Mit dem Untertitel »Die Palästinenser, das widerstandsfähigste Volk der Welt!« erklärt Latuff die Aussage von Mutter Palästina »Der Kampf geht weiter« vor zerbombten Häusern und einer nicht explodierten israelischen Bombe.
Der Angriff Israels auf Palästina lässt sich wie folgt zusammenfassen, wie ich am 22. Mai 2021 auf Facebook kommentierte:
»Nun stehen wir vor der letzten Bastion des westlichen Kolonialismus, Israel. Und wer behauptet, das wäre kein Kolonialismus, widerspricht einem der wichtigsten Väter Israels, Herzl, der genau dies nämlich bei seiner Lobbyarbeit betont hatte. Wer sich heute gegen diesen Kolonialismus wendet, wird als Antisemit verleumdet. Wer sich dagegen auflehnt, obwohl die UNO sogar einen bewaffneten Widerstand ausdrücklich legitimiert hat, der ist ein Terrorist.
Nun wendet die Hamas eine ähnliche Politik an wie Gandhi, aber niemand begreift es, weil niemand versteht, was der ‚gewaltlose‘ Widerstand Gandhis war. Er war nämlich nicht gewaltlos, sondern er war das Provozieren von Gewalt gegen sich selbst, um damit die Welt zu bewegen, ihr Gewissen sprechen zu lassen. Und genau dies tut die Hamas, und Israel spielt mit, glaubt sich auf der sicheren Seite und fordert diese Politik sogar durch Provokationen heraus.
So war der Auslöser für die fast wirkungslosen Raketenangriffe der Hamas der Sturm von israelischen Soldaten auf das drittgrößte Heiligtum des Islam,
mit vorhergehenden Enteignungen und Vertreibungen von Palästinensern in Jerusalem. Die Regierung Netanjahu wollte durch den bewusst provozierten Angriff der Hamas einen Krieg inszenieren, um von den internen politischen Problemen, insbesondere in Hinsicht auf die Korruptionsverfahren gegen Netanjahu (auch demnächst in Verbindung mit der Lieferung atomraketenfähiger deutscher U-Boote, teilweise geschenkt, teilweise durch Steuergelder subventioniert) ... ablenken. Was ja auch gelang.
Zurück zu Gandhi. Es gibt eine Szene, in der eine Mutter ihr Baby britischen Soldaten entgegenhält und ihn auffordert es zu töten. Die Opfer der Menschen sollten dazu führen, dass der Druck auf die militärisch überlegene Macht durch die Weltmeinung diese zwingt nachzugeben. Was ja auch erfolgreich war. Menschenopfer, wenn man so will, mussten gebracht werden.
Die Hamas hatte nach Ablauf ihres Ultimatums, mit dem die Räumung der Moschee und die Aufhebung des Räumungsbefehls gefordert worden war, mit Raketen geschossen, wohl wissend, dass nun die gesehene Bombardierung erfolgen würde. Aber sie konnte nicht anders. Hätte sie nichts unternommen, wäre sie wie die als korrupt und als Marionette Israels angesehene palästinensische Autonomiebehörde in der öffentlichen Meinung untergegangen und radikalere Kräfte hätten ihren Platz eingenommen.
Der Präsident der palästinensischen Autonomiebehörde, Abbas, hat die angesetzten Wahlen auf unbestimmte Zeit verschoben. Offiziell, weil Israel den Palästinensern in Jerusalem nicht erlaubt an den Wahlen teilzunehmen. Tatsächlich aber, weil Umfragen ergaben, dass die überwiegende Mehrheit der Palästinenser, unabhängig von ihrer Religionszugehörigkeit übrigens, die Hamas wählen würde.
Und wie nach jeder Bombardierung Gazas schlagen die Wellen der internationalen Solidarität für Palästina hoch. Gandhis Politik der Erzeugung von Gewalt gegen sich selbst trägt Früchte. Die Frage wird nun sein, ob die Solidarität nach der Bombardierung wieder abflachen wird wie in der Vergangenheit, ob auch deutsche Politiker wieder das Problem aussitzen können, oder ob diesmal eine Rote Linie überschritten wurde, welche das Ende der Apartheid Israels einläutet.
Denn sicher ist eine Zweistaatenlösung schon seit Jahren durch die Siedlungspolitik Israels unrealistisch geworden, egal was unsere Politiker behaupten. Niemand wird 700.000 bewaffnete Siedler dazu bewegen können, freiwillig ihre Häuser zu verlassen. Aber ohne Aufgabe der Siedlungen ist ein Palästina nicht lebensfähig.
