Die Reaktionen
Die Unterwürfigkeit von Bundestag und Bundesregierung unter eine rechtsextreme israelische Regierung führte zu zahlreichen internationalen Reaktionen. Das Befolgen einer deutschen Staatsräson und Mitläufertum der Abgeordneten bis ins Extreme wurde dabei von vielen jüdischen Menschen und Organisationen kritisiert. Aber besonders leiden die Palästinenser unter diesem Beschluss. Sie werden bestraft wegen der Sünden Deutschlands während des Holocaust. Und die Abgeordneten des Deutschen Bundestages tun nichts, um das zu verhindern. Bestätigt durch die Resolution ging in Israel die Unterdrückung, ethnische Säuberung und Ermordung von Palästinensern weiter.
Hier einige Meldungen in unmittelbarer Folge des Beschlusses des Deutschen Bundestages.
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Am 21. Mai berichtet Philip Giraldi darüber, dass die israelischen Besatzer Palästinas ganz offen erklären, dass die Erschießung von unbewaffneten palästinischen Demonstranten zum »Schutz israelischer Werte« notwendig sei.
»Interessanterweise ist kürzlich wieder ein Dokument aufgetaucht, das in haarsträubender Weise die Sichtweise der israelischen Armee wiedergibt, warum sie auf protestierende Araber schießt [i]. Vor einem Jahr hatte der ehemalige britische Diplomat Craig Murray in seinem Blog einen Beitrag mit dem Titel 'Verurteilt durch ihre eigenen Worte' [ii] (Condemned By Their Own Words) veröffentlicht. Darin stellte er das Transkript der englischen Übersetzung einer israelischen Radiosendung in Hebräisch zur Verfügung, die am 21. April ausgestrahlt worden war. Ein israelischer Brigadegeneral, Zvika Fogel, antwortete auf Berichte über die Tötung eines unbewaffneten vierzehn Jahre alten Jungen. Er erklärte, dass seine Soldaten absolut das richtige tun würden, Palästinenser zu erschießen, die sich dem Sperrzaun nähern, welcher Gaza von Israel trennt. (…) Die Kommentare von General Fogel spiegeln die Sicht der israelischen Regierung wider, wie das »palästinensische Problem« zu kontrollieren sei. Nur die Menschenrechte, darunter auch das auf Leben, von israelischen Juden ist legitim, und Araber sollten dankbar sein dafür, was ihnen der jüdische Staat erlaubt.« [iii]
Im Prinzip ist also die Strafe für die Annäherung an den Grenzzaun die Todesstrafe, bekennt der General in dem Interview. Erstaunlich, dass diese tatsächlich stattfindenden offensichtlichen »ungesetzlichen« Tötungen (um es vorsichtig auszudrücken) gegen Menschen, welche für ihr durch UNO-Resolution legitimiertes Rückkehrrecht demonstrieren, kaum durch jene Politiker thematisiert und kritisiert werden, welche sich gegen den theoretischen(!) Waffeneinsatz gegen gewaltsam die EU-Grenze überwindenden Migranten in allerhöchster Form empört hatten.
Der Artikel beschreibt weiter, dass bis zum Mai 2019 bei den Demonstrationen am Grenzzaun 293 Palästinenser erschossen, und siebentausend verletzt worden waren. Über zwanzigtausend Einwohner Gazas wurden durch Waffen der Israels geschädigt, zum Beispiel durch Tränengas-Kanister und Gummigeschosse. Unter den Verletzten waren hunderte Kinder und Sanitäter, wobei letztere den Berichten zufolge besonders und absichtlich aufs Korn genommen worden waren.
Man beachte auch die Berichte über verheerende Verwundungen durch Spezialmunition an anderer Stelle im Buch, die zu zahlreichen Amputationen führten.
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Wenige Tage nach der Resolution des Bundestages berichtet die Times of Israel, dass Israel im Verlaufe der völkerrechtswidrigen Blockade des Gaza-Streifens, als Kollektivstrafe gegen die dort lebenden Palästinenser, den für Fischer genehmigten Bereich von 15 auf 10 nautische Meilen verkleinert hatte [iv].
