Der 17. Mai
Nach der Entscheidung des deutschen Bundestages am 17. Mai, mit welcher der zivilgesellschaftliche Widerstand gegen Israels völkerrechtswidrige Besatzungspolitik diskriminiert werden soll, kann man also nur noch feststellen, dass diese Politiker, die sich ständig auf den Holocaust berufen, selbst vergaßen, was er uns lehrte. Sie folgen dem Mainstream, übersehen Unrecht, Völkerrechtsverbrechen, und Verbrechen gegen die Menschlichkeit, folgen der Staatsdoktrin, der Staatsräson, und haben keinerlei Einsicht einerseits in Unrecht und andererseits in Menschlichkeit.
Zuerst kriminalisierten sie den bewaffneten Widerstand von Freiheitsbewegungen gegen den Besatzungsstaat als Terrorismus, obwohl die UNO einen solchen Kampf gegen Kolonialstaaten, auch ausdrücklich den Kampf Palästinas, legitimiert. Nachdem nun eine wirksame gewaltfreie Widerstandsbewegung zunehmend Zulauf bekommt, wird diese wegen »Antisemitismus« angeprangert. Ohne Hintergründe, Sichtweisen und Stellungnahmen korrekt wiederzugeben oder zu interpretieren. Bevor wir zu den einzelnen Aussagen in der Aussprache vor der Abstimmung kamen, schauen wir uns die Situation in Israel und Palästina an.
Verleugnung der Verbrechen Israels
In der Debatte des deutschen Bundestages wurde wieder ein großer Bogen um die Nennung der Verbrechen Israels gemacht. Hörte man die Redner, konnte man glauben, Israel sei lediglich ein Staat der sich verteidigt und gegen Feinde kämpft, die seine Existenz vernichten wollten, und ein Blutbad unter der Bevölkerung anrichten würden, kämen sie zum Zuge. Kein Wort zu den Ursachen des Konfliktes, kein Wort zu den Taten der diversen israelischen Regierungen, kein Wort zur Nakba, die »großen Katastrophe«, um nur ein Beispiel zu nennen. Was aber passiert war habe ich bereits in vorherigen Kapiteln beschrieben.
Existenzrecht
Immer wieder wurde in der Debatte das »Existenzrecht Israels« beschworen. Dabei wurde vermieden zu erklären, was man damit wirklich meint. Denn die BDS-Bewegung lehnt keineswegs das Existenzrecht eines Staates ab, in dem jüdische Menschen, auch auf dem Gebiet Palästinas, in Frieden leben können. Sie lehnen eine staatliche Organisation ab, die sich das Recht herausnimmt, nur Menschen mit jüdischer Religion die vollen Rechte eines Staatsbürgers zu gewähren, und sie lehnen den Anspruch eines Staates ab, ein Gebiet mit einem Angriffskrieg erobern zu dürfen, und dann mit den Bewohner nach Belieben umzugehen. Das heißt, sie lehnen eine staatliche Organisation ab, der die völkerrechtswidrige Besatzung Palästinas als Recht beansprucht, ja sogar die Annexion dieses Landes betreibt. Die BDS Bewegung kämpft für einen demokratischen Staat, der die völkerrechtswidrige Besatzung Palästinas aufgibt, und das von der UNO zugesprochene Rückkehrrecht der Vertriebenen akzeptiert. Ob in einer inzwischen illusorisch gewordenen Zweistaatenlösung oder einer Einstaatenlösung ist vollkommen offen.
Und wenn deutsche Politiker erklären, dass das Rückkehrrecht die Vernichtung Israels bedeuten würde, ist das die Bestätigung und der Versuch der Legitimation der ethnischen Säuberung und des schleichenden Genozids der Palästinenser durch die deutschen Abgeordneten.
Und wenn deutsche Politiker daher von einem »Existenzrecht Israels« reden, unterstützen sie genau diese Ansprüche, welche die Führung Israels für sich erhebt, ohne es aber explizit auszusprechen, weil das zu offensichtlich sei, weil dann klar würde, dass sie sich für ein undemokratisches Apartheidsystem engagieren.
Obwohl Israel selbst gegen die meisten UNO-Resolutionen verstößt, basiert sein Anspruch auf der Resolution 181. Aber da Israel selbst durch die Annexion von Siedlungen, Straßen, von Ost-Jerusalem, gegen die Resolution verstößt, weil die Führung Israels 70 Jahre dafür kämpfte, dass kein palästinensischer Staat gegründet wird, was aber die Resolution 181 ausdrücklich vorsieht, gerät diese Resolution nun ebenfalls in den Bereich der nicht erfüllten Resolution.
Und da im Zusammenhang mit dem »Existenzrecht« oft auch die »Zweistaatenlösung« als einzige Lösung des Konfliktes vertreten wird, sei darauf hingewiesen, dass diese Behauptung an mehreren Stellen in diesem Buch ausführlich widerlegt wird.
Unterstützung für Apartheid durch den Bundestag
Im vorherigen Kapitel hörten wir schon, dass die Apartheid am 19. Juli 2018 von der Knesset nun auch in einem Gesetz kodifiziert wurde. Dieses System wird durch die bedingungslose Unterwerfung der Bundestagsabgeordneten unter die Staatsräson unterstützt, nach der Deutschland keine ernsthafte Kritik an der Politik Israels äußern darf, ohne dass dies als Antisemitismus verleumdet wird. Egal wie oft die Abgeordneten in »persönlichen Erklärungen« behaupteten: »…Aber Kritik an israelischer Politik muss möglich sein.« Was sich als reine Rhetorik entpuppt, wenn man die Fakten sieht, die geschaffen wurden, und die in späteren Kapiteln in diesem Buch beispielhaft aufgeführt werden.
