Der UN-Waffenstillstand

Der UN-Waffenstillstand

Nachdem der IGH bereits Israel aufgefordert hatte, die Bombardierung und Massaker in Gaza zu beenden, war es schließlich auch zu einer Resolution des Sicherheitsrates gekommen, der einen Waffenstillstand fordert. Allerdings verdrehten die westlichen Politiker und einige Medien die Antworten der beteiligten Parteien in ihr Gegenteil. Was verständlich erscheinen mag, da viele westliche Regierung Mitschuld am Völkermord in Gaza tragen.

Am 14. Juni veröffentlicht Briahna Joy Gray ein Interview mit Sam Husseini. Sie spielt eine Aussage des US-Außenministers ein, der behauptete, dass man nur noch auf die Antwort der Hamas warte und fragte Husseini nach seiner Meinung, warum er dem widerspreche. Die Antwort als Zitat:

"Weil er sich nur etwas ausdenkt. Er sagt nur, und sie haben in die Resolution des UN-Sicherheitsrates geschrieben, dass Israel diese Sache akzeptiert hat. Es gibt praktisch keinen Beweis dafür, dass Israel diese Sache wirklich akzeptiert hat. Ich glaube, ich habe eine Erklärung gesehen, die wirklich seltsam formuliert war und von einem israelischen Beamten zurückgenommen wurde. Er sagte, dass sie sich auf diesen Prozess einlassen werden oder so etwas. Aber es gab wiederholte Erklärungen von Netanjahu, es gab Schlagzeilen und, Sie wissen schon, Mainstream-Nachrichtenkanäle, die sagten, dass er das nicht wolle. Er will weitermachen. Ich denke also, dass dies Teil der Dynamik ist, dass sie keine sinnvolle Diskussion über diese Dinge wollen, weil selbst die Mainstream-Leute das nicht mitmachen wollen. (…)

Ich meine, was hier passiert ist, dass die US-Regierung ihre eigenen Bürger Israels Hannibal-Direktive unterwirft. Sie sagen im Grunde, dass wir einen echten Verhandlungsprozess abwürgen, bei dem US-Bürger getötet wurden, wohl wissend, dass es israelische Politik ist, Gefangene zu töten, um die Hamas in dieser Sache zu schwächen. Ich weiß nicht, welche rechtlichen Grenzen es dort gibt, aber ich wette, dass es einige gibt, … die US-Bürger sterben direkt als Folge dieser US-Politik."[1]

Am gleichen Tag veröffentlicht Al Jazeera einen Meinungsartikel mit dem vielsagenden Titel „Blinkens Lügen zu den Waffenstillstandsverhandlungen im Gazastreifen entlarven. Nach der irreführenden Pressekonferenz des US-Außenministers am Mittwoch in Doha ist es notwendig, das Protokoll zu korrigieren.“[2] Darin wird noch einmal ausführlicher auf die Vorgänge während und nach dem Sicherheitsratsbeschluss eingegangen.

Der Autor Mohamad Elmasry erklärt, dass Blinken während einer Pressekonferenz in Doha in Bezug auf die von den USA vorgeschlagenen Waffenstillstand „nicht ganz ehrlich“ gewesen sei. Im Laufe seiner einleitenden Bemerkungen und der Frage- und Antwortrunde habe Blinken mehrere Aussagen gemacht, die entweder offensichtlich unwahr oder zutiefst irreführend seien.

Erstens habe Blinken darauf beharrt, dass das von US-Präsident Joe Biden am 31. Mai angekündigte dreistufige Waffenstillstandsabkommen ein "israelischer Vorschlag" sei und dass Israel voll dahinterstehe. Auf die Frage in der Fragestunde, ob die USA versuchten, Druck auf Israel auszuüben, damit es den Vorschlag akzeptiere, sagte Blinken, dass dies nicht nötig sei, da Israel ihn bereits akzeptiert habe. Aber Blinken habe die Unwahrheit gesagt.

Biden habe das Abkommen vorgeschlagen, weil er verzweifelt versuche, vor Beginn des für August anberaumten Parteitags der Demokraten aus seiner desaströsen Gaza-Politik herauszukommen. Bidens Behauptung, es handele sich um einen "israelischen Vorschlag", ist einfach nicht wahr.

In den zwei Wochen, die seit Bidens Ankündigung vergangen sind, hätten sich israelische Beamte nicht zu Wort gemeldet und ihre Zustimmung zu dem Abkommen erklärt. Sie hätten aber das Gegenteil getan.

In den vergangenen zwei Wochen haben israelische Beamte deutlich gemacht, dass sie den Biden-Vorschlag ablehnen. Darüber hinaus haben Netanjahu und andere Beamte deutlich gemacht, dass Israel seinen Krieg gegen den Gazastreifen fortsetzen will - ein Ziel, das den grundlegenden Bedingungen von Bidens Vorschlag widerspreche.