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Die Times of Gaza meldet Siedlerangriffe gegen den älteren Palästinenser Mufeed Alshurbati in Hebron, aber verhaftet wurden nicht die angreifenden Siedler, sondern die beiden Söhne des Angegriffenen [v].
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Am 25. Mai erschien ein Artikel über LeaTsemel in der Zeitschrift Haaretz. Als jüdische Anwältin verteidigt sie Palästinenser, die gegen die Besatzung kämpfen, auch jene, die dabei Gewalt anwenden. Eine konsequente Vertretung des Rechtes der Palästinenser, das von der UNO ausdrücklich bestätigt worden war, nämlich einen Befreiungskampf gegen die Besatzung auch mit Gewalt zu führen [vi]. Womit sie eine der Personen ist, welche nach der Definition der Resolution des Deutschen Bundestages als »antisemitisch« bezeichnet wird.
Und am 26. Mai konnte man in Haaretz lesen, dass ein Video beweist, dass nicht Palästinenser einen Brand gelegt hatten, wie von den israelischen Behörden zuerst behauptet, sondern jüdische Siedler.
»Die israelische Armee gab am Donnerstag zu, dass jüdische Siedler die Felder auf der Westbank am letzten Freitag angezündet hatten, und änderte damit eine frühere Version, in der Palästinenser verantwortlich gemacht worden waren.« [vii]
Diese Brände, Rodungen von alten Olivenbäumen oder Vergiftung von landwirtschaftlicher Fläche, welche seit Jahrzehnten stattfinden, sind ein Teil der Politik, mit der palästinensische Familien vertrieben werden sollen, indem ihnen die Lebensgrundlage zerstört wird.
Erst am 23. Mai hatten jüdische Siedler wieder einmal hunderte von teilweise mehrere hundert Jahre alte Olivenbäume in Bil'in, in der Nähe von Ramallah in Brand gesetzt [viii].
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Am gleichen Tag wurde bekannt, dass die israelische Regierung massive Anstrengung unternahm, um die Online-Propaganda zugunsten Israels massiv zu erweitern. Dies war die Reaktion auf die Aufdeckung der Verbreitung von Desinformation und Einmischung in die Wahlen in verschiedenen afrikanischen, asiatischen und lateinamerikanischen Ländern.
»Der Plan ist 'Graswurzel-Veranstaltungen und Online-Initiativen gegen die BDS-Bewegung und zur Unterstützung von Israel zu fördern. Ich bin sicher, dass das Programm alle unsere Unterstützer in der ganzen Welt, die Antisemitismus und Boykott-Aktivisten bekämpfen, entscheidend stärken wird', fügte Erdan hinzu.« [ix]
Tatsache ist, dass es schon jede Menge Programme und Initiativen gibt, welche Lobbyarbeit mit viel Geld und Informationen unterstützen. Dabei wird mit »allen« Mitteln gearbeitet, wie eine Dokumentation von Al-Jazeera enthüllt hatte [x].
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Am 26. Mai verbreitete Sarah Wilkinson die Nachricht [xi], dass Israel seit dem Jahr 2000, genauer gesagt seit dem Ausbruch der zweiten Intifada am 28. September 2000, 16500 palästinensische Kinder inhaftiert hatte. Und der Untersuchung zufolge stieg die Zahl der verhafteten, eingeschüchterten und inhaftierten Kinder immer weiter an [xii]. Und natürlich wird der Beschluss des Deutschen Bundestages seinen Beitrag dazu leisten, dass dieser Trend anhalten wird.
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Am 27. Mai erklärte die Zeitschrift Haaretz seinen Lesern, dass die Kontrollstellen Israels zu und in den besetzten Gebieten der physische Ausdruck eines Regimes von geo-ethnischer Segregation sei, welche Israel auf beiden Seiten der »Green Line« einsetze [xiii]. Ein anderer Artikel beschrieb, wie versucht wird, durch Umgestaltung von Checkpoints den Menschen das Gefühl zu nehmen, sie seien Vieh, das zur Schlachtung geführt wird.