Das neue Nationalstaatengesetz bedeutet, dass Israel nun auch ganz offiziell ein Staat ist, in dem alle anderen Religionen, außer der jüdischen, diskriminiert werden. Nur wer die »richtige« Religion hat, genießt alle Vorteile der Staatsbürgerschaft. Dies wurde von verschiedenen Spitzenpolitikern, wie auch Premierminister Netanjahu ausdrücklich verteidigt.
Für die Menschen in den seit 1967 besetzten Gebieten Palästinas dagegen sieht es noch schlechter aus, als für die arabischstämmigen Bürger Israels. Sie haben praktisch gar keine Rechte. Wer sieht, wie Palästinenser unterdrückt, drangsaliert, verfolgt, ermordet, vertrieben werden, wie ihre Häuser zerstört werden, der kommt zu der Annahme, dass das System sogar schlimmer ist als das im Apartheidstaat Südafrika war.
Zu dem Schluss kam auch Prof. John Dugard, ein ehemaliger Sonderberichterstatter der UNO schon vor Verabschiedung des Gesetzes. Er hatte erklärt:
»'Ich bin Südafrikaner, der die Apartheid erlebt hat', sagte Dugard. 'Ich kann ohne zu zögern sagen, dass Israels Verbrechen unendlich schlimmer sind, als jene, die vom Apartheidregime Südafrikas begangen wurden'.« [1]
Wie gesagt, das war noch vor der Verabschiedung des Nationalstaaten-Gesetzes in der Knesset, eine Beobachtung auf Grund der Verhältnisse vor Ort.
Was durch die Aussagen der deutschen Politiker im Bundestag außerdem ausdrücklich unterstützt wird, ist die Sicht auf Palästina, wie sie aus zionistischen Kreisen verbreitet wird und von Tim Anderson festgehalten wurde:
»Die derzeit besetzten Gebiete Palästinas zeigen sich bemerkenswert ähnlich, als isolierte, nicht lebensfähige Inseln, abhängig von und kontrolliert durch den Kolonial-Staat. Zionisten sehen das anders. Israelis und die jüdische Bevölkerung werden ermutig zu glauben, dass in kolonialer Manier, militärische Eroberung Israel ermächtigt, arabisches Land zu erobern. Außerdem hätte diese koloniale Idee nichts mit dem derzeit geltenden Völkerrecht zu tun.«[2]
Das 2-Staaten-Lösungs-Narrativ
Praktisch alle Parteien behaupteten in der Debatte, sie würden sich für die von der UNO verabschiedete Zweistaatenlösung und friedliche Verhandlungen auf dem Weg dorthin einsetzen. Nun werden seit 1967 Verhandlungen geführt. Aber die diversen israelischen Regierungen haben immer wieder Verhandlungen genutzt, um Zeit zu gewinnen und neue Fakten zu schaffen. Nämlich Siedlungen und noch mal Siedlungen, für die sie Siedler in der ganzen Welt anwarben. Siedler, die dafür auch gerne zum Judentum konvertierten. Durch das Stehlen palästinensischen Landes, der Zersiedlung der Region, die eigentlich Palästinas Kernland sein sollte, durch die Annexion von Jerusalem entgegen Völkerrecht, hat die Regierung Israels eine Zweistaatenlösung unmöglich gemacht. Und die deutschen Politiker müssen es wissen.
Spätestens im Jahr 2018 wurde deutlich, auch für den letzten Beobachter Israels und Palästinas, dass eine Zweistaatenlösung nicht mehr möglich war, bedingt eben durch die Bildung immer neuer kolonialer Siedlungen im besetzten Palästina. Und so schrieb Gideon Levy in Haaretz im August richtig: »Wir sollten es zugeben, die Siedler haben gewonnen, wir haben verloren. 33 'isolierte' Siedlungen zu entfernen, würde keine lebensfähige Zweistaatenlösung ermöglichen, egal was ein Haaretz-Kollege dazu meint.«[3]
Aus dieser Erkenntnis, dass eine Zweistaatenlösung nicht mehr möglich ist, ergab sich als einzige verbliebene Lösung nur die reale Politik einer Einstaatenlösung. Sollte diese aber der Apartheidstaat Israel sein, würde dies bedeuten: noch mehr Vertreibung, Tötungen und ethnische Säuberung. Und so sagt Trump zu Netanjahu, dass die Palästinenser vollständig besiegt werden müssten. Zumindest interpretierte dies ein Artikel so, der sich mit dem Thema beschäftigte.
»Mit anderen Worten: US-Präsident Donald Trump will nicht, dass die Palästinenser von den gemäßigteren der beiden politischen Einheiten, die um die Kontrolle über Palästina kämpfen, regiert werden, – er bevorzugt nicht die Palästinensische Autonomiebehörde, Mahmoud Abbas, gegenüber der Hamas, Ismail Haniya. Stattdessen zielt er darauf ab, dass Juden innerhalb Israels die Nichtjuden vollständig besiegen, nicht nur innerhalb Israels, sondern auch in den angrenzenden Gebieten, in Palästina.« [4]
Reden im Bundestag am 17. Mai 2019.
Die Reden der Abgeordneten des deutschen Bundestages zeigten deutlich auf, dass sie versuchten, der seit 2008 durch das US-State Department vorgegebenen Leitlinie zu folgen. In der Monde Diplomatique wurde diese anschaulich beschrieben.
