuge Bomben abwerfen und die VAE dann Dollar-Geldsäcke hinterherwerfen. Die Seite Middle East Eye erklärt, was dahintersteckt:

»Israel und die Vereinigten Arabischen Emirate haben am Donnerstag ein Abkommen zur Normalisierung der Beziehungen geschlossen. Die Palästinenser bezeichneten dieses Abkommen als ‚verräterischen Dolchstoß‘.

Im Rahmen des von US-Präsident Donald Trump vermittelten Abkommens erklärte sich Israel bereit, die Annexion von Teilen des besetzten Westjordanlandes auszusetzen. Stunden später erklärte Premierminister Benjamin Netanjahu jedoch, er sei weiterhin ‚entschlossen, Teile des Westjordanlandes zu annektieren‘.

Der Bericht fährt fort zu erklären, dass der Kronprinz von Abu Dhabi in einem Telefonat mit Präsident Trump und dem israelischen Premierminister Netanjahu eine

»Einigung erzielte, um die weitere israelische Annexion palästinensischer Gebiete zu stoppen.«

Die VAE seien nun der erste arabische Golfstaat und die dritte arabische Nation nach Ägypten und Jordanien, die aktive diplomatische Beziehungen zu Israel unterhält. Die Vereinbarung über die »vollständige Normalisierung der Beziehungen zwischen Israel und den Vereinigten Arabischen Emiraten« kam der Seite zufolge, die sich  auf eine gemeinsame Erklärung beruft, nach einem Telefonat zwischen Trump, Netanjahu und MBZ am Donnerstag zustande.


Die Palästinensische Autonomiebehörde verurteilte das Abkommen in einer Erklärung und bezeichnete es als »Verrat an Jerusalem, der Al-Aqsa und der palästinensischen Sache« und forderte seine Rücknahme. MEE zitiert dann wörtlich:

»Die [palästinensische] Führung bekräftigt, dass weder die VAE noch irgendeine andere Partei das Recht hat, im Namen des palästinensischen Volkes zu sprechen, noch erlaubt sie irgendjemandem, sich in palästinensische Angelegenheiten einzumischen, wenn es um die legitimen Rechte in ihrem Heimatland geht.«77

Hanan Ashrawi, eine hohe Beamte der Palästinensischen Autonomiebehörde, wird mit der Aussage erwähnt, Israel sei für seine Besatzung belohnt worden und die VAE haben ihre geheimen Geschäfte bzw. ihre Normalisierung mit Israel offengelegt.

»Awni Almashni, ein Funktionär der Fatah-Bewegung von Palästinenserpräsident Mahmoud Abbas und Aktivist in der Stadt Bethlehem im Westjordanland, erklärte gegenüber Middle East Eye, dass Frieden in der Region nur möglich sei, wenn die Probleme der Palästinenser angegangen würden.

‚Die Vereinbarungen, die Israel mit muslimischen und arabischen Ländern zu treffen versucht, sind ein Weg, die palästinensische Frage zu umgehen und ihr auszuweichen, aber alle Friedenspläne mit einem arabischen Land sind nur eine Illusion und werden das Hauptproblem zwischen Israel und Palästina nicht lösen‘, sagte er. (…)

Almashni wies darauf hin, dass die Annexion schon lange vor der Ankündigung am Donnerstag durch die palästinensische Bevölkerung und die internationale Gemeinschaft, die Israels Plan rundweg ablehnten, eingefroren worden sei. Er sagte, die Verknüpfung der Annexion mit dem VAE-Abkommen sei ein Versuch, das Abkommen mit Israel als Errungenschaft zu verkaufen, was es nicht sei.

Die Hamas, die palästinensische Bewegung, die den von Israel belagerten Gazastreifen regiert, bezeichnete das Abkommen der Emirate als ‚gefährlich‘. ‚Das Abkommen zwischen Israel und den Vereinigten Arabischen Emiraten ist eine gefährliche Entwicklung im Zuge der Normalisierung und ein verräterischer Stich gegen die Opfer des palästinensischen Volkes‘, hieß es.