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Am 27. Mai, also zehn Tage nach dem Beschluss des deutschen Bundestages, berichtete der Middleeast Monitor davon, wie bewaffnete Israeli mit Steinen und Messern Polizisten angriffen, ohne dass einer von ihnen verhaftet worden sei. Rechtsextreme jüdische Siedler hatten Palästinenser angegriffen, die in diesem Fall durch die Polizei geschützt worden waren. Daraufhin hatten die Siedler die Polizisten angegriffen, zwei Autos die Reifen zerstochen, und reichlich Schaden angerichtet, bevor sie flohen [xiv].
Ähnliche Meldungen kann man wöchentlich finden. Meist werden jedoch anschließend Palästinenser verhaftet.
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Am 25. Mai wurde bekannt, dass einem kanadischen Arzt, der bei verletzten Demonstranten in Gaza Erste Hilfe geleistet hatte, durch israelische Scharfschützen in beide Beine geschossen worden war.
»Dr. Loubani, ein kanadischer Arzt, befand sich in Gaza, um die Verwundeten beim Großen Marsch der Rückkehr (Great March of Return) zu behandeln – und um eine neuartige, mit 3D-Drucker hergestellte, Aderpresse zu testen – als er anscheinend zum Ziel wurde und man ihm in beide Beine schoss. Er ist einer von 17 Ärzten und Ersthelfern, die verletzt wurden, einer verstarb.« [xv]
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Israel, und indirekt auch der deutsche Außenminister Maas erklären, dass die UNO »antisemitisch« sei. Tatsache ist, dass kein anderer Staat so viele UNO-Resolutionen ignoriert und so immun ist gegen Sanktionen wie Israel. Am 30. Mai erklärt ein BDS-Aktivist in Großbritannien:
»Israel ist ein außergewöhnliches Land, und was meine ich damit? Es ist nicht außergewöhnlich, weil wir uns darauf konzentrieren und es im Fokus der BDS-Bewegung steht. Es ist außergewöhnlich, weil kein anderer Staat so viele UNO-Resolutionen verletzt, ohne von Sanktionen betroffen zu werden. Wie ist es möglich, dass ein Staat kontinuierlich Zivilisten unter Verletzung des 1. Protokolls der Genfer Konvention, also dem Anhang zur Genfer Konvention, zum Ziel nehmen kann? Wie ist es möglich, dass er den Palästinensern das Recht nach Artikel 11 der UNO-Resolution 194, in ihre Heimat zurück zu kehren, verweigern kann? Wie ist es möglich, dass dieser Staat die illegale Belagerung von Gaza durchführen kann, mit der zwei Millionen Menschen in Gefangenschaft gehalten werden, also vom guten Willen der israelischen Regierung abhängig sind, von medizinischer Versorgung abgeschnitten werden, oder von Nahrungsmittel, und von anderen Dingen, wenn die israelische Regierung es in einer reibungslosen Besatzungspolitik möchte? Wie ist es möglich, dass man eine solche Menge von Verletzungen internationalen Rechtes begehen kann, die offensichtlich sind, und durch Human Rights Watch und Amnesty International dokumentiert wurden? Ich rede nicht von den radikalen Stimmen. Irgendwie ist Israel immun gegen Sanktionen, und aus diesem Grund engagieren wir uns in der BDS-Bewegung.« [xvi]
Ganz offensichtlich sind die Abgeordneten des Deutschen Bundestages Teil dieser Immunisierung Israels gegen Sanktionen zur Durchsetzung von Menschen- und Völkerrecht. Und durch die Brandmarkung der BDS-Bewegung als »antisemitisch« werden die Abgeordneten des Deutschen Bundestages zu Immunisierern von Gewalt gegen gewaltlose Sanktionen durch Graswurzelbewegungen und dadurch auch zu aktiven Helfern bei den laufenden Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Denn sie be- und verhindern nun nicht nur den bewaffneten, sondern auch den gewaltfreien Widerstand dagegen.
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Auch am 30. Mai veröffentlichte die Menschenrechtsorganisation B'Tselem ein Video, das die Zerstörung von palästinensischen Häusern zeigt. diese Zerstörung ist eine seit Jahren unternommene Kampagne im Rahmen der ethnischen Säuberung.