»Seit 2008 definiert das State Department Antisemitismus anhand der 'drei D': Delegitimierung, Dämonisierung und 'doppelte Standards' für Israel. Zur Delegitimierung gehört nach dieser Definition, 'dem jüdischen Volk sein Recht auf Selbstbestimmung und Israel sein Existenzrecht abzusprechen'. Antizionismus – inklusive der Sichtweise, dass Israel ein Staat mit gleichen Rechten für alle Bürger sein sollte – ist demnach eine Form von Delegitimierung und damit antisemitisch. Zur Dämonisierung gehören etwa 'Vergleiche zwischen der aktuellen israelischen Politik und derjenigen der Nazis' – wie es der stellvertretende Stabschef der israelischen Armee, Jair Golan, in einer Rede zum Holocaustgedenktag 2016 getan hat. Er verglich einige Entwicklungen im heutigen Israel mit den 'abscheulichen Tendenzen' in Europa und Deutschland in den 1930er und 1940er Jahren. (…) Mit dem dritten D, den 'doppelten Standards', wird Kritik, die sich exklusiv an Israel richtet, als 'neuer Antisemitismus' ausgemacht.« [v]
Fangen wir am Schluss an – den Doppelstandards, wenn es um Boykott geht. Jeder Boykott ist immer nur auf einen Fall bezogen. Das sieht man auch an den Boykott-Maßnahmen der Bundesregierung, Sanktionen genannt. Natürlich ist es ein »doppelter Standard« dass zwar Syrien mit Sanktionen überzogen wird, nicht aber Saudi Arabien, das eine wesentlich schlechtere Menschenrechtsgeschichte aufweist. Oder warum wird Russland wegen angeblicher Annexion der Krim sanktioniert, trotz Referendum und zahlreichen Wahlen und ohne Umsiedlungsprojekt, nicht aber Israel, trotz Annexion der Golanhöhen und Ost-Jerusalems und damit verbundenen Verbreitungen und Umsiedlungen?
Kommen wir zum zweiten D: Wenn die Forderung nach gleichen Rechten für alle Bürger bereits Dämonisierung, und damit gleichbedeutend mit Antisemitismus ist, dann gelten die Menschenrechte eben nicht mehr. Wer behauptet, dass Bürger eines Landes, die einer Religionsgemeinschaft angehören, mehr Rechte in einem Land haben soll als eine andere, der verrät alle Errungenschaften der Aufklärung und ignoriert die UNO-Charta. Noch schlimmer: Wer glaubt, dass akzeptiert werden müsse, dass ein Land ein anderes besetzen darf, und seine Bürger entrechten, und dass man mit dem Unterdrücker allerbeste Beziehungen pflegen kann, missachtet Völkerrecht und Menschenrechte.
Kommen wir zum ersten D: »Zur Delegitimierung gehört nach dieser Definition, 'dem jüdischen Volk sein Recht auf Selbstbestimmung und Israel sein Existenzrecht abzusprechen'.« Auf dieses Argument werden wir in diesem Buch immer wieder treffen. Dazu muss gesagt werden, dass Israel nach Prüfung durch eine UNO-Organisation, aber auch durch gesunden Menschenverstand schon erklärt, kein ethnisch reiner Staat ist. Trotz der Nakba, trotz der ethnischen Säuberungen. Israel ist ein multiethnischer Staat. Und in einem multiethnischen Staat ist die Diskriminierung einer Ethnie ein Verstoß gegen die Menschenrechte. Punkt. Damit wird nicht Israel das Existenzrecht abgesprochen, sondern dem Apartheidsystem, das aktuell in Israel herrscht.
Die Aussprache im Bundestag war gekennzeichnet durch einen Wettbewerb der Parteien um den Preis für den eifrigsten Unterstützer Israels. Kommen wir zu einigen Rednern und ihren repräsentativen Aussagen.
Axel Müller – CDU/CSU
Er behauptete, dass die BDS-Bewegung gegen die »Existenz des Staates Israel« gerichtet sei. Was suggeriert, dass die Vernichtung Israels und seiner Bewohner in der Absicht der BDS-Kampagne liegen würde. Dabei ist dieses falsche Narrativ schon seit Jahren widerlegt. Selbst falsch übersetzte Äußerungen des rechten ehemaligen iranischen Präsidenten Ahmadinedschad lassen diesen Schluss nicht zu. Seine, wie alle anderen Äußerungen, die gerne mit »Tod Israel« abgekürzt widergegeben werden, fordern das Ende des Apartheidstaates. Sie fordern einen Staat, der den Menschenrechten folgend, allen Bürgern die gleichen Rechte einräumt, unabhängig von Ethnie, Religion, Hautfarbe oder Abstammung. Wie bereits erwähnt: Im Fall von Ahmadinedschad zum Beispiel war es glasklar, da er das Verschwinden des israelischen Staates, mit dem des iranischen Schah-Regimes verglich. Und ja, ich weiß, dass man schon als Antisemit tituliert wird, wenn man eine korrekte Übersetzung fördert. Was natürlich nicht die Relativierung des Holocaust durch den rechtsextremen Politiker des Iran rechtfertigen soll, durch welche die Politik der »Holocaustindustrie« gekontert werden sollte [vi]. Aber das ist ein anderes Thema.
Müller behauptete außerdem, dass das Staatsgebiet Palästinas nicht geklärt sei, und Palästina keine legitime Vertretung hätte, weil seit vielen Jahren nicht mehr gewählt worden sei. Er verschweigt die Tatsache, dass die Spaltung des Widerstandes der Palästinenser eines der Hauptsorgen Israels war. So förderten und fördern die Regierungen die Gegnerschaft der säkularen PLO und der islamistischen Hamas, indem immer wieder separate Verhandlungen geführt werden. Außerdem wird die Hamas wesentlich weniger hart verfolgt, obwohl sie ja eigentlich die Terrororganisation sein soll, als die PLO. (Die Aussagen von Avner Cohen und David Hacham wurden bereits an anderer Stelle erwähnt.)