Die im Gazastreifen ansässigen Volkswiderstandskomitees erklärten, das Abkommen ‚offenbart das Ausmaß der Verschwörung gegen unser Volk und unsere Sache‘. ‚Wir betrachten es als einen verräterischen und giftigen Stich  in den Rücken der Nation und ihrer Geschichte‘, fügte die Gruppe hinzu. (…)

In seiner Fernsehansprache sagte Netanjahu jedoch, dass die Annexion ‚immer noch auf dem Tisch‘ liege und dass er sich ‚dafür einsetzen‘ werde. (…)


Im vergangenen Monat unterzeichneten zwei israelische Rüstungskonzerne ein bahnbrechendes Abkommen mit einem emiratischen Technologieunternehmen, das auf künstliche Intelligenz spezialisiert ist.«78

In der Zwischenzeit sind emiratische Flugzeuge direkt zum Ben-Gurion-Flughafen in Tel Aviv geflogen, um medizinische Hilfsgüter für das Westjordanland und den Gazastreifen auszuladen. Die palästinensischen Behörden lehnten die emiratische Hilfe ab und bezeichneten sie als jüngstes Beispiel für die Normalisierung der Beziehungen zwischen Israel und den VAE.

Was in dem Artikel nicht zur Sprache kommt ist ein Deal, welcher Trump zugunsten der US-Militärindustrie in dem Zusammenhang abschloss, um den VAE weitere hochwertige Militärausrüstung für ihren Krieg gegen den Jemen zu liefern.

Das kommentiert Latuff mit der folgenden Karikatur:

 

Sie zeigt Trump mit dem Gedanken an den Friedensnobelpreis, wie er den Herrscher der VAE im linken Arm und Netanjahu im rechten Arm hält. Beide sitzen in US-Bombern, die gerade Bomben über Gaza bzw.  dem Jemen abwerfen und reichen sich  die Hände zur Freundschaft, während unter ihnen die Welt explodiert. Ariel Gold schreibt dazu in Mondoweiss:

»Nächste Woche, am 15. September, wird Donald Trump den israelischen Premierminister Benjamin Netanjahu und den Außenminister der Vereinigten Arabischen Emirate, Scheich Abdullah bin Zayed al-Nahyan, zur feierlichen Unterzeichnung des Abkommens zwischen Israel und den Vereinigten Arabischen Emiraten zur Normalisierung der Beziehungen zwischen den beiden Ländern empfangen. Das als Abraham-Abkommen bezeichnete Abkommen wurde von vielen verurteilt, weil es den Palästinensern nicht ein einziges Zugeständnis sichert. Doch kurz nach der Bekanntgabe des Abkommens rückte ein weiterer Nachteil – und vielleicht die Hauptmotivation der USA für die Verfolgung des Abkommens – in den Vordergrund: Waffenverkäufe der VAE in Höhe von mehreren Milliarden Dollar.«79

Gold berichtet, dass weniger als eine Woche, nachdem Trump am 13. August das Abraham-Abkommen verkündet hatte, bekannt wurde, dass Trumps Chefberater und Schwiegersohn Jared Kushner und Miguel Correa, der leitende Direktor des Nationalen Sicherheitsrats für den Nahen Osten, insgeheim darauf gedrängt hatten, dass die USA F-35-Tarnkappenjäger, bewaffnete Drohnen und andere fortschrittliche militärische Ausrüstung an die Emirate verkaufen sollten.

Anwar Gargash, der Außenminister der Vereinigten Arabischen Emirate, so der Artikel weiter, sagte, sein Land habe die F-35-Kampfjets bereits vor sechs Jahren angefordert. Er bestritt, dass das Normalisierungsabkommen mit dem Antrag seines Landes zusammenhing, aber Beamte der Trump-Regierung gaben später zu, dass das Abkommen den Weg dafür geebnet hatte. Am 18. August berichtete die führende israelische Zeitung YNet News, dass das Abraham-Abkommen eine »geheime Klausel« enthalte, nach der die VAE fortschrittliche US-Militärgüter im Wert von Milliarden Dollar kaufen könnten.

Netanjahu, den Gold einen Prinzen des politischen Dramas nennt, habe vorgegeben, empört darüber zu sein, dass die VAE von den USA F-35-Tarnkappenjäger kaufen könnten und damit Israels Position als mächtigste bewaffnete Luftwaffe im Nahen Osten bedrohen würden.

