Steuert Deutschland auf Unruhen, eine Farbrevolution oder einen „Umsturz“ zu, wie die Verhaftung der Rollatorgang uns beweisen soll?
Als ich im Jahr 2000 unser kleines kleinen Familien- Beratungsunternehmen in Thailand gründete war ich der Annahme verfallen gewesen, dass die Zeit der Militärputsche und Revolutionen hinter uns liegen würden. Ich hatte mich geirrt. Schon 2006 gab es wieder einen Militärputsch in Thailand und es war nicht der letzte und überall auf der Welt begannen echte oder gefakte Revolutionen die Geschichte zu verändern. In vielen Fällen war viel Gewalt im Spiel. Nun hat Deutschland die „Rollatorgang“ seit über tausend Tagen wegen eines angeblich geplanten Umsturzes wie Terroristen unter Verwahrung, ohne dass ein Urteil gesprochen wurde, und ich überlege, wann ein „Tyrannenmord“ oder eine „Revolution“ denn legitim ist? Genauer gesagt: Wann ist Widerstand gerechtfertigt? Wenn ja, mit welchen Mitteln? Welche Aussichten hat Widerstand gegen die Herrschenden im 21. Jahrhundert?
IST WIDERSTAND GERECHTFERTIGT?
Wenn als neutral anzusehende wissenschaftliche Untersuchungen beweisen, dass eine gewisse Schicht der Gesellschaft, die demokratische Grundordnung beseitigt hat, wie in den USA von zwei Universitäten festgestellt, stellt sich die Frage, die seit der Antike die Menschen beschäftigt. Nämlich ob der Mord eines Tyrannen gerechtfertigt sein kann. Was aber, wenn dieser stille Putsch durch Gruppen, Netzwerke und einem großen Teil der Elite durchgeführt wird? In der Überzeugung, dass die Massen einfach zu dumm sind, um ihnen das Schicksal eines Landes anzuvertrauen? (Was z.B. die offen ausgesprochene Begründung für Putsche in Thailand ist.) Darf man bei einem Putsch verletzten oder töten, wenn ja unter welchen Umständen?
In der französischen Revolution hat man das offensichtlich versucht. Und die Massenmorde von Stalin und Umerziehungslager von Mao waren auch dieser Versuch, die, in den Augen der „Tyrannenmörder“ Schuldigen, entweder zu töten, oder sie, quasi humaner, „umzuerziehen“. Die Protagonisten der Gewalt fühlten sich dabei im Recht. Und die immer noch verbreitete Verehrung, sowohl für die Französische Revolution, als auch für Stalin und Mao zeigen, dass viele Menschen dieser Ansicht zu sein scheinen.
Nun leben wir im 21. Jahrhundert. Und die Guillotinen werden in den Museen Mit WD40 vor dem Verrosten geschützt. Die Massentötungen von Stalin und Mao (beide übrigens maßlos übertrieben) haben bewiesen, dass solche Taten in sich selbst den Widerspruch des Tyrannentums tragen, und zeitgeschichtlich schnell bestritten werden. In Russland hatte sich nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion eine Oligarchie durch offensichtliches und verbrecherisches Bereichern an Allgemeineigentum zu einer neuen Führungselite gemacht. Was aber in Deutschland und bei seinen Verbündeten sogar bewundert wurde. Anders kann man die Verehrung im Westen, für einen verurteilten Verbrecher wie Chordorkowski nicht erklären. Er beging Verbrechen, deren Gerichtsverfahren sogar vom europäischen Gerichtshof für Menschenrechte, als nicht politisch motiviert und ohne repressiven Charakter, bezeichnet wurden.
In China hatte sich eine Parteielite herausgebildet, die quasi-aristokratische Funktionen erfüllt. Nicht allerdings ohne, dass sei hier ausdrücklich gesagt, „den Finger am Puls der Nation“ zu haben, und sehr „populistisch“ auf die geäußerten Wünsche der Mehrheit einzugehen. Mancher westliche Wähler würde sich wünschen, seine Politiker würden sich so nach seinen Wünschen richten. Was in den entsprechend positiv ausgefallenen Unzufriedenheitsumfragen, im Westen als „unglaubwürdig“ abgetan wird.