Und schließlich rückte der Redner die BDS-Kampagne in die Nähe von Nazi-Ideologie. Was in der Tradition von westlichen Politikern zu sehen ist, die gerne und schnell Hitler-Vergleiche anführen, wenn es missliebige Staatschefs geht, gegen die sie einen Regime-Change durchführen wollen. Sei es Saddam-Hussein, Gaddafi, Assad oder jetzt Venezuelas Maduro. Der Redner gipfelte in der Behauptung, dass ein Emoji ähnliches Zeichen, die SS-Rune darstellen sollte, und versuchte so eine Verbindung zwischen Nazi-Deutschland und der BDS-Bewegung herzustellen. Eine Beleidigung der Opfer des Nationalsozialismus, aber seltsamerweise ohne Folgen für die Redner. Dazu später mehr.
Jürgen Braun – AfD
Der Redner der AfD erklärte, dass seine Partei die Partei der Freunde Israels sei. Er nannte die BDS Bewegung eine anti-jüdische Bewegung, obwohl sie zum großen Teil von Juden mitgetragen wird. Er zitiert Broder, der erklärte, dass die BDS-Kampagne mit den Worten zum Boykott aufrufen würde, die an das 3. Reich erinnern würden, also wieder eine Assoziation mit Nazi-Verfolgung der Juden herstellend. Der Boykott würde nach »Kauft nicht bei Juden« aus 1933 riechen[vii]. Obwohl BDS und Nazi-Boykott gegensätzliche Beweggründe aufweisen, und der Vergleich so haarsträubend, dass renommierte jüdische Historiker nur mit dem Kopf schütteln können.
Selbst ein Gegner der BDS-Bewegung, Professor Daniel Blatman, ein bekannter Historiker mit Schwerpunkt seiner Arbeit über den Holocaust, der an der Hebräischen Universität in Jerusalem lehrt, wendet sich gegen den Vergleich des Nazi-Boykotts mit der BDS-Bewegung. Er erklärt ganz klar: »Aber der Boykott, der durch Antisemitismus gegen Juden verhängt wurde, und der Boykott von Israel heute, haben nichts gemeinsam. [viii]« Schon in einem Artikel am 2. Juli 2015 erklärte er über die Verfolgung der BDS-Bewegung: »Das ist nicht Antisemitismus, sondern Hysterie.«[ix]
Dazu möchte ich auch aus dem Blog von JrBernstein zitieren:
»Wir fragen die deutsche Regierung: Glauben Sie wirklich, dass es eine Ähnlichkeit zwischen dem Boykott einer Flasche Wein, die in den besetzten Gebieten auf von Siedlern gestohlenem Land produziert wurde, von Siedlern, die von der stärksten Armee in der Region geschützt werden, und dem Boykott eines Geschäfts in Nazi-Deutschland gibt?
Wer diesen Vergleich zieht, befleckt die Erinnerung an den Holocaust und untergräbt massiv die Balance der Verpflichtungen in Deutschlands Nachkriegszeit. Schlimmer noch: Die Entscheidung beschädigt den Kampf gegen den wahren Antisemitismus (…).« [x]
Die Regierung Deutschlands würde in der UNO mit den »Judenfeinden« gegen Israel stimmen. Und alle Parteien finanzierten BDS Projekte mit, »im Netz der Judenfeinde«. Schließlich steigerte er sich zu der Aussage, dass in keinem anderen Staat Araber bessere Chancen hätten. Braun hat wohl doch noch nie was vom Apartheidgesetz gehört, schien es, und ganz anscheinend sympathisierte er mit der Politik der rassistischen israelischen Regierung, die in einem späteren Artikel noch erklärt werden wird.
Christian Lange – SPD
Lange schließlich griff auf den 14. Mai 1948 und Ben Gurion zurück. Seine Rede assoziierte, dass alles, was Israel damals tat, nur die Abwehr eines Angriffs gewesen sei. Gerade so, als ob es keine Massenmorde und Vertreibung von hunderttausenden Palästinensern, keine ethnischen Säuberungen gegeben hätte. Kein Wort über die Gründe der Gegnerschaft arabischer Länder, kein Wort zu den diversen Bombardierungen, Angriffskriegen, zum Mauerbau und den Siedlungen.
Er erklärte »jüdische Veranstaltungen dürfen nicht gesprengt werden«. Und übersah, dass es viel mehr Veranstaltungen der BDS-Aktivisten gibt, die gestört oder schon im Vorfeld verhindert werden, als israelfreundliche Veranstaltungen. Er übersah, dass es gerade die so genannten Antideutschen sind, welche auch gerne mit Gewalt gegen Veranstaltungen der BDS-Kampagne vorgehen. Außerdem werden Israel kritisch betrachtende Wissenschaftler und Künstler in Deutschland systematisch verleumdet und ausgegrenzt, nicht israelfreundliche.
Im August 2018 wurde ein Beispiel für den Einfluss israelischer Politik auf die deutsche Gesellschaft bekannt, als der bereits erwähnte britisch-deutsche Komponist Wieland Hoban von einem Musikfestival in Donaueschingen ausgeschlossen wurde.