Nachdem Netanjahu geschimpft und behauptet hatte, er habe nichts von dem Waffenverkauf gewusst, schien das Geschäft zwischen Israel und den VAE auf wackligen Beinen zu stehen. »Fake News«, habe Netanjahu gerufen, als Yedioth Ahronoth, die New York Times und andere Zeitungen berichteten, dass der Waffenverkauf zwischen den USA und den VAE die treibende Kraft hinter dem Normalisierungsabkommen zwischen Israel und den VAE gewesen sei und dass Netanjahu von Anfang an Bescheid gewusst habe. Doch dann, nachdem Netanjahu während des Republikanischen Nationalkongresses mit Außenminister Pompeo in Jerusalem zusammentraf, lenkte er ein und hörte auf, sich öffentlich darüber zu beschweren, dass die VAE neue US-Waffen kaufen dürfen.

Jeder, der die Nachrichten aus dem Nahen Osten verfolgt, wisse, was für ein gewiefter Politiker Netanjahu ist. Daher sollte es nicht überraschen, dass Netanjahu genau die Vereinbarung, der er zugestimmt hat, die er dann anprangerte und deren Kenntnis er leugnete, zum militärischen Vorteil seines eigenen Landes (und zum weiteren


Vorteil der US-Waffenunternehmen) genutzt hat, meint der Autor. Dann führt er weiter aus, dass am 6. September Yedioth Ahronoth berichtete, dass Netanjahu zusätzliche US-Waffen für Israel beantragen wird, um die Auswirkungen der neuen USWaffenverkäufe an die Emirate auszugleichen. Diese zusätzlichen Waffen werden zu den 3,8 Milliarden Dollar hinzukommen, die die USA Israel bereits jährlich als Militärhilfe zur Verfügung stellen (und die zu 100 % für Käufe bei US-Waffenherstellern verwendet werden müssen).

»Am 7. September sprach sich Trump gegen die Drehtür der US-Waffenverkäufe und endlose Kriege aus. Er wehrte sich gegen einen Bericht im Atlantic, wonach er gefallene US-Soldaten als ‚Trottel‘ und ‚Verlierer‘ verunglimpft habe, und beschuldigte die Verantwortlichen im Pentagon, ‚nichts anderes tun zu wollen, als Kriege zu führen, damit all diese wunderbaren Unternehmen, die Bomben und Flugzeuge und alles andere herstellen, glücklich bleiben‘. Doch Donald Trump selbst macht diese ‚wunderbaren Unternehmen‘ glücklich, indem er ihnen einen Deal zum Verkauf von Waffen im Wert von zig Milliarden an die Emirate verschafft, ein Land, das in den Krieg in Libyen verwickelt ist und bis vor Kurzem einer der Anführer des brutalen Krieges im Jemen war. (…)«80


 

In einer Karikatur vom September 2020 stellt Carlos Latuff Trump als aufmerksamen Zuhörer dar, der dem Milliardär Sheldon Adelson, bekleidet mit einer israelischen Krawatte, zuhört, wie dieser ihm einen Vortrag hält, er müsse den Iran bombardieren, um Stimmen für seine Wahl zu erhalten, während neben ihm ein Sack mit der Aufschrift »Spenden-Dollar für Wahlkampagne« steht.

Dazu schreibt Latuff: »Trump hat einen weiteren Grund, auf einen Konflikt mit dem Iran zu drängen, eine Motivation, die in den Mainstream-Medien nicht erwähnt wird. Sheldon Adelson, der israelfreundliche Glücksspielmilliardär, ist einer von Trumps größten Spendern und Adelson hat zu einem Atomschlag gegen den Iran aufgerufen.«81

Philip Weiss und James North erklären im Juni 2020 die Hintergründe. Sie beginnen damit zu erklären, dass Sheldon Adelson, ein israelfreundlicher, Iran-kriegslüsterner Kasino-Baron ständig mit Donald Trump spreche. Das habe seinen guten Grund. Er und seine Frau Miriam seien die größten republikanischen Spender und würden im Jahr 2020 bis zu 200 Millionen Dollar spenden. Jetzt, da das Weiße Haus die israelische Regierung bei der Annexion von Teilen des Westjordanlandes trotz der zunehmenden internationalen Verurteilung zu unterstützen scheint, sollte Adelson im Mittelpunkt stehen. Er sei immer ein starker Befürworter der israelischen Expansion gewesen, ein Mann, der sagte: »So etwas wie einen Palästinenser gibt es nicht«.