»Die Technik, eine jüdische Mehrheit zu erzeugen, durch Vertreibung von Palästinensern. Dies ist die Politik Israels seit Beginn der Besatzung und seit der Annexion von Ost-Jerusalem. Israel hat dafür juristische Gründe erfunden, um nach und nach Ost-Jerusalem von Palästinensern zu säubern. Israel weigert sich, Zonen auszuweisen, in denen gebaut werden kann. Deshalb sind Palästinenser gezwungen, um ein Dach über dem Kopf zu haben, ohne Baugenehmigung zu bauen. Dann zerstören die Behörden diese Häuser als 'ungesetzlich gebaut'. Seit 2004 hat Israel mindestens 848 Häuser in Ost-Jerusalem zerstört. Mindestens 2960 Menschen, darunter 1596 Kinder, verloren ihre Wohnung. Die Bedrohung der Zerstörung lastet über zehntausenden von Häusern. Demografische Mehrheit für Juden, Zerstörung für Palästinenser.« [xvii]
Ende Mai, Anfang Juni wurde bekannt, dass Israels Besatzungskräfte in dem Monat, in dem die Abgeordneten des Deutschen Bundestages ihre bedingungslose Loyalität zur Regierung Israels erklärt hatten, indem sie die BDS-Bewegung als antisemitisch brandmarkten, 36 Palästinenser im Gaza-Streifen und auf der Westbank getötet hatten. 34 Palästinenser wurden der Meldung zufolge im Gaza-Streifen getötet, davon 6 bei den Demonstrationen am Grenzzaun, 3 davon waren Kinder und 28 verloren ihr Leben bei einem militärischen Angriff Israels auf die Enklave.
Anfang Juni wurden zwei Jugendliche auf der Westbank getötet, Einer war während einer Razzia erschossen worden, während ein anderer auf dem Weg in die al-Aqsa Moschee am letzten Freitag des Ramadans getötet wurde [xviii]. Damit stieg die Zahl der Opfer der Besatzung, seitdem der US-Präsident Trump Jerusalem im Jahr 2017 als Hauptstadt Israels anerkannt hatte, auf 448.
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Gleichzeitig wurde bekannt, dass Miri Regev, die Ministerin für Kultur und Sport, die jüdischen Siedler ermunterte, Provokationen am Tempelberg zu organisieren.
Juden ist erlaubt, die Moschee zu besuchen, aber zu bestimmten Zeiten, und nicht zum Beten, um keine Spannungen zu erzeugen. Die israelischen Siedler jedoch brechen regelmäßig zu nicht geregelten Zeiten in die Anlage ein und veranstalten jüdische religiöse Riten. Einige rechtsextreme Siedler kämpfen außerdem dafür, dass die Moschee zerstört wird, und an ihrer Stelle ein jüdischer Tempel errichtet wird.
»Ein Minister Israels hat die Siedler aufgerufen, weiter in die Al-Aqsa Moschee einzudringen und dankte den Sicherheitskräften, diese Besuche möglich zu machen, nachdem hunderte während des letzten Tages des Ramadans in die Moschee eingebrochen waren.«[xix]
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Einen Tag später wird der Aufruf eines extremistischen Rabbis bekannt, der erklärte, dass man näher zu Gott käme, wenn man Palästinenser töten würde. Das Mitglied des obersten israelischen Rabbi-Rates hatte erklärt: »Die Palästinenser sind Monster und ihr Töten ist eine religiöse Pflicht.« [xx]
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Am 6. Juni erklärte Yoav Rinan, ein jüdischer Professor an der Hebräischen Universität in Jerusalem in Haaretz, dass weder Israels noch Deutschlands das Abrutschen in Faschismus »versehentlich« geschah. Im Fall Israels erklärt er, dass die Zionisten versucht hätten, eine säkulare nationalistische Bewegung zu erschaffen, die aber auf einer jüdischen Identität basierte, die wiederum religiös geprägt war. Von da aus, so der Autor, war es unvermeidbar, dass das Land in den Faschismus abrutschen musste. Der Autor erklärt, wie Deutschland in den Faschismus geriet, um dann über Israel zu schreiben.