»Hobans 'Hora'ot Pticha Be'esh (Einsatzbefehle) ist ein instrumentales Stück, das zusammengesetzt ist aus den Erklärungen eines israelischen Unteroffiziers, der an der Operation Cast Lean in Gaza zwischen 2008 und 2009 teilgenommen hatte. In Hebräisch kann man hören, wie der Unteroffizier sagt 'der Einsatzbefehl war zu schießen', was sich wiederholt durch die ganze Komposition zog.« [xi]
Aber diese Politik, »zu schießen«, hatte sich nicht geändert. Die Zeitung Haaretz berichtete, dass Israel auf die Zivilisten Gazas als »Kollektivbestrafung« zielte.
»Ein Artikel in Hebräisch der israelischen Zeitung Haaretz hat bemerkt, dass das israelische Militär (IDF) in Form einer Kollektivbestrafung absichtlich auf Zivilisten in Gaza zielt, um dort Hamas – die Israel weiterhin als Widerstandsgruppe ansieht, obwohl sie Gaza seit Gewinn der Wahlen von 2007 regiert –'in eine problematische Situation zu bringen'.« [xii]
Bijan Djir-Sarai, FDP
Auch dieser Redner versuchte die BDS-Kampagne mit Nazi-Propaganda in Verbindung zu bringen. Und er behauptete, dass Israel der einzige demokratische Staat im Nahen Osten sei. Was ebenfalls darauf hin deutet, dass er das Apartheidgesetz nicht kennt, oder nicht kennen will, und sich nicht mit den Studien namhafter jüdischer Historiker beschäftigt hat. (Siehe an anderer Stelle in diesem Buch: »Mythos einzige Demokratie«) Und offensichtlich kennt er auch nicht das Besatzungsregime, unter dem die Palästinenser leiden, so wenig wie die Belagerung des Gaza-Streifens.
Nicht einmal Zionisten beanspruchen den Titel eines demokratischen Staates für sich. Im Gegenteil. Sie machen klar, dass es entweder einen »jüdischen Staat« oder einen demokratischen Staat geben könne, in dem alle Bürger die gleichen Rechte und Pflichten haben. Schon im Jahr 1999 wurden in wissenschaftlichen Kreisen ernsthafte Zweifel angemeldet, ob man Israel als Demokratie bezeichnen kann [xiii]. Das war lange vor der Annahme des Apartheidgesetzes in der Knesset. Ebenfalls lange vor dem Gesetz, im Jahr 2008, erklärt ein Autor in Bezug auf eine Fernsehdiskussion:
»Frei von den Beschränkungen der 'political correctness' und demokratischer Fassade, war Kahane in der Lage, das wahre Gesicht des Zionismus in Israel aufzuzeigen: ein inhärenter, ständig fortgeführter demografischer Krieg gegen seine palästinensischen Bürger [xiv]. Soweit Israel versucht, jüdisch und demokratisch zu sein, muss es aktiv sicherstellen, eine jüdische Mehrheit zu besitzen. (…)
Schlussendlich war das zionistische Projekt in Israel von Anfang an das einer Umgestaltung des Landes. Das bildete die Basis für die Einstellung und des Staates und der Behandlung der Palästinenser. Sei es was die ethnische Säuberung der Westbank angeht [xv], oder das Verbot der Familienzusammenführung [xvi], das Gesetz gegen die Rückkehr von Flüchtlingen oder die Tatsache, dass seit der Gründung Israels keine einzige arabische Stadt gegründet wurde, abgesehen von einigen Beduinen-Townships im Süden, die gebaut wurden, um die Beduinen-Population davon abzuhalten, sich zu vergrößern.« [xvii]
Auch der Redner der FDP versuchte einen Bezug zwischen der BDS-Kampagne und Nazi-Propaganda herzustellen. Dass es bei der BDS-Kampagne um die Durchsetzung von Menschenrechten und Völkerrecht geht, während die Nazi-Propaganda genau das Gegenteil beabsichtigte, wurde wohl »übersehen«. Der Unterschied könnte nicht größer sein. Vielleicht hilft ein Vergleich:
Nazis steigerten Unterdrückung und Verfolgung durch den Boykott, damals insbesondere von Juden. BDS will erreichen, dass die Unterdrückung und Vertreibung, diesmal insbesondere von Palästinensern, beendet wird.
Heike Hänsel, Die Linke
Hänsel erklärte, dass auch die Linke BDS ablehnen würde. Insbesondere den Boykott von Waren aus Israel. Leider fehlte auch von ihr der Hinweis auf die Illegalität nach Völkerrecht, wenn diese Waren in den besetzten Gebieten hergestellt wurden.
Diese Illegalität hat in Irland dazu geführt, dass Waren, die in diesen Gebieten produziert wurden, in einem Gesetzentwurf, dass von der ersten Kammer verabschiedet wurde, von der Einfuhr ausgeschlossen wurden [xviii]. Diese Unterscheidung machte keiner der Redner.
Immerhin wies sie darauf hin, dass die Presse- und Meinungsfreiheit unter Druck geraten könnte. Und sie bedauerte, dass ein Hinweis auf die Legalität von Kritik an der Regierung Israels in dem Entwurf, der zur Abstimmung vorlag, gestrichen worden war. Was die schlimmsten Befürchtungen bestätigt, die in diesem Buch dargestellt werden.
Noch einmal zum Deutlichmachen: Wenn ein Satz, der die Legalität von Kritik an Israels Regierung bestätigt, ausdrücklich gestrichen wurde, ist dies der Beweis, dass genau die Unterdrückung jedweder Kritik an der Politik Israels das Ziel dieser Resolution war.