Am Montag bei den Vereinten Nationen hätte die israelische Vertreterin Reut Shapir Ben-Naftaly die Position Israels nicht klarer formulieren können. Sie sagte, Israels Kriegsziele hätten sich "nicht geändert" und der Krieg werde "so lange fortgesetzt, bis die militärischen und regierungstechnischen Kapazitäten der Hamas zerschlagen sind". Der Autor erklärt, dass sie auch erwähnte, Israel werde sich nicht auf "sinnlose und endlose Verhandlungen" über einen dauerhaften Waffenstillstand einlassen.

Israels öffentliche Stellungnahmen veranlassten einen ehemaligen israelischen Spitzendiplomaten, Alon Liel, zu der Aussage, dass Israel den "von den Amerikanern vorgelegten Vorschlag" "definitiv nicht" akzeptiert habe, so Elmasry.

Israel behaupte weiterhin, es strebe den "totalen Sieg" an, den es seit Beginn des Krieges verfolgt habe. Obwohl Israel behaupte, der "totale Sieg" beinhalte die Eliminierung der Hamas, sei eine realistischere Interpretation die, dass Israel die vollständige Zerstörung des Gazastreifens und die Zwangsumsiedlung der dortigen Palästinenser nach Ägypten und/oder Jordanien anstrebe.

In jedem Fall sei klar, dass Israel nicht die Absicht habe, die zweite Phase von Bidens Abkommen einzuhalten, die ein dauerhaftes Ende der Kämpfe vorsieht.

„Hier steckt der Teufel im Detail. Die Formulierung in Bidens Vorschlag gibt Israel einen Ausweg nach der ersten Phase. Der Vorschlag von Biden sieht vor, dass Phase zwei nur erreicht werden kann, wenn Israel am Ende von Phase eins zustimmt. Wenn Israel nicht zustimmt, zu Phase zwei überzugehen, und sich entscheidet, die Verhandlungen zu beenden, dann ist der Waffenstillstand hinfällig. Aber, wie israelische Beamte deutlich gemacht haben, hat Israel nicht einmal diesen sehr verwässerten Waffenstillstandsbedingungen zugestimmt.“[3]

Die zweite Lüge Blinkens beziehe sich auf die Hamas und ihre Haltung zu dem Vorschlag. Während der Pressekonferenz gab Blinken an, dass der Vorschlag von Biden "praktisch identisch" mit dem von der Hamas am 6. Mai vorgeschlagenen Abkommen sei. Blinken warf der Hamas vor, unaufrichtig zu sein und "weiterhin zu versuchen, die Bedingungen zu ändern", einschließlich der Bedingungen, die "die Hamas zuvor akzeptiert hatte".

Aber auch dies sei unwahr, stellt der Autor fest. Erstens war der Vorschlag der Hamas vom 6. Mai ganz anders als der Vorschlag von Biden. Er gab Israel keinen Spielraum, um das Abkommen nach der ersten Phase einfach zu verlassen. Außerdem, und das sei wichtig, habe der Hamas-Vorschlag ein Ende der illegalen, erstickenden Blockade des Gazastreifens durch Israel verlangt.

Blinken aber, so der Artikel weiter, behauptete, die Hamas habe "zahlreiche Änderungen" zu Bidens Vorschlag hinzugefügt. Aber alles, was die Hamas getan habe, war der Versuch, die Dinge ihrem Vorschlag vom 6. Mai näher zu bringen, ein Vorschlag, der zu einem TATSÄCHLICHEN Ende des Krieges führen würde.

Eine wichtige Änderung, welche die Hamas eingebracht habe - der Rückzug der israelischen Truppen - sei durch die Übernahme des Philadelphi-Korridors durch Israel am 30. Mai notwendig geworden. Dies sei eine wichtige Tatsache, die Blinken bequemerweise ausgelassen habe.

Drittens habe Blinken geäußert, dass "die ganze Welt" den Vorschlag unterstütze und dass die Hamas die einzige Organisation sei, die sich dem Vorschlag nicht anschließe. Was allerdings höchst irreführend sei.

„In den vergangenen Monaten haben die USA und Israel mehrere ernsthafte Waffenstillstandsvorschläge abgelehnt und behindert, die alle von der Hamas und der Weltgemeinschaft unterstützt wurden. Nach dieser Obstruktion haben die USA am 31. Mai ihren sehr unvollkommenen Vorschlag vorgelegt. Die Länder im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen stimmten dafür, nicht weil es ein großartiger Vorschlag war oder weil sie ihn für besser hielten als frühere Vorschläge, für die sie ebenfalls gestimmt hatten. Sie haben gerade wegen der Obstruktionspolitik der USA für diesen Vorschlag gestimmt. Die Länder wissen, dass dieser Vorschlag die einzige Chance ist, die die USA und Israel für eine zumindest vorübergehende Beendigung des Konflikts bieten.“[4]

Der Autor fährt dann vor zu erklären, dass mehrere Länder ihre Vorbehalte geäußert hatten. Russland, China, Malta und Algerien gehörten neben anderen globalen Akteuren dazu. Hinzufügen sollte man, dass besonders Russland, das einzige Land, das nicht zustimmte, sondern sich der Stimme enthielt, deutliche Kritik im Sicherheitsrat geäußert hatte. Blinkens Behauptung, die "ganze Welt" stehe hinter dem Vorschlag Bidens, sei deshalb zutiefst irreführend.