»Die Ähnlichkeiten zwischen den beiden Identitäten, wenn auch zufällig, sind erstaunlich. Aber anders als die deutsche Identität, die stark [alleine] auf die Nation fokussiert war, dreht sich die sich entwickelnde jüdische Identität nicht weniger um die Religion als um die Nation. Und es ist eine Tatsache, dass die beiden Komponenten von Anfang an miteinander verkoppelt waren. Die religiöse Komponente jedoch war seit fast 2000 Jahren der Grundstein der jüdischen Identität, sie war nun problematisch geworden. Und die Suche nach einer Alternative führte zum Nationalismus.« [xxi]
Der Artikel beschreibt dann die verschiedenen Ansätze, Nationalismus und Religion unter einen Hut zu bringen, und welche Probleme dabei entstanden waren. Kommt dann wieder zum Vergleich mit Deutschland:
»Als Ideologie war der Nationalsozialismus ein atheistisches Phänomen, und das nicht ohne Grund. Das religiöse Vakuum, das die Nazis selbst so gewalttätig geschaffen hatten, diente als tabula rasa auf dem sie ihre eigene Version von heidnischen Mythen und ihrer Symbolik aufbauen konnten. Dies eröffnete den Weg zur Verstärkung der Gestaltung einer deutschen Identität auf Basis der Rasse, was im Gegenzug als Legitimation für die Liquidation jedes Menschen außerhalb der Rassendefinition der besonderen Identität diente. Der Fall der jüdisch-israelischen Identität ist natürlich unterschiedlich, was die religiöse Komponente angeht, aber ähnlich in Hinsicht auf die Verbindung, die zwischen Rasse und Rassismus erzeugt wurde. Darüber hinaus ist in diesem Fall die Ähnlichkeit zwischen den beiden Identitäten kein zufälliges Ergebnis, sondern ein transparentes Beispiel für Ursache und Wirkung.« [xxii]
Der Autor beschreibt dann das Abrutschen Israels in immer größere Nähe zu der faschistischen Praxis Nazi-Deutschlands, schließt aber mit einem Hoffnung gebenden Schlusswort:
»Es sei ein Fehler diese Degeneration als notwendig anzusehen, oder als teuflisch, unvermeidbar. Es ist lediglich die Realisierung eines Potentials, wenn auch eines zentralen Potentials, nämlich der Identität im nationalen Kontext. Es ist weder vom Himmel vorgeschrieben, noch ein göttliches Gesetz. Es ist eine Wahl, die man ändern kann.« [xxiii]
Ich habe diesen Artikel als Reaktion auf den Bundestagsbeschluss gegen die BDS-Bewegung vom 17. Mai aufgeführt, weil er zeigt, dass die Abgeordneten des Deutschen Bundestages offensichtlich die Wahl nicht sehen, sondern stur auf einer Staatsräson verharren, die weder realistisch, noch realisierbar, geschweige denn fair und im Einklang mit den Menschenrechten steht.
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Nach der bedingungslosen Unterstützung des israelischen Staates durch die Abgeordneten des Bundestages erklärte am 8. Juni ein US-Botschafter, dass Israel das Recht hätte, Teile der Westbank zu »behalten«, da der Friedensplan von Trump unter Beschuss geriet [xxiv]. Damit wurde der nächste Schritt der Annexion größerer Teile Palästinas eingeleitet. Nach der Annexion von Teilen durch Bau der Mauer, der Siedlungen, Jerusalems (und der Golanhöhen) sollten nun ganz offiziell weitere Teile Palästinas zu Israels Staatsgebiet zugeschlagen werden.
Und es gibt keinen ernsthaften Widerstand der Abgeordneten des Deutschen Bundestages dagegen.
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Gleichzeitig wurden immer mehr Teile des »Friedenplanes« der Trump-Regierung bekannt. Im Wesentlichen sieht dieser, grob gesagt, die Annexion des größten Teils Palästinas durch Israel vor, während ein Teil des Staatsgebietes von Jordanien und/oder Ägyptens diesen Ländern abgekauft bzw. abgepresst werden soll. Und schließlich sieht der Plan vor, dass arabische Staaten in den so künstlich geschaffenen neuen Staat und den Gaza-Streifen massiv investieren, um Arbeitsplätze zu schaffen. Ein Plan, der ausschließlich die Wünsche Israels berücksichtigt. Und daher war es nicht verwunderlich, dass sogar der Außenminister Pompeo nicht daran glaubte, dass dieser Plan realisiert werden könnte [xxv].