Heike Hänsel erklärte auch: »Die Fraktion Die Linke lehnt BDS ab. Den Boykott israelischer Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, Künstlerinnen und Künstler im Rahmen von BDS weisen wir als inakzeptable Praxis zurück.« [xix] Dabei war nur schade, dass sie nicht auf die systematische Behinderung und Zerstörung akademischer Organisationen Palästinas durch Israel eingegangen wurde. Wie zum Beispiel ein Artikel vom 12. Juli 2019 dokumentiert, der beschreibt, wie Israel versucht, internationale Akademiker von Lehrtätigkeit an palästinensischen Hochschulen abzuhalten.
»Es sind jetzt zwei Jahre vergangen, seit Haneen Adi, eine Hochschullehrerin für englische Literatur an der Birzeit University von Ramallah die besetzte Westbank verlassen hat. Während dieser zwei Jahre verpasste sie die Hochzeit ihrer Schwestern, den Hochschulabschluss einer anderen Schwester, und das Begräbnis eines Angehörigen. (…) Die israelischen Behörden weigern sich seit 2017, das Visum für die Westbank als Hochschullehrer zu verlängern. Es endete in der Mitte ihres ersten Semesters an der Birzeit Universität. (…) Adi ist nicht die Einzige[xx]. Sie ist eine von dutzenden internationalen Akademikern an der Birzeit oder anderen palästinensischen Universitäten in den besetzten Gebieten, denen in den vergangenen Jahren ein Visum durch die israelischen Behörden verweigert wurde.« [xxi]
So sieht die Fraktion der Linkspartei also den Boykott israelischer Akademiker als »Antisemitismus«, während der Boykott von Akademikern für palästinensische Universitäten anscheinend normales Verhalten ist? Oder wie soll man sonst nennen, was ein Artikel wie folgt beschreibt:
»Israel isoliert palästinensische Universitäten indem sie internationale Hochschullehrer zwingt, ihre akademischen Stellungen in der besetzten Westbank aufzugeben.« [xxii]
Omid Nouripour, Bündnis90/Die Grünen
Der Redner verurteilte den Boykott-Aufruf der BDS Kampagne gegen die Eurovision-Veranstaltung in Israel, weil dies eine Veranstaltung zur Völkerverständigung sei. Er identifiziert ein zerbrochenes Herz in der Werbung gegen Eurovision als Hinweis auf SS-Zeichen. Ich hatte dieses Zeichen nur als gebrochenes Herz angesehen. Aber man muss wohl eine bestimmte Sicht auf die Geschichte und die Akteure haben, um das Zeichen als Hinweis auf Nazi-Deutschlands Holocaust zu verstehen. Auf Nachfrage erklärten BDS-Aktivisten, dass es sich um eine Variante der Emoji »zerbrochenes Herz« handelte,
aber der Vertreter der Grünen erkannte an der folgenden Grafik eine SS-Rune, welche die BDS-Bewegung mit der Ideologie des Nazi-Regimes verbinden würde.
Das Absurdeste war aber die Begründung, warum die Fraktion für den Antrag stimmen würde. Angeblich ginge es darum Meinungsfreiheit zu sichern. Weil BDS die Meinungsfreiheit bekämpfen würde. Dabei geht es bei der Diskriminierung der BDS-Kampagne doch gerade darum, Meinungsfreiheit zu unterdrücken. Die Abgeordneten können, so oft sie wollen, das Gegenteil behaupten. Dass es um eine Einschränkung der Meinungsfreiheit in Deutschland geht, wird durch die Fakten, die folgten ganz deutlich gemacht. Denn wer Antisemit ist, der darf natürlich seine Meinung nicht mehr sagen und mit dem muss man gar nicht mehr diskutieren. In anderen Kapiteln des Buches werden Beispiele für diese Unterdrückung der Meinung noch besprochen werden.
Und werden die Grünen nun zum Beispiel die schottische grüne Schwesterpartei, eine der am schnellsten wachsenden Parteien in Schottland, zukünftig meiden, weil diese Antisemiten sind? Wie erklärt noch die »Scottish Green Party« den Zionismus?
»Wir verurteilen Zionismus als eine rassistische Ideologie, die auf dem Anspruch jüdischer Überlegenheit basiert. Die schottische Grüne Partei wird den Aufruf der Palästinenser nach Boykott, Desinvestition und Sanktionen gegen Israel unterstützen, darunter den Boykott von israelischen Gütern und Dienstleistungen sowie einen akademischen und kulturellen Boykott bis Israel seine Verpflichtungen unter internationalem Recht erfüllt.« [xxiii]
Oder schauen wir uns die Grünen in den USA an, über die das Jerusalem Center for Public Affairs empört verkündet:
»Es ist umso seltsamer, dass die Grüne Partei der USA, sich als Politikgrundsatz ausreichend glaubwürdig und mit Autorität ausgestattet hält, sich für eine Demontage des Staates Israel einzusetzen und diesen zu ersetzen durch die 'Schaffung eines säkularen, demokratischen Staates für Palästinenser und Israelis auf dem Gebiet zwischen dem Mittelmeer und dem Fluss Jordan'. (…) Am 12. September 2018 schrieb die Grüne Partei der USA einen Brief an den Generalanwalt des Internationalen Strafgerichtshofes namens des 'unterdrückten und belagerten Volkes der Palästinenser, das wöchentlich gewaltlos für sein Recht auf Rückkehr demonstriert', indem Israel beschuldigt wird, Verbrechen gegen die Menschlichkeit, darunter auch die Durchführung eines Genozides, zu begehen.« [xxiv]
Noch deutlicher wird die deutsche Sonderhaltung der Internationale der Grünen in einem offenen Brief der Grünen Hollands. Darin wird die Aussage eines grünen Politikers, der die BDS-Bewegung ablehnt und als antisemitisch diskreditiert, zitiert und dann gefragt:
»Der Grund für die Frage ist die Tatsache, dass das Gutheißen der aktiven Unterstützung der BDS-Bewegung untrennbarer Teil der grünen DNA ist. Es ist schwer zu verstehen, warum die Grünen Deutschlands genau das Gegenteil tun, und darüber hinaus, warum sie ihre Schwesterparteien und Wähler mit diesen absurden Beschuldigungen angreifen.« [xxv]
Helge Lindh, SPD
Lindh behauptet das Gleiche. Er sagt »Dialog schlägt Boykott«. Er verheimlicht, dass seit 1967 Dialog keine Wirkung zeigte, im Gegenteil, dass die Politik der Regierungen Israels immer klarer hervortritt, eben KEINEN Dialog führen zu wollen, sondern Palästina zu annektieren. Und dass die Verleumdung einer Bewegung als antisemitisch das Gegenteil von Dialog ist, sollte auch jedem klar sein.