Aber zurück zu den Guillotinen. Es gibt einen zweiten Grund, warum ein Tyrannenmord ganz einfach praktisch nicht mehr möglich ist. Schon die Monarchie-Theoretiker des ausgehenden Mittelalters hatten begriffen, dass sich die Macht eines Herrschers u.a. auf drei wichtige Säulen verteilte: A) der gefüllte Staatssäckel, mit der B) ein Heer von loyalen Beamten bedient werden kann und C) Die Schwerter der Soldaten bezahlt werden können.
Übersetzen wir das in die Neuzeit, stellen wir fest, dass die Bilder A) die Macht des Geldes und B) die „Nationale Sicherheit“ durch eine loyale Justiz und Waffenträger, und damit verbundene Maßnahmen, dazu geführt haben, dass es zu einer Machtverteilung gekommen ist. Die Macht des Geldes übernimmt die Finanzelite des Landes und die Eigentümer großer Konzerne. B) und C) Die nationale Sicherheit übernimmt die politische Elite.
Beide sind aufeinander angewiesen. So wie es früher auch ein absolutistischer Herrscher war. Der seine Truppen, wie der „erste große Europäer“ Karl der Große, zum Plündern und Raubschatzen legitimierte, nicht nur um sie zufrieden zu stellen, und dafür von diesen beschützt wurde, sondern auch um Kriegsziele zu erreichen. Ähnlichkeiten mit dem Einfrieren und Beschlagnahme von russischem Eigentum ist hier rein zufällig.
Diesmal ist alles viel verflochtener, und, Stichwort militärisch industrieller Komplex, Gold und Schwert haben sich schon bald so selbständig gemacht haben, dass sie den sie legitimierenden Herrscher, den Souverän oder seinen Vertreter, gar nicht mehr benötigen. Es scheint, als ob früher Waffen produziert wurden, um Kriege zu führen, während heute Kriege geführt werden, um Waffen produzieren zu können.
Aber zurück zum Tyrannenmord. Der ist heute praktisch gar nicht mehr möglich, weil die Macht der Schwerter, und die Macht des Goldes, als Synonym für Vermögen, auf globaler Ebene, einfach zu groß geworden ist, und nicht in einzelnen Persönlichkeiten greifbar.
WAS MACHT DEUTSCHLAND?
Nun Deutschland ist meiner Meinung nach eine Polyarchie, die in weiten Bereichen von der jeweiligen Regierung der USA „geleitet“ wird. Warum „Polyarchie“? Nun haben in allen deutschen Regierungen der Nachkriegszeit, die gleichen Einflussgruppen, nur geringfügig unterschiedliche Macht. Und dass der Wähler keinen Wechsel erzwingen kann, wird bei jeder Bundestagswahl deutlich. Egal wer gewählt wird, es ändern sich nur die Rollen, nicht der Script. Diese Erkenntnis veranlasst immer mehr Menschen, gar nicht mehr wählen zu gehen, um dem System die Legitimation durch Wahlen zu entziehen. Was bisher aber wirkungslos ist, das man sogar bei Wahlbeteiligungen an Kommunalwahlen mit unter 20% und den danach jubelnden Gewinnern erkennen kann.
Auf Bundesebene sehen wir eine unbedingte Unterwerfung deutscher Interessen unter den Willen der jeweiligen US-Regierung. Zwar mag es Murren geben, aber keinen wirklichen Widerstand. Die Transatlantiker, also die Befürworter einer bedingungslosen Unterwerfung unter die Interessen der USA, erklären das mit den Worten: „Was gut ist für die USA ist automatisch auch gut für Deutschland“. Sie sorgen sogar dafür, dass Erwartungen übererfüllt werden. Ob es um Sanktionen geht, welche der eigenen Wirtschaft enormen Schaden zufügen, oder sogar die Nichtaufklärung von Terroranschlägen wie die gegen NordStrem. Wenn man das nur oft genug wiederholt, und die Aussagenden entsprechende Podien erhalten und Ämter bekleiden, wird das auch Mehrheitsmeinung.