Auch hier hörte man von Seiten der Bundesregierung keinerlei wesentlichen Einwände oder Versuche, mäßigend auf die USA einzuwirken. Das gilt ebenso für die begonnene Politik der USA, Palästina durch Druck, Erpressung und Nötigung unter den Plan zu zwingen.
Ebenfalls am 7. Juni traten sechs Kongressmitglieder in Washington zusammen, um einen parteiübergreifenden Gesetzentwurf in beide Kammern der USA einzubringen, um einen 50 Millionen Dollar Fond zu gründen, um den Plan zu fördern [xxvi]. (50 Milliarden Dollar waren als Investitionssumme im Gespräch, die aber durch die arabischen Staaten aufgebracht werden sollten.)
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Am 10. Juni wurde wieder ein Sanitäter in der Nähe des Gaza-Grenzzauns von israelischen Soldaten erschossen [xxvii].
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Das waren Meldungen, die in wenigen Tagen nach dem Bundestagsbeschluss vom 17. Mai die Runde in den sozialen Medien machten, aber kaum in den klassischen Medien erwähnt wurden. Es bleibt festzuhalten, dass solche Meldungen durchaus auch häufiger und in kürzerer Frequenz auftreten, und auch für den Medienkonsumenten noch verstörendere Nachrichten enthalten.
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Am 8. Juli verbreitet die Jerusalem Post die Nachricht, dass ein Mitglied der Knesset zu einem Boykott Israels aufgerufen hat. Das Intro des Artikels zitiert Gideon Levy mit den Worten: »So lange Israel und die Israelis nicht bestraft werden, und nicht für die Besatzung und ihre Verbrechen bezahlen müssen, darf man keine Veränderung erwarten. Sie wird nicht von Israel kommen.« [xxviii]
Der israelische Abgeordnete Yousef Jabareen (Joint List) sprach auf der größten Veranstaltung der Palestine Expo Conference in Europa. Er erklärte, dass die internationale Gemeinschaft alle Werkzeuge hätte, um die Kriegsverbrechen zu beenden, Produkte aus illegalen Siedlungen zu boykottieren, und dort ansässige internationale Unternehmungen.
»[Israel] ist exakt wie die Bantustan Entwicklung Südafrikas. Und es ist eine Kombination aus Apartheid und Besatzung.« [xxix]
Natürlich hatte die israelische Regierung versucht, die Veranstaltung zu verhindern. Was aber in diesem Fall nicht erfolgreich war. Die Tagesordnung der Veranstaltung war gefüllt mit Themen wie BDS, Nationalstaatengesetz (»Apartheid«-Gesetz), und »Israels Apartheid verstehen«. Leider haben unsere Bundestagsabgeordneten offensichtlich noch nichts, außer aus Sicht der rechtsextremen israelischen Regierung, davon gehört.
Ein Enkel von Nelson Mandela trat ebenfalls auf und verurteilte die israelische Apartheid.
»Als Reaktion auf das von Israel verabschiedete Nationalstaatengesetz, welches Israel als Heimat des jüdischen Volkes bezeichnet, sagte Mandela dass dies 'bestätigte, was wir schon lange über den wahren Charakter und die Realität in Israel wussten: Israel ist ein Apartheid-Staat', und dass die Verabschiedung des Gesetzes der Apartheid nun einen 'verfassungsmäßigen Status' gegeben hätte, berichtete Al Jazeera.« [xxx]
Und Gideon Levy erklärte auf der Veranstaltung noch einmal, wie verhindert wird, dass die Wahrheit und Verbrechen der israelischen Regierungen ausgesprochen, geschweige denn verfolgt werden:
»Sie wagen es, Israel zu kritisieren? Sie trauen sich über Gerechtigkeit zu reden? Dann weißt du was du bist: Ein Antisemit. Das lähmt jeden.«[xxxi]
Der Historiker Ilan Pappe kritisierte auf der Veranstaltung die Medien, welche zwar jeden Pups der Labour Party, die angeblich antisemitisch sei, ausführlich zelebrierten, »die aber nichts davon erwähnen, dass gestern 49 junge Palästinenser von israelischen Scharfschützen beschossen wurden. So wenig wie sie über die 52 berichten, auf die in der letzten Woche geschossen wurde [xxxii]«.