Bisher haben die Adelsons alles bekommen, was sie von Trump wollten. Die Autoren zählen auf: die Aufkündigung des Iran-Abkommens, die Verlegung der Botschaft nach Jerusalem, die Streichung der Mittel für die Palästinenser, die Anerkennung der


81 https://www.youtube.com/watch?v=6sCW4IasWXc&t=9s


Golan-Annexion, die Anerkennung der Siedlungsexpansion als legitim, sogar eine präsidiale Freiheitsmedaille für Miriam, usw. Bis hin zum gestrigen Angriff Trumps auf den Internationalen Strafgerichtshof im Namen Israels.

Trump, so schreiben sie, habe einmal selbst gesagt, als ein republikanischer Rivale das Geld von Adelson erhielt, dass der eine »perfekte kleine Marionette« wolle.

Vor allem aber, so fahren sie fort, haben die Adelsons den Trump-»Friedensplan« bekommen, der den Weg für die Annexion des Westjordanlandes ebnet. Als Trump seine »Vision« verkündete, saßen sie in der ersten Reihe.

»Betrachten Sie die Sache aus Trumps Sicht. Er kümmert sich nicht um den Frieden im Nahen Osten oder die Menschenrechte der Palästinenser. Er will nur eines: im November gewinnen, und dazu braucht er Geld.

Warum sollten die Adelsons 200 Millionen Dollar für einen Verlierer riskieren? Nun, weil es keine aussichtslose Sache ist – sie bekommen ihre Rache jetzt. Sie gehen davon aus, dass die israelische Annexion dauerhaft ist, egal was mit Trump passiert. ‚Fakten auf dem Boden‘ ist die israelische Art der Expansion. Die Verlegung der Botschaft wird auch von einem Joe Biden nicht rückgängig gemacht werden können. Also lasst uns annektieren.«82

Weiss und North schreiben dann, dass Sheldons israelische Zeitung Israel Hayom im Juni 2020 für die Annexion warb und zitieren: »Die Annexion ist Israels Recht, und sie stellt keine Bedrohung für die Interessen der Vereinigten Staaten oder des jüdischen Staates dar.« Diese Zeitung sei eine wichtige Stimme der Rechten in Israel, und die Adelsons waren große Unterstützer von Benjamin Netanjahu. Sie könnten also auch eine Rolle bei Netanjahus Eifer für die Annexion spielen, obwohl er viele Gelegenheiten hatte, diese Politik zu verwerfen.

Der Guardian, so der Artikel weiter, berichtete im Februar, dass Insider davon ausgehen, dass die Adelsons in diesem Jahr zwischen 100 und 200 Millionen Dollar für Trumps Hoffnungen auf seine Wiederwahl spenden werden. Sie haben allerdings 2016 schon mehr als 100 Millionen Dollar und 2018 123 Millionen Dollar für den Einfluss auf das Wahlergebnis gespendet.

Und hier noch ein weiterer Hinweis, wie wir beim Pokern sagen. Sheldon Adelson ist ein Geldgeber und Vorstandsmitglied der Republican Jewish Coalition (RJC), die Trump als den israelfreundlichsten Präsidenten aller Zeiten bezeichnet, und – welch ein Zufall – die RJC ‚startet eine Lobbyarbeit auf dem Capitol Hill, um Unterstützung für die israelische Annexion zu sammeln‘, wie Jewish Insider berichtet. Sagt der Guardian:


‚Der RJC wird von dem ehemaligen Senator Norm Coleman geleitet, dem enge Verbindungen zu Adelson nachgesagt werden, die dem RJC und anderen Super-Pacs und Dark-Money-Organisationen zugute kommen, bei denen Coleman eine wichtige Rolle spielt.‘

Coleman leitet die Mittelbeschaffung für einen Super Pac, den Congressional Leadership Fund, und eine Schwarzgeldorganisation, das American Action Network, die jeweils republikanische Abgeordnete und deren Politik unterstützen und bei den letzten Wahlen siebenstellige Schecks von den Adelsons erhalten haben.«83

Die Adelsons, so führt der Artikel aus, scheinen sich bisher in Sachen Annexion durchgesetzt zu haben. Die Annexion großer Teile des Westjordanlandes ist in Trumps Deal des Jahrhunderts vorgesehen. Dann verweisen die Autoren auf den Plan, den Trumps Schwiegersohn entwickelte.

[Anmerkung: Die grünen Flecken sollen den palästinensischen »Staat« darstellen. Ähnlichkeiten mit dem Vorgehen der USA im Fall der amerikanischen Ureinwohner sind unübersehbar.]