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Der Deutsche Bundestag hat sich entschlossen, eine rechtsextreme Politik in Israel zu unterstützen, die auf eine Diskriminierung arabischer Bevölkerungsteile und weitere Unterdrückung, Vertreibung, ethnischen Säuberungen und Annexion von Palästina hinausläuft. Das Streichen der Bemerkung in der Resolution, dass eine Kritik an der der Politik Israels sehr wohl kein Antisemitismus ist, erscheint verräterisch. Statt sich für ein demokratisches Israel unter Einschluss Palästinas einzubringen, statt sich für einen demokratischen Staat, in dem alle Bürger gleiche Rechte haben, einzusetzen, setzt sich diese Resolution für die Fortsetzung der Apartheidpolitik ein. Und es gibt nur wenige Dissidenten im Bundestag, in der Linkspartei noch die meisten.
Ich möchte sagen: Nichts gelernt aus dem Holocaust. Bedingungslose Loyalität zur Staatsräson ist wieder einmal wichtiger, als Gerechtigkeit, Leid und Not. Da schaut man lieber weg von den Tatsachen, die nicht in das Weltbild passen. Es scheint ein spezifisch deutsches Problem zu sein.
[1] Web Exclusive: » Ex-U.N. Official John Dugard: Israel’s Crimes are “Infinitely Worse” Than in Apartheid South Africa«, Democracy Now, 6. Mai 2015, https://www.democracynow.org/2015/5/6/ex_un_official_john_dugard_israel
[2] Jochen Mitschka: »Schattenkriege des Imperiums - Die Zukunft Palästinas - Jochen Mitschka, Tim Anderson«, NIBE, 31. Oktober 2018, https://www.nibe-versand.de/Politik/Schattenkriege-des-Imperiums-Die-Zukunft-Palaestinas-Jochen-Mitschka-Tim-Anderson::71.html
[3] Gideon Levy: »Opinion Let's Admit It, the Settlers Have Won and We've Lost«, Haaretz, 19. August 2018, https://www.haaretz.com/opinion/.premium-illusions-on-the-way-to-an-apartheid-state-1.6388379
[4] Eric Zuesse: »Trump zu Netanyahu: Palästinenser müssen vollständig besiegt werden«, Linkezeitung, 20. August 2018, https://linkezeitung.de/2018/08/20/trump-zu-netanyahu-palaestinenser-muessen-vollstaendig-besiegt-werden/
[v] Nathan Thrall: »Boykott gegen Israel«, Le Monde diplomatique, 13. Dezember 2018, https://monde-diplomatique.de/artikel/!5554925
[vi] Norman G. Finkelstein: »Die Holocaust-Industrie«, Piper, 9. auflage Juni 2011, https://www.amazon.de/Die-Holocaust-Industrie-Leid-Juden-ausgebeutet/dp/349204316X#reader_349204316X
[vii] Der
Aufruf »Kauft nicht beim Juden!« war eine Reaktion auf den globalen Boykott
deutscher Waren durch jüdische Organisationen aus dem Jahr 1933. Dieser Boykott
war vom jüdischen Rat in Amsterdam beschlossen worden, und genauso legitim wie
heute der BDS-Boykott-Aufruf. Wer den BDS-Aufruf für illegitim hält, der muss
auch diesen Boykott deutscher Waren durch die jüdische Gemeinschaft als solches
ansehen, was absurd ist. Nur Rechtsextreme Relativierer deutscher Verbrechen
bezeichnen den jüdischen Boykott als »Verbrechen«, oder als Entschuldigung für
die Nazi-Pogrome. Wer das behauptet, verwirklicht das gleiche, was die
israelische Regierung mit der BDS-Bewegung versucht. Die Ähnlichkeiten sind
frappierend.
Der Aufruf der Nazis »Kauft nicht beim Juden!« war zwar zeitlich die Reaktion
auf diesen Boykott der jüdischen Gemeinschaft. Das ändert nichts daran, dass er
zur Vorbereitung der weiteren Diskriminierung, Entrechtung, Enteignung und
schließlich massenhafter Ermordung von jüdischen Menschen gedient hatte. So wie
heute die Diskriminierung von angeblichen Antisemiten, welche die Besatzung
Palästinas bekämpfen, der Vorlauf zur Annexion und ethnischen Säuberung
Palästinas ist.
Die Verbrechen des Holocaust dürfen auf keinen Fall durch »Ursachen«
relativiert werden. Aber ebenso wenig dürfen die Verbrechen der Regierungen
Israels durch den Holocaust bzw. »Antisemitismus« relativiert werden.