Insofern kann man Deutschland nicht isoliert betrachten. Was in den USA unmöglich ist, wird auch in Deutschland nicht möglich sein. Und nun sehen wir außerdem, dass in Deutschland seit der Niederlage im 2. Weltkrieg im Jahr 1945 immer noch 37.000 US-Soldaten auf deutschem Boden stationiert sind, und das wichtigste Drehkreuz für die Kriege der USA auf deutschem Boden in Ramstein zu lokalisieren ist. Nach der Änderung des Grundgesetzes, das den Einsatz der Bundeswehr im Inneren ermöglicht, stehen den Mächtigen also auch noch diese US-Soldaten zur Verfügung. Und durch nur eingemottete Standorte, kann das schnell auf das Doppelte, sogar Dreifache aufgestockt werden. Abgesehen davon, dass die USA Rüstungsausgaben in einer Höhe bestreitet, die so groß sind, wie die der in der Rangfolge folgenden nächsten 10 Staaten.
Wer nun glaubt, dass sich etwas durch Wahlen ändern würde, dem sei die Geschichte von Griechenland in Erinnerung gerufen. Zwar hatte die linke Parteiengruppierung Syriza die Wahlen gewonnen, und eine Volksbefragung hatte einen Ausstieg aus dem Euro gefordert, dennoch änderte sich nichts an der Politik, und progressive Politiker wurden schließlich kaltgestellt, und die „Troika“, ungewählt aber brutal, vernichte das Gemeinvermögen des Landes und stürzte die Massen in eine Situation, die man nur mit der in Ländern vergleichen kann, welche unter Sanktionen des Westens leiden. Die Frage ist damit beantwortet, ob das Schwert und das Gold es zulassen werden, dass es zu einer „Revolution“ kommt. Andererseits lernen wir, dass auf dem Maidan in der Ukraine Gold, insbesondere aus dem Ausland, und Schwert, in Form von Neo-Nazigruppen und ihrer Gewalt, einen Umsturz realisieren können, wenn er von „den Mächten“ legitimiert wird. Aber das war ja nicht wirklich ein „Tyrannenmord“, weil es wurde lediglich eine Gruppe von Oligarchen durch eine andere ersetzt, deshalb will ich nicht näher darauf eingehen.
Wenn also der „Tyrannenmord“ ziemlich aussichtslos in der Praxis ist, wie ist es mit der Gewalt allgemein?
IST GEWALT LEGITIMIERT?
Die meisten wagen es nicht, diese Frage zu beantworten. Sie weichen aus, und behalten sich vor, in Syrien Mörder Freiheitskämpfer zu nennen, und in Palästina Mitglieder der Hamas, die gegen die Besetzer ihres Landes kämpfen, Terroristen. Welche Gewalt in Deutschland legitim ist, diese Diskussion wurde in linken Kreisen zur Zeit der RAF geführt, heute in rechten Kreisen im Umfeld der NSU, sowie in scheinlinken, bzw. neurechten Kreisen, die oft zur Antifa2.0 gehören. Und selbst viele biedere Normalbürger biegen sich ihr Weltbild gerade mal wieder so hin, wie es in die augenblickliche Gefühlslage, oder sagen wir besser Medien-Berichts-Lage, passt, in welchen Fällen Gewalt gegen eine Staatsmacht legitimiert ist und wann nicht.
Rückblick auf Thailand: Die einzige demokratische Verfassung Thailands seit der von 1946, die 1947 durch einen von inzwischen 19 Militärcoups beseitigt worden war, galt nur von 1997 bis zum Militärputsch von 2006. Aber diese „Volksverfassung“ verpflichtete jeden Staatsbürger, sie notfalls mit Gewalt zu verteidigen. Also waren die Soldaten, die am 19.09.2006 den Putsch ausführten, Terroristen. Sie hatten das Ziel, die verfassungsmäßige Grundordnung zu zerschlagen. Damals hatte nur ein einziger harmloser Taxifahrer die Mahnung aus der Verfassung ernst genommen, und in einem Akt der waffenlosen Hilflosigkeit, einen Panzer mit seinem Taxi gerammt. Wenn aber in diesem Moment die Menschen zu den Waffen (welchen?) gegriffen hätten, und die Soldaten bekämpft hätten, wären sie die guten, die Soldaten die Bösen, die Terroristen gewesen, oder?