»Vision for Peace« Conceptual Map – Quelle: US-Regierung


 

 Die Autoren erwähnen dann, dass laut Dan Raviv von i24 die Adelsons den Plan noch vor der Wahl veröffentlichen wollten, damit Israel noch in diesem Jahr seine eigene Grenze festlegen kann, bevor der November kommt und seine Autonomie möglicherweise einschränkt.

Das heißt, die Adelsons sind vielleicht die wichtigsten Akteure in dieser ganzen außenpolitischen Diskussion. Vielleicht sollten uns die Medien jetzt mehr über sie erzählen.«84



»Die heute angekündigten Änderungen an den US-Abkommen, die von Trumps größtem Geldgeber Sheldon Adelson angestrebt werden, ermöglichen die Verwendung von US-Steuergeldern in israelischen Siedlungen.« Das schreibt Carlos Latuff unter seine Karikatur vom 29. Oktober 2020.

Darauf zeigt er Trump, wie er aus dem Hut  von Onkel Sam goldene Dollarmünzen in ein großes Sparhaus mit der Aufschrift »Siedlungen« schüttet, das ein Siedler mit Sturmgewehr freudig hinhält, während Adelson daneben sitzt und zufrieden lächelt.

 

84       https://mondoweiss.net/2020/06/

it-sure-looks-like-trump-and-adelson-have-cut-a-deal-on-annexation/


 

Die Tatsache, dass Israel auch unter COVID -Finanzproblemen 500 Millionen US-Dollar zusätzliche Militärhilfe aus den USA erhält, inspirierte Carlos Latuff zu dieser Karikatur. Sie zeigt wie Onkel Sam in einem Panzer mit der Aufschrift »$ 500.000.000 Militärhilfe« an einem Schild vorbeifährt, das nach Israel zeigt, während der Panzer einen armen Menschen überfahren hat, der einen Scheck über 600 Dollar »COVID

-Hilfe« in den Händen hält.

Mondoweiß berichtet darüber am 21. Dezember 2020. Die Autoren verweisen darauf, dass sie regelmäßig versuchen zu erklären, dass es umstritten ist, dass Israel jedes Jahr fast 4 Milliarden Dollar an Militärhilfe von den Vereinigten Staaten erhält. Diese 500 Millionen Dollar seien aber in einem großen Gesetzesentwurf zur COVID

-Hilfe enthalten gewesen.

»Die Mittel für Israel sind offensichtlich Routinebestandteile eines Gesetzesentwurfs zur Auslandshilfe, der mit den COVID -Hilfsgeldern verknüpft wurde, aber die Israel-Hilfe wurde auf Twitter zum Trending und viele äußerten sich schockiert darüber.


‚600 Dollar für Sie, 500.000.000 Dollar für Israel‘, schreibt Sven Henrich, ein Händler. Eine Aktivistin der Demokraten, Amanda Siebe, schreibt: ‚500.000.000 Dollar könnten das Programm für häusliche Pflegekräfte wiederherstellen, das unter Trump und der GOP gekürzt wurde. Es könnte verwendet werden, damit Schulen Mittel für den Fernunterricht haben. Es könnte verwendet werden, um den 32.000.000 nicht versicherten Menschen eine Gesundheitsversorgung für 2021 zu ermöglichen. Aber nein. Es geht an Israel.‘«85

85       https://mondoweiss.net/2020/12/500m-to-israel-in-midst-of-covid-relief-bills-sparks-ire/


Der Artikel beschreibt noch viele andere Fragen, warum Bürger der Vereinigten Staaten leiden müssen, während Militärhilfe in Milliardenhöhe an Israel gezahlt wird. So hat Israel zum Beispiel ein soziales Gesundheitswesen, während in den USA viele Menschen ohne Krankenversorgung bleiben, weil sie kein Geld haben, sie zu bezahlen.

 

 

Das US-Wahlergebnis kommentiert Carlos Latuff mit einem Donald Trump, der von der Freiheitsstatue mit einem Golfschläger aus dem Weißen Haus geschlagen wird und in hohem Bogen, wobei er seine KKK-Maske verliert, in Richtung Mülleimer segelt, während Netanjahu hinter einem Busch dem fliegenden Tump hinterherweint.

»Biden gewann, Donald Trump ist geschlagen, es ist Zeit das Weiße Haus zu säubern«, ist sein Kommentar.