Deshalb gibt es nur eine einzige Lösung. Ein Staat mit gleichen Rechten für alle Bürger und Rückkehrrecht und Entschädigung der Vertriebenen, ohne aber dass die Siedler nun zu den neuen Vertriebenen werden.«
Das Bild von Carlos Latuff vom 12. Mai 2021 beschreibt die Situation, dass ein Krankenwagen, gespendet von Schottland, nicht nach Ägypten fahren darf, um einem während der Bombardierung Gazas lebensgefährlich Verwundeten lebensrettende ärztliche Hilfe zukommen zu lassen, die nur in Ägypten möglich ist.
Latuff kommentiert dazu: »Und wie könnte ich mein geliebtes Ägypten vergessen, dessen Diktatur Hosni Mubarak in der Vergangenheit ein guter Verbündeter Israels war und dessen Diktatur el-Sisis jetzt mit der israelischen Apartheid kollaboriert, um die kriminelle Blockade von Gaza aufrechtzuerhalten.«
Am 15. Mai 2021 wurde der internationale Druck auf Ägypten aber so groß, dass die Grenzen doch noch geöffnet wurden. Da der Artikel einer der wenigen in »neutralen« Medien ist, welcher die Vorgänge relativ ausgewogen berichtet, sei er weitgehend unkommentiert zitiert:
»Die ägyptischen Behörden haben am Freitag angekündigt, dass der Grenzübergang Rafah, der einzige Grenzübergang zwischen Ägypten und dem Gazastreifen, geöffnet wird, um die Verletzten der eskalierenden Gewalt zwischen Palästina und Israel, die viele Tote und Hunderte Verletzte gefordert hat, aufzunehmen.
Auch die Krankenhäuser im Nordsinai haben vom ägyptischen Gesundheitsministerium den ausdrücklichen Befehl erhalten, sich auf die Aufnahme von Verwundeten vorzubereiten.
Israel hat am Montag seine Warenund Personenübergänge zum Gazastreifen bis auf weiteres geschlossen. Nach Angaben der UNO wurde auch die Einfuhr von humanitärer Hilfe und Treibstoff in das palästinensische Gebiet verboten.
Die Ankündigung erfolgte inmitten der eskalierenden Gewalt zwischen israelischen Streitkräften und der Hamas, bei der mindestens sieben Israelis und 129 Palästinenser getötet wurden.
Die Spannungen zwischen den beiden Seiten nahmen in Jerusalem während des Ramadan zu, als die Palästinenser, verärgert über die strengen Beschränkungen, die ihnen während des heiligen Monats auferlegt wurden, Proteste abhielten, die von den israelischen Sicherheitskräften mit großer Härte beantwortet wurden.
Videos von Gläubigen, die beim Beten in der Al-Aqsa-Moschee im Haram Al Sharif, einer der heiligsten Stätten für die 1,8 Milliarden Muslime der Welt, angegriffen wurden, erregten die Weltöffentlichkeit, und viele verurteilten die israelische Gewalt.
Gleichzeitig drohten jüdische Siedler den palästinensischen Bewohnern des von Israel besetzten Viertels Sheikh Jarrah in Ostjerusalem mit der Räumung, was die Spannungen noch weiter verschärfte.
Am Montag stellte die Hamas ein Ultimatum an Israel, seine Streitkräfte aus dem Al-Aqsa-Gelände abzuziehen und die Räumungen in Sheikh Jarrah einzustellen. Daraufhin feuerte die Gruppe Raketen aus dem Gazastreifen ab und löste damit israelischen Vergeltungsbeschuss aus.
Die israelische Führung hat die Kritik an ihrem Vorgehen immer wieder zurückgewiesen und vehement behauptet, sie handele nur, um ihr Volk und ihre Gebiete vor der Gewalt der Hamas zu schützen.
Palästinensische Führer argumentieren, dass Israels Anwesenheit in Ostjerusalem gemäß dem Waffenstillstandsabkommen von 1949 einen Verstoß gegen das Völkerrecht darstellt.«106
106 https://www.thenationalnews.com/mena/egypt/
egypt-opens-rafah-border-to-receive-gaza-s-wounded-1.1222945
Die Karikatur von Mitte Mai 2021 zeigt den israelischen Premierminister Netanjahu händeschüttelnd mit dem Kronprinzen von Saudi-Arabien, während der Hintergrund ein zerbombtes Gaza zeigt und von einem darüberfliegenden israelischen Flugzeug dominiert wird.
Latuff schreibt dazu: »Israels Apartheid und ethnische Säuberung in Palästina wäre ohne die Unterstützung (oder sogar das mitschuldige Schweigen) der arabischen Länder und ihrer korrupten Führer nicht möglich.«
Und immer wieder prangert Latuff die Korrumpierbarkeit der arabischen Diktatoren an. Hier stellt er sie Arm in Arm mit Onkel Sam dar, der ihre Augen und den Mund mit Dollarnoten verklebt hat, damit sie nicht den Hintergrund beachten, der aus einem zerbombten Gaza besteht.