Die Frage erübrigte sich allerdings schon nach wenigen Stunden, als nämlich das vom Westen mit unzähligen Ehrungen bedachte Staatsoberhaupt, König Bhumibol, die Putschisten empfing und ihnen seinen Segen gab. Der Putsch lief dann innerhalb Thailands unter dem Motto: „Der Putsch für den König“. Durch die Unterschrift des Königs unter ein Dekret wurden nun diejenigen zu Terroristen, die sich für die demokratische Verfassung von 1997 einsetzten. Und die Soldaten waren die Guten. Sie bekamen Straffreiheit und Amnestie für alle auch in Zukunft begangenen Verbrechen, die mit dem Umsturz in Zusammenhang standen. Abgesegnet von praktisch allen westlichen Freunden! Nach wenigen Monaten Zurückhaltung mit Zahlungen aus den USA an das Militär, wurden diese Milliarden- Zahlungen nach weniger als einem Jahr wieder rückwirkend vorgenommen. Auch nach dem Mord an über 90 Menschen, dem thailändischen „Tian’anmen Massaker“ von 2010, und dem erneuten Putsch von 2014, erschien den westlichen Demokratien die Anwendung von Gewalt gegen die eigenen Bürger des Landes, und die Entmachtung der Wähler, als geringfügiger Mangel, die jedoch keinen Einfluss auf die Beziehungen hatten.
Schauen wir auf Jassir Arafat, er war zuerst Terrorist, dann Staatschef und später Friedensnobelpreisträger. Bis er, wie man inzwischen vermutet, aber nie eindeutig nachgewiesen wurde, möglicherweise durch Radioaktivität vergiftet wurde, als er einem möglichen Friedensplan zu nahe kam. Es gibt viele ähnliche Lebensläufe. Schauen wir nach Israel, ist der Fall von Jitzchak Rabin hervorzuheben. Zuerst Mitglied der, heute würde man sagen Terrororganisation Hagana, dann Premierminister. Schließlich erhielt er den Friedensnobelpreis und wurde dann ermordet, als er Friedenspläne verfolgte, die aber übrigens keinen zusammenhängenden palästinensischen Staat in den Grenzen der UNO-Resolutionen vorsahen. Aber immerhin den Anspruch Israels auf einen Teil des palästinensischen Territoriums aufgeben wollten.
Auch in Deutschland gibt es Beispiele, wie gespalten der Umgang mit Menschen ist, die Gewalttaten aus Überzeugung begehen. Graf Stauffenberg führte das Attentat vom 20. Juli 1944 gegen Hitler aus. Die Mehrheit der Bevölkerung Deutschlands empfand das als einen terroristischen Akt. Und selbst nach dem Krieg dauerte es noch Jahrzehnte, bis die ersten Straßen nach Stauffenberg benannt wurden, und Nachkommen mit dem gleichen Namen, nicht wie Aussätzige behandelt wurden, wenn sie versuchten, in der jungen Bundeswehr Karriere zu machen.
Als Soldaten in Myanmar bzw. Birma 2007 Mönche und Reporter im Verlauf friedlicher Demonstrationen erschossen, waren diese Soldaten Terroristen? Nein, denn sie vertraten die Staatsmacht. Und nun kommt es entscheidend darauf an, welche politische Meinung der Betrachter verfolgt. Inzwischen hat sich das Land für ausländische Investitionen geöffnet, eine Scheinverfassung und Scheinparlament eingerichtet, und schon gehörte es nicht mehr zu den „Bösen“ dieser Welt.
In Thailand wurden Menschen von Soldaten erschossen, mit Gewehrkolben erschlagen und wie Vieh in Lagen übereinander liegend, auf LKWs transportiert, so dass beim Transport Dutzende starben. Waren das terroristische Akte? Nein, die befehlshabenden Offiziere wurden noch befördert und erhielten sogar nach dem aktiven Dienst zusätzlich zu ihrer Pension, und ihrem horrenden Einkommen aus Korruption, noch lukrative Berateraufträge der Regierung. Sie hatten ja Terroristen bekämpft.
WELCHER WIDERSTAND IST ERLAUBT?