Viertens mache Blinken die Hamas dafür verantwortlich, dass der Waffenstillstand seit 12 Tagen nicht eingehalten wird. Das habe er insgesamt fünf Mal wiederholt. Was, genau genommen fünfmal falsch gewesen sei. Vielmehr habe Blinken versucht, mit jeder die Hamas für das Leiden der Palästinenser in Gaza verantwortlich zu machen.

So habe Blinken zum Beispiel gesagt: „Die Realität ist, dass während dieser Verhandlungen, während der 12 Tage, die die Hamas brauchte, um zu reagieren, die Welt nicht stillstand. Gaza stand nicht still. Die Menschen haben jeden einzelnen Tag gelitten". Aber Blinken sei wieder einmal nicht bei der Wahrheit geblieben.

Biden habe das Abkommen am 31. Mai angekündigt, der Hamas aber erst viel später einen schriftlichen, detaillierten Entwurf vorgelegt, wie Sami Al-Arian und andere Analysten festgestellt hatten. Das genaue Datum sei unklar, aber Nachrichtenberichten zufolge scheine die Hamas am 5. Juni immer noch nichts Schriftliches von Biden in der Hand gehabt zu haben.

Es scheine, dass die Hamas erst am 6. Juni endlich einen schriftlichen Entwurf erhalten hatten. Und die Gruppe habe am 11. Juni geantwortet. Das würde eine Lücke von fünf Tagen bedeuten, nicht die 12, die Blinken irreführend behauptet hat.

„Angesichts der offensichtlich erheblichen Diskrepanzen zwischen dem, was Biden am 31. Mai ankündigte, und dem, was er der Hamas schriftlich übermittelte, ist es nicht ungewöhnlich, dass die Hamas fünf Tage für ihre Antwort benötigte. In jedem Fall ist der Versuch, die Hamas für das palästinensische Leid verantwortlich zu machen, ein weiterer Versuch der USA, Israel von der Schuld an den Massentötungen in Gaza freizusprechen.“[5]

Dass Blinken lügen würde, sei nicht überraschend. Im Zusammenhang mit Israel, den Palästinensern und dem Gazastreifen habe die Biden-Administration eher selten die Wahrheit gesagt. Aber die schiere Menge an Lügen, die Blinken in eine kurze Pressekonferenz packen könne, sei dennoch erstaunlich.

Die jüngsten diplomatischen Manöver werden den Krieg in Gaza wahrscheinlich nicht beenden, meint der Autor, aber sie dienten Bidens innenpolitischen Zielen. Am Ende all dieser Manöver werde Biden den US-Wählern sagen können, dass er sein Bestes getan habe, um den Krieg zu beenden, aber dass die Hamas ihm das nicht ermöglichte.

Es waren bereits 25 Tage vergangen, seit der Chefankläger des IStGH die Haftbefehle gegen die israelische Führung und die der Hamas beantragt hatte. Und es war kein Tag vergangen, an dem nicht die Notwendigkeit dringend zu sehen war. Trotzdem denkt das Gericht immer noch darüber nach. Dabei könnte ein Haftbefehl eine weitere Eskalation verhindern, oder zumindest die Unterstützung von gewissen Ländern, Israel bei der Eskalation zu unterstützen, wegbrechen. Wie bereits gesagt, hätte Gaza vielleicht verhindert werden können, sowohl der 7. Oktober, als auch der folgende Völkermord, wenn der IStGH schon früher auf die Kriegsverbrechen Israels reagiert hätte. Und deren gab es zahlreiche[6].

Im Internet tauchen glaubhafte Berichte auf, dass die israelische Führung Rabbis in Uniform zu den Soldaten schicken, um ihnen zu erklären, dass sie alles zerstören und jeden erschießen sollen[7]. In Israel findet der am besten dokumentierte Völkermord in der Geschichte der Menschheit statt, aber deutsche Politiker erklären immer noch, dass Israel sich nur verteidigt, und Richter des IStGH sind sich noch nicht sicher, beantragte Haftbefehle ausstellen zu können?

Derweil demonstrieren 160.000 Israelis im ganzen Land für die Annahme des Waffenstillstandsabkommens durch Israel, die Freilassung der Geiseln und den Rücktritt der Regierung[8]. Während deutsche Politiker von „Recht auf Selbstverteidigung“, „Terrororganisation Hamas“ und „Demokratie Israel“ reden, und sinngemäß behaupten, alles hänge alleine von der Hamas ab, alles sei die Schuld der Hamas[9].