Er schreibt dazu: »Jede einzelne Kugel, die von den israelischen Streitkräften auf unbewaffnete palästinensische Demonstranten in Jerusalem abgefeuert wird, jede Bombe, die von der israelischen Luftwaffe über Gaza abgeworfen wird, trägt die Handschrift von korrupten arabischen Ländern wie: VAE, Bahrein, Marokko, Sudan.«
Auch die Waffenindustrie der USA spielten bei der Korrumpierung – pardon Neutralisierung – der arabischen Staaten eine wesentliche Rolle. Zwischen 2016 und 2020 belieferten die USA 96 Staaten mit Waffen. Fast die Hälfte der US-Waffenlieferungen (47 Prozent) ging in den Nahen Osten. Saudi-Arabien allein importierte 24 Prozent der gesamten US-Rüstungsexporte.
Diese Karikatur von 2015 hält Latuff für zeitlos und veröffentlichte sie auch noch einmal im Jahr 2020.
Das Bild zeigt einen jugendlichen Palästinenser, der neben seiner Steinschleuder im Blut liegt, während ein hochgerüsteter israelischer Soldat mit rauchendem Sturmgewehr sagt: »Warum greifen uns diese lästigen Palästinenser an? Nur weil wir ihr Land stehlen und besetzen, Häuser abreißen, Siedlungen, Mauern und Checkpoints bauen, sie verhaften, foltern und töten?«
In dieser Karikatur aus dem August 2020 zeigt Carlos Latuff einen Vertreter der VAE mit Popcorn auf dem Schoss, der Arm in Arm mit einem Vertreter Israels auf einer Bank sitzt und wie einem Film zuschaut, als israelische Flugzeuge Gaza zerbomben. Er nennt es »VAE – Israel Deal in einem Bild«.
Der Hintergrund erscheint aber etwas komplexer. Die Vereinigten Arabischen Emirate unterstützen einerseits Israel durch Diplomatie und andererseits durch Hilfsgelder, welche sie nach Gaza schicken, damit es dort nicht zu einer noch größeren humanitären Katastrophe kommt. So hilft die UAE Israel den Status Quo zu erhalten.
Der Artikel in Al Jazeera beschreibt, wie israelische Flugzeuge nach einem Abkommen und Raketen aus der belagerten Zone bombardieren.
»Das israelische Militär hat am Mittwoch eine Reihe von Luftangriffen auf den belagerten Gazastreifen geflogen, nachdem während einer Zeremonie zur Normalisierung der Beziehungen mit den Vereinigten Arabischen Emiraten und Bahrain in den Vereinigten Staaten Raketen auf Israel abgefeuert worden waren. (...)
Die Raketen [aus Gaza auf Israel] wurden zur gleichen Zeit abgefeuert, als Israel, die Vereinigten Arabischen Emirate und Bahrain im Weißen Haus in Washington Abkommen zur Aufnahme diplomatischer Beziehungen unterzeichneten.
Die Palästinenser, die einen unabhängigen Staat anstreben, der das illegal besetzte Westjordanland und den Gazastreifen umfasst, betrachten die von den USA ausgehandelten Abkommen als Verrat an ihrer Sache.«107
Dann folgt die Erklärung für die Luftangriffe Israels, indem beschrieben wird, dass Raketenbeschuss aus dem Gazastreifen erfolgte, nachdem bewaffnete Gruppen im Gazastreifen einen Monat lang verstärkt Luftballon-Brandbomben nach Israel hatten fliegen lassen, worauf Israel mit nächtlichen Luftangriffen gegen die Hamas reagiert hatte. (...)
Um es noch klarer zu sagen:
1. Israel hält Gaza ständig am Rande des völligen Zusammenbruchs und die UNO hatte bereits längst erklärt, dass das Gebiet eigentlich durch die israelischen Maßnahmen unbewohnbar geworden ist.
2. Palästinenser protestieren dagegen, lassen Luftballons mit Benzinladungen nach Israel fliegen, wodurch kleinere Brände entstehen, welche die Landwirtschaft betreffen.
3. Daraufhin fliegt Israel Luftangriffe gegen Gaza, zerstört Häuser, tötet Menschen.
4. Dann schickt Hamas Raketen in Richtung Israel, die geringen Schaden anrichten, Verletzungen verursachen und später auch ein Todesopfer fordern sollten.
5. Daraufhin startet Israel einen massiven Krieg mit tagelangen Luftangriffen und den bekannten Folgen.
Der Artikel dann weiter:
»Seit 2007 hat Israel eine lähmende Blockade über die zwei Millionen Einwohner des Gazastreifens verhängt. Der Gazastreifen hat zwei Millionen Einwohner, von denen nach Angaben der Weltbank mehr als die Hälfte in Armut lebt.«108