Die Freiheitskämpfer Thailands von 2010 kämpften mit brennenden Reifenstapeln, Steinschleudern und Mini-Molotow-Cocktails, gegen gepanzerte Mannschaftstransportwagen, Maschinengewehre, auch deutsche Sturmgewehre, um ihre demokratische Verfassung, und neue Wahlen zu erzwingen. Auslöser war die Entmachtung der gewählten Regierung durch einen Justizputsch, der durch die neue Militärverfassung legitimiert wurde. Der Einzug der Demonstranten in die Hauptstadt hatte einem Triumphzug geglichen, und war von den unfair Behandelten der Gesellschaft gefeiert worden. War dieser Widerstand ungesetzlich, wie von der US-Regierung verbreitet wurde, welche Geheimdienstspezialisten bzw. „Sicherheitsexperten“ zur Beratung des Militärs bereit stellte?
Schauen wir uns die blutig nieder geschlagenen Demonstrationen in Bahrain an. Das Regime dort musste sogar Militärhilfe aus dem Nachbarland Saudi-Arabien, einem der schlimmsten Diktaturen der reichen Ölregion, holen, um die unbewaffneten Demonstranten mit viel Blut von den Straßen zu fegen. Im Verhältnis zur Einwohnerzahl waren die Opferzahlen nicht geringer als in Syrien zu Beginn der dortigen Revolte. Nachdem Totenstille durch Militärhilfe aus dem Ausland eingetreten war, erklärte das Deutsche Auswärtige Amt, dass Bahrain ja Reformen angekündigt hätte, weshalb weitere Maßnahmen nicht notwendig wären. Reformen, die bis heute keine nennenswerten Änderungen bewirkt haben, außer dass mehr Waffen, mehr Sicherheitskräfte und mehr Gefängnisse geschaffen wurden.
Ist hier bewaffneter Widerstand erlaubt? Nach Lesart des deutschen Außenministeriums sind dort Aufständische, die mit Waffen gegen eine diktatorische Regierung vorgehen … Terroristen. Mitnichten die Sicherheitskräfte.
Als im Jahr 2006 in Bangkok ein Auto voller Sprengstoff auf Grund eines Tipps von der Polizei angehalten wurde, war der Fahrer Soldat, der einem der höheren Offiziere des Sicherheitskommandos als Fahrer diente. Sein Ziel war eine Straßen-Überführung gewesen, über die der damalige, unter der ersten demokratischen Verfassung seit 1947 gewählte Premierminister fahren sollte. Bei seiner Festnahme erklärte er vor Journalisten, dass sie sich alle noch wundern würden. Er wurde gegen Kaution auf freien Fuß gesetzt, Tage später kam es zum Putsch. Der Fahrer wurde Jahre später wegen „illegalen Transport von Sprengmitteln“ zu einer kleinen Bewährungsstrafe verurteilt, war aber inzwischen in der Armee bereits befördert worden. War er nun ein Held oder ein Terrorist? Die Putschisten sehen ihn vermutlich als einen Helden, während die Demokratiebewegung in ihm einen Terroristen sieht. Und wie immer entscheidet die Macht der Waffen darüber, wer letztendlich die „Wahrheit“ verkündet.
Und wenn wir uns Syrien anschauen sehen wir Grausamkeiten auf allen Seiten, die begangen werden. Und trotzdem feiern Menschen blutige Massaker und Terrorangriffe einer Seite, weil sie der eigenen persönlichen Meinung nach, der „richtigen“ Seite dienen. Obwohl bewiesen ist, dass es keine so genannten „moderaten Aufständischen“ gibt, wird ihnen Waffen, Ausbildung und Geld zur Verfügung gestellt, oder zumindest „übersehen“, wer sie ihnen gibt.
Nur wenige erinnern sich, dass es auch in Russland eine Revolution gab. Das neu gewählte Parlament wollte die Rechte des Präsidenten Jelzin einschränken, woraufhin er das Parlament mit Panzern beschoss, unter dem Jubel westlicher Medien und Politik. Es war eindeutig ein Putsch von Jelzin gegen eine demokratisch gewählte Ordnung, zugunsten von Oligarchen und westlichen Interessen, und das mit Waffengewalt … und er war erfolgreich, nicht zuletzt dank Unterstützung des Westens.