Werden die deutschen Abgeordneten nun den gewählten Abgeordneten Israels als Antisemiten und Lügner bezeichnen, weil er ausspricht, was eine Minderheit der israelischen Bürger denkt? Wobei die Religion kaum eine Rolle spielt, denn gemeinsame Demonstrationen haben gezeigt, dass die Religion nicht das Problem ist.
Eine Beobachtung, die man genauso gut im Iran machen kann, wo es die größte jüdische Gemeinde außerhalb Israels in der Region gibt. Sie haben einen eigenen garantierten Abgeordneten im Parlament und volle Freiheit in der Ausübung ihrer Religion. Und Theologen der Schiiten und der Juden behandeln sich freundlich und respektvoll. Nicht die Religion ist das Problem in der Region, sondern die Missachtung von Menschenrechten und des Völkerrechts.
[i] Eric Zuesse: »Top UK Journalist Craig Murray Blocked by Facebook After Criticising Israel«, friends for Syria, 9. Mai 2019, https://friendsforsyria.com/2019/05/09/top-uk-journalist-craig-murray-blocked-by-facebook-after-criticising-israel
[ii] Craig Murray: » Condemned By Their Own Words«, Craig Murray, 23. April 2018, https://www.craigmurray.org.uk/archives/2018/04/condemned-by-their-own-words
[iii] Philip Giraldi: »Israel's War Criminals In Their Own Words - Shooting unarmed Palestinian demonstrators "preserves Israeli values"«, The Unz review, 21. Mai 2019, http://www.unz.com/pgiraldi/israels-war-criminals-in-their-own-words/
[iv] Judah Ari Gross: »Israel shrinks Gaza fishing zone after rash of arson balloons«, Times of Israel, 22. Mai 2019, https://www.timesofisrael.com/israel-shrinks-gaza-fishing-zone-after-rash-of-arson-balloons/
[v] Times of Gaza: »Israeli settlers attack old Palestinian Mufeed Alshurbati. Also two of his sons were arrested by Israeli forces. Hebron / Palestine«, Times of Gaza, 23. Mai 2019, https://twitter.com/Timesofgaza/status/1131590949929271296
[vi] Ravit Hecht: »The Israeli Lawyer Who Defends the Most Violent Fighters Against the Occupation«, Haaretz, 25. Mai 2019, https://www.haaretz.com/israel-news/the-israeli-lawyer-who-defends-the-most-violent-fighters-against-the-occupation-1.7279876
[vii] Yotam Berger: » Israeli Army Blamed Palestinians for Arson by Settlers. Then a Video Emerged - The Israeli military had originally claimed that only Palestinians set fire to West Bank fields, but changed versions after video released by NGO B'Tselem showed otherwise«, Haaretz, 26. Mai 2019, https://www.haaretz.com/israel-news/.premium-israeli-army-blamed-palestinians-for-arson-by-settlers-then-a-video-emerged-1.7278047
[viii] Mohamed Gaza: »Jewish settlers burned hundreds of olive trees in Bil'in, near Ramallah today«, Twitter, 23. Mai 2019, https://twitter.com/mohamedGaza23/status/1131633676540960775
[ix] Middle east Monitor: »Israel Launches Massive Recruitment Drive for Social Media Keyboard Warriors«, The antimedia, 23. Mai 2019, https://theantimedia.com/israel-recruitment-social-media-keyboard-warriors/
[x] Electronic Intifada: »Watch the film the Israel lobby didn’t want you to see«, The Electronic Intifada, 2. November 2018, https://electronicintifada.net/content/watch-film-israel-lobby-didnt-want-you-see/25876
[xi] Sarah Wilkinson: »New 26-page study documents
that the israeli military has arrested approximately 16,500 Palestinian
children since September 2000«, Twitter, 26. Mai 2019, https://twitter.com/swilkinsonbc/status/1132650949208674305 verlinkt auf