Wer nun behauptet, dass der Vergleich der Verbrechen Israels und der
Hitler-Deutschlands schon der Ausdruck von Antisemitismus wäre, weil der Holocaust
an Juden in Deutschland einmalig in seiner quasi industriellen Art und Größe
war, ist dies zurück zu weisen. Denn es geht nicht um die Größe und
Einzigartigkeit, sondern um die Verbrechen an der Menschlichkeit als Art.
Ein zum Christentum konvertierter Jude beschreibt die Geschichte des Boykotts
in einer Rede von 1961: https://youtu.be/PqkJr8mlq74?t=1445 Der Anfang der Rede relativiert die
Nazi-Verbrechen, weil er die Schachzüge der Zionisten zur Übertragung
Palästinas und ihre Rolle im 1. Weltkrieg als Gründe anführte, die zu Hass und
Verfolgung in Deutschland geführt hatten. Wie bei vielen Konvertiten hat
Benjamin Friedman eine starke Aversion gegen seine frühere
Religion entwickelt. Das schmälert nicht die Fakten, aber beeinflusst natürlich
seine Interpretation derselben.
[viii] Mehdi Hasan: »"The Truth about Israel, Boycotts and BDS" - my latest video essay for @theintercept features some myth-busting of pro-Israeli, anti-BDS talking points, especially in the wake of @IlhanMN & @RashidaTlaib's recent & controversial support for BDS:«, Twitter, 14. Dzemember 2018, https://twitter.com/mehdirhasan/status/1073615628987232257 bei 7:28 darin wird verlinkt auf »The Intercept«, »The Truth About Israel, Boycotts, and BDS«, https://theintercept.com/2018/12/14/bds-israel-boycott-ilhan-omar-rashida-tlaib/
[ix] Daniel Blatman: »It isn't antisemitism, but hysteria«, Medium, 2. Juli 2015, https://medium.com/@thepalestineproject/it-isn-t-antisemitism-but-hysteria-4a0e35545599
[x] Avraham Burg und Dani Karavan: »Deutschland düpiert den Kampf gegen den Antisemitismus«, Reiner & Judith Bernstein, 17. Juni 2019, https://www.jrbernstein.de/blog-1/2019/6/17/deutschland-dpiert-den-kampf-gegen-den-antisemitismus
[xi] Palestine Chronicle: »German Music Festival Censors Composer for Israel Criticism«, Palestine Chronicle, 19. August 2018, http://www.palestinechronicle.com/german-music-festival-censors-composer-for-israel-criticism/
[xii] Whitney Webb: »Haaretz Reports Israel Targeting Civilians in Gaza as “Collective Punishment”«, MPN News, 10. August 2018, https://www.mintpressnews.com/haaretz-reports-israels-idf-targeting-civilians-in-gaza-as-collective-punishment/247499/#.W3rHk5ykL75.twitter
[xiii] Ruth Gavison: »Jewish and Democratic? A Rejoinder to the "Ethnic Democracy" Debate«, , Israel Studies, Vol. 4, No. 1 (Spring, 1999), pp. 44-72 (29 Seiten)
[xiv] Ruth Gavison: »Jewish and Democratic? A Rejoinder to the "Ethnic Democracy" Debate«, Jstor, 1999, https://www.jstor.org/stable/30245727?read-now=1&seq=5#page_scan_tab_contents
[xv] Amjad Iraqi: »Palestinians are the majority. Is it apartheid yet?«, 972mag, 28. März 2018, https://972mag.com/palestinians-are-the-majority-is-it-apartheid-yet/134125/
[xvi] Edo Konrad: »The demolition of Khan al-Ahmar is more than just a war crime«, 972mag, 9. Juli 2018, https://972mag.com/the-demolition-of-khan-al-ahmar-is-more-than-just-a-war-crime/136648/
[xvii] SocialTV: »WATCH: Israeli ban on family reunification, a 'temporary measure?'«, 972mag, 6. Juni 2013, https://972mag.com/watch-israeli-ban-on-family-reunification-a-temporary-measure/73180/
[xviii] Orly Noy: »How one law exposes what Israel has always tried to hide«, 972mag, 12. Juli 2018, https://972mag.com/how-one-law-exposes-what-israel-has-always-tried-to-hide/136701/
[xix] Deutscher Bundestag – 19 . Wahlperiode – 102 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 17 . Mai 2019, http://dipbt.bundestag.de/dip21/btp/19/19102.pdf#P.12504
[xx] Adalah: » Birzeit University faculty members available for media interviews«, Adalah, 7. Juli 2019, https://www.adalah.org/en/content/view/9765
[xxi] Yumna Patel: » Palestinian universities fight back against Israel forcing international academics out of the country«, Mondoweiss, 12. Juli 2019, https://mondoweiss.net/2019/07/palestinian-universities-international/amp/
[xxii] Maureen Clare Murphy: »Israel isolates Palestinian universities«, Electronic Intifada, 11. Juli 2019, https://electronicintifada.net/blogs/maureen-clare-murphy/israel-isolates-palestinian-universities
[xxiii] Record Reporter: » Scottish Green Party calls for economic boycott of 'racist apartheid' state of Israel«, Daily Record, 10. Oktober 2015, https://www.dailyrecord.co.uk/news/scottish-news/scottish-green-party-calls-economic-6611415
[xxiv] Alan Baker: »The U.S. Green Party’s Crusade against Israel«, JCPA, 25. Februar 2019, http://jcpa.org/article/the-u-s-green-partys-crusade-against-israel/
[xxv] Allard de Rooi: »Open letter from the Netherlands to BÜNDNIS 90 / DIE GRÜNEN«, BDS-Kampagne, 4. Juli 2016, http://bds-kampagne.de/2016/07/04/offener-brief-aus-den-niederlanden-an-buendnis-90-die-gruenen/