All das angeschaut stellt man fest, dass fast niemals eine Revolution oder ein Putsch erfolgreich war, wenn er GEGEN die Interessen der Kolonialländer bzw. imperialen westlichen Mächte durchgeführt wurde. Ernüchtert?
DIE FOLGEN DER LÖSUNG VON KONFLIKTEN MIT GEWALT
Was in Thailand und in anderen Ländern einer Generation von jungen Menschen durch diese Vorgänge klar wird: Je mehr Waffen du hast, je brutaler du vorgehst, desto eher kannst du deine Meinung durchsetzen. Du darfst eben nur nicht verlieren.
Das gleiche gilt für die vor einigen Jahren aufgeflammte Folterskandal-Diskussion der USA, der zur Auseinandersetzung darüber führte, ob Folter denn etwas genutzt hätte (nur dann wäre Folter legitimiert), oder nicht. Dabei sind Menschenrechte an keine Bedingungen geknüpft. Aber leider sind die auch nur noch leere Worthülsen. Reden wir mal nicht davon, wie sehr in Israel das Recht auf Vergewaltigung von Palästinensern im Fernsehen verteidigt wird, wobei es nicht einmal um „Erfolg“ im Sinne von Erkenntnisgewinnen geht, sondern um „Bestrafung“.
Wenn die internationale Staatengemeinschaft erlaubt, dass Konflikte mit Waffengewalt ausgetragen werden, oder sogar wie im Fall von Libyen und Syrien, dabei helfen, wird in einer ganzen Generation der Glauben erzeugt, dass Krieg, notfalls Folter und Mord (z.B. durch Drohnen) die Lösung aller Probleme wäre. Man muss eben nur stark genug sein, um zu gewinnen. Und genau diese Entwicklung muss man leider im Moment auch in Deutschland feststellen.
DER BEGRIFF TERRORIST
Andererseits muss man vorsichtig mit der Verurteilung von Menschen sein, die mit der Waffe in der Hand gegen eine von ihnen so empfundene Besatzungsmacht, oder Tyrannen kämpfen. Man sollte insbesondere das Wort Terrorismus erst gar nicht verwenden. Es wurde aus politischen Gründen und als Totschlagargument geschaffen und wird längst weltweit missbraucht, um eigene politische Ziele zu erreichen, insbesondere um Gewalt, Mord und Folter, organisierte Kriminalität usw, gegen eine andere Gruppe zu legitimieren. Begehen Gruppen Verbrechen, müssen mit den Gesetzen verfolgt werden, die ihren Taten entsprechen. Strafgesetze gegen Mord, Entführung, Nötigung, Körperverletzung usw. Spezielle Terrorgesetze stellen den Einstieg zur politischen Justiz dar.
Diese Ansicht kann sich leider nicht durchsetzen, obwohl man deutlich sieht, dass Terrorismus in dem Maße zunimmt, mit dem sie mit Gegenterror bekämpft wird.
Und eines möchte ich noch hinzufügen. Wenn jemand unbewaffnete Zivilisten, egal wie stark diese ein verhasstes System unterstützen, gezielt tötet, der tötet auch jeden Anspruch darauf, nicht als Mörder angesehen zu werden. Dabei spielt es keine Rolle, ob die Gewalt gegen Unterstützer der Staatsmacht gerichtet ist, oder von ihr ausgeht. Wobei der Begriff Zivilist nicht auf Kombattanten anzuwenden ist, wie sie z.B. bewaffnete israelische Siedler oder „moderate Rebellen“ darstellen.
Wer also in Deutschland über Terrorangriffe in Syrien und im Iran jubelt, oder über gesprengte Pager im Libanon, aber gleichzeitig Gewalttaten, die z.B. durch die Hamas oder einzelne Palästinenser-Gruppierungen zur „Befreiung Palästinas“ begangen werden, verurteilt, sollte seine Einstellung einmal gründlich überdenken. Mord an unbewaffneten Zivilisten, auch wenn er nur als „Kollateralschaden“, wie bei den Drohnentötungen der USA, täglich stattfindet, ist ein Verbrechen, und müsste ebenso mit den angemessenen Gesetzen verfolgt werden. Es gibt keinen „guten“ oder „bösen“ Mord.