Palinfo: »Israel arrested 16.500 Palestinian children since 2000«, The
Palestinian Information Center, 26. Mai 2019, https://english.palinfo.com/news/2019/5/26/israel-arrested-16-500-palestinian-children-since-2000
[xii] Palinfo: »Israel arrested 16.500 Palestinian children since 2000«, The Palestinian Information Center, 26. Mai 2019, https://english.palinfo.com/news/2019/5/26/israel-arrested-16-500-palestinian-children-since-2000
[xiii] Amira Hass: »Opinion Renovated Checkpoints for Palestinians Are Nothing but Crumbs of Mercy«, Haaretz, 26. Mai 2019, https://www.haaretz.com/israel-news/.premium-the-renovated-checkpoints-for-palestinians-are-nothing-but-crumbs-of-mercy-1.7286486
[xiv] memo: »Israel police evacuated after settler attack in West Bank«, Middle East Monitor, 27. Mai 2019, https://www.middleeastmonitor.com/20190527-israeli-police-evacuated-after-settler-attack-in-west-bank/
[xv] Tarek Lubani: »Canadian doctor: Israeli soldiers shot me in both legs as I was treating injured protesters in Gaza«, If americans Knew Blog, 25. Mai 2018, https://israelpalestinenews.org/canadian-doctor-israeli-soldiers-shot-me-in-both-legs-as-i-was-treating-injured-protesters-in-gaza
[xvi] Going Underground: »"Israel is exceptional, no other state violates as many UN Resolutions and is SANCTIONS-PROOF! How is it possible they keep 2 MILLION PEOPLE imprisoned in #Gaza in a frictionless occupation?!"«, Twitter, 30. Mai 2019, https://twitter.com/Underground_RT/status/1134147222579421184
[xvii] BTselem: »Demographic majority for Jews. Demolition for Palestinians«, YouTube, 30. Mai 2019, https://youtu.be/4qdTqvtzLes
[xix] https://www.middleeasteye.net/news/we-will-soon-pray-there-israeli-minister-urges-settlers-enter-al-aqsa
[xx] Die Seite https://shar.es/a0G54c wurde inzwischen gelöscht. Nachvollziehbar ist der Inhalt über https://www.google.com/search?client=firefox-b-d&q=%22The+palesinians+are+monsters+and+killing+them+is%22
[xxi] Yoav Rinon: »Neither Israel's nor Germany's Slide Into Fascism Was Accidental«, Haaretz, 6. Juni 2019, https://buildingthebridge.eu/common-ground/general/neither-israels-nor-germanys-slide-into-fascism-was-accidental/638
[xxii] Ebd.
[xxiii] Ebd.
[xxiv] RT_com: »Israel has right to retain ‘SOME’ of West Bank, US envoy says as Trump’s peace plan takes flak«, Russia Today, 8. Juni 2019, https://www.rt.com/news/461398-friedman-west-bank-comments/
[xxv] RT_com: »Leaked Pompeo tape adds to growing doubts over Trump’s ‘deal of century’ for Middle East«, Russia Today, 3. Juni 2019, https://www.rt.com/usa/460947-pompeo-peace-plan-comments/
[xxvi] Josh Ruebner: »Bipartisan bill complements Kushner’s plan to try to buy off Palestinians«, Mondoweiss, 7. Juni 2019, https://mondoweiss.net/2019/06/bipartisan-complements-palestinians/
[xxvii] Times of Gaza: »Another paramedic to be killed in Gaza! Palestinian paramedic, Mohammed Jadili, has succumbed to wounds sustained by Israeli forces at Gaza fence«, Twitter, 10. Juni 2019, https://twitter.com/Timesofgaza/status/1138093663555325952
[xxviii] David Dimolfetta: »Arab Knesset Member Calls For Israel Boycott At Palestine Expo«, Jerusalem Post, 8. Juli 2019, https://www.jpost.com/Arab-Israeli-Conflict/Mandelas-grandson-Nation-State-Law-confirmed-Israel-is-an-apartheid-state-594943
[xxix] Ebd.
[xxx] Ebd.
[xxxi] Ebd.
[xxxii] Ebd.