DER TYRANNENMORD
„Der Begriff Tyrannenmord bezeichnet die Tötung – meist durch Attentat – eines als ungerecht empfundenen Herrschers (Tyrannen), der das Volk bzw. die Bürger gewaltsam unterdrückt. Er ist ein politischer Mord. … Bereits in der antiken Philosophie wurde diskutiert, ob der Tyrannenmord ein legitimes Mittel zur Befreiung der Bürger sei. Es stellt sich die ethische Frage, was für die Angehörigen eines Gemeinwesens (ob nun Polis oder Königreich) schwerer zu verantworten ist: dass die Mitbürger Unterdrückung, Gewalt oder gar den Tod durch den Tyrannen erleiden oder dass man die Schuld eines Mordes auf sich lädt, wenn man den Gewaltherrscher durch ein Attentat beseitigt. Weil dadurch auch die bestehende staatliche Ordnung (die Alleinherrschaft als Monarchie oder Diktatur) grundsätzlich in Frage gestellt wird, lehnten die „Monarchien“ der Neuzeit den Tyrannenmord als letztes Mittel der Politik vehement ab. Das deutsche Grundgesetz enthält seit 1968 ein Widerstandsrecht (Artikel 20) (Absatz 4). Es schließt den Tyrannenmord als letztes Mittel gegen einen verbrecherischen Diktator nicht aus.“ (Wikipedia)
Auch ein Tyrannenmord lädt Schuld auf den Mörder. Auch ein „Tyrannenmörder“ muss sich rechtfertigen, und vor einem angemessenen Tribunal verantworten. Und dieses muss eine Güterabwägung vornehmen. Wenn man dieser Rechtfertigung aus dem Weg geht, ist und bleibt man ein Mörder. Den Lynchmord an einem bereits gestürzten Diktator Gaddafi nicht zu verhindern, obwohl man es gekonnt hätte, gehört in diese Kategorie. Aber die Ermordung war natürlich vorteilhaft für bestimmte Kreise. Sie verhinderte nicht nur, dass der Ermordete seiner gerechten(!) Strafe zugeführt wurde, sondern er verhinderte auch die saubere Aufarbeitung der Geschichte, und ermöglichte die typische Sieger-Geschichtsschreibung. Während andererseits Mythenbildung gefördert wird, die vielleicht schon den nächsten Konflikt in sich birgt.
Eine deutsche Regierungschefin, die sich öffentlich über die Ermordung eines angeblichen Terroristenführers freut, ist ein trauriges Zeichen des Zustandes dieses Landes.
Fazit?
Naja, da wir aus der Geschichte lernen, dass Revolutionen und Umstürze zulasten von Diktatoren und westlichen Interessen über Jahrzehnte durch einen Wirtschafts- und auch Bombenkrieg durch westliche Mächte bekämpft werden, wenn sie denn überhaupt erfolgreich waren, wie in Venezuela, Nicaragua, Kuba oder auch dem Iran, könnte man meinen, man ordnet sich doch besser unter. Das mag so lange eine bequeme Sache sein, wie genügend Brosamen vom Tisch des Imperiums fallen, um die Vasallen zu sättigen. Aber es wird ungemütlich, wenn ein Imperium beginnt, seine Vasallen auszusaugen, um das eigene Überleben zu sichern.
Und dann gibt es auf der anderen Seite, den Umsturz OHNE Unterstützung, sogar gegen ebendiese, der aber eine schleichende Evolution war, wie sie von Putin in Russland gegen die Macht der Oligarchen und westlicher Interessen erfolgreich war, oder wie es China vorgemacht hatte: Ausnutzen der Stärken der ausländischen Kapitalisten um daraus deren Schwäche, die Deindustrialisierung zu erreichen, wodurch China eine echte Stärke aufbaute, welche nun nicht mehr durch Kanonenboote „eingedämmt“ werden kann, es keinen zweiten „Opiumkrieg“ verlieren wird.
Was heißt das für Deutschland? Ich weiß es, ehrlich gesagt nicht genau, denn ich bin nur ein Beobachter und Analyst, kein Stratege, ich weiß nur sicher, dass es NICHT die Politik ist, welche derzeit praktiziert